Verbrannte Träume.
erholen konnte, daß es allein deshalb vorbei sein mußte mit dem tollen Geschäft und dem Job, daß er also ging und nie wiederkam. Aber das letzte war ein Irrtum. Und nicht nur das.
Kapitel 6
Lutz Assenmacher blieb zwei Stunden bei mir. Die erste halbe Stunde verplemperten wir mit bunten Blechdosen, billigen Kugelschreibern, mit Kunstdrucken, Gläsern und Taschenkalendern. Die zweite brauchte ich für meine Geschichte, die er hin und wieder mit Fragen unterbrach. Mir fiel auf, daß er viel fragte. Aber … Mein Gott, wenn ein Mann sich für einen Job interessiert … Für mich sah es so aus. Und nicht, als ob er hinter Ulli her wäre. Er wirkte nicht wie ein eiskalter Killer. War vorsichtig, behutsam, bohrte nicht nach, wenn ich seine Fragen nicht beantworten konnte. Die meisten konnte ich nicht beantworten. Er erkundigte sich nach Ullis Geschäftspartnern, seinem Kundenkreis, den Fahrtrouten. Dazu konnte ich nichts sagen. Ich wußte nicht, wie sich das abgespielt hatte, vermutete, daß Ulli viele Bestellungen seiner Kunden direkt an die Hersteller weitergeleitet hatte, daß die Leute auch direkt vom Hersteller beliefert worden waren. Bei uns waren nie größere Warenmengen angekommen, von den regelmäßigen Kulilieferungen abgesehen. Aber die waren die Ausnahme, und man konnte sie nicht als größere Menge bezeichnen. Wir hätten ja auch keine Lagermöglichkeit für große Warenmengen gehabt. Und daß Ulli mit einem Lieferwagen in der Gegend herumgefahren wäre wie der Milchmann, lächerlich! Nach einer Weile meinte Lutz Assenmacher, nun wisse er genug. Er könne sich jetzt eine klare Vorstellung von diesem Job machen. Mit meiner Geschichte war ich auch zu Ende, mir war etwas leichter, auch wenn das Ende der Geschichte immer noch eine glatte Lüge war. Aber jetzt war es eine Lüge, die ich jederzeit korrigieren konnte. Wenn Lutz Assenmacher doch noch einmal kam, konnte ich sagen, Ulli sei seinen schweren Verletzungen erlegen. Ich machte uns Kaffee. Wir tranken ihn in Ullis Zimmer. Sprachen dabei wieder von Geschäften, aber mehr im Hinblick auf die Zukunft. Daß es irgendwie weitergehen mußte, daß ich nicht an die Unterlagen herankam, weil die beiden oberen Schubfächer verschlossen waren.
»Ich weiß nicht einmal, wem ich den Karton da schicken soll«, sagte ich.
»Mein Mann hat die Kugelschreiber immer persönlich ausgeliefert. Er nahm sie mit, wenn er montags auf Tour ging. Aber die da sind für einen neuen Kunden.«
»Die melden sich schon bei Ihnen«, meinte Lutz Assenmacher genau wie Doktor Farngräber, nur klang es bei ihm anders. Nicht bedrohlich, eher ironisch. Er schaute sich die Schlösser der beiden Schubfächer an, dann die Schreibtischplatte. Es sei kein Problem, erklärte er, an Ullis Unterlagen heranzukommen. Man könne die Fächer aufbrechen. Aber das würde Spuren am Holz hinterlassen, darüber würde ich mich später ärgern. Und Ulli wäre wahrscheinlich auch nicht begeistert, wenn er heimkäme und feststellen müsse, daß ich ihm den teuren Schreibtisch ruiniert hätte. Es klang zuversichtlich und tröstlich: Wenn Ulli heimkäme. Und es war nicht nötig, mit Gewalt an die Fächer heranzugehen. Man konnte die Platte abnehmen, sie war mit den Seitenteilen und der Rückwand verschraubt, die Schrauben waren leicht zugänglich. Man mußte nur ein paar kleine Abdeckungen entfernen. Lutz Assenmacher fragte nach Werkzeug. Ich hatte keins. In der Abstellkammer lag nur eine kleine Mappe mit einem Satz Schraubendrehern.
»Ist doch mehr als nichts«, sagte er und machte sich an die Arbeit, nachdem wir den Schreibtisch von der Wand abgezogen hatten. Er war sehr geschickt, die Schrauben hatte er in ein paar Minuten gelöst. Beim Abnehmen der Platte mußte ich ihm helfen. Sie war aus massivem Holz, alleine hätte ich sie nicht anheben können. Wir lehnten sie gegen die Zimmerwand. Dann lagen die oberen Schubfächer offen vor uns. Im rechten Fach waren die aktuellen Geschäftsunterlagen, ein praller Ringordner, voll mit Bestellungen, Auftrags-bestätigungen, Lieferscheinen und Rechnungen. Damit mußte ich mich in Ruhe auseinandersetzen. Neben den dicken Mappen steckte ein schmales Heft mit den Auszügen des Geschäftskontos. Daß es sich um das Geschäftskonto handelte, erkannte ich an der Kontonummer. Die erste Ziffer war eine Null. Das Guthaben auf dem letzten Auszug war kaum der Rede wert. Es reichte gerade, um die Rechnung für die Kulis zu bezahlen. Im linken wieder private Papiere. Eine Mappe
Weitere Kostenlose Bücher