Verbrannte Träume.
eine Sekunde lang kam mir der Gedanke, daß ich einen großen Fehler machen, mir selbst das Messer an die Kehle setzen könnte, wenn ich Lutz Assenmacher in die Wohnung ließ. Ich ging vor ihm her in die Küche, zeigte ihm die Dosen.
»Nett«, sagte er. Begeistert klang es nicht. Er nahm eine der größeren Dosen vom Schrank, öffnete sie und schaute hinein, schloß sie wieder und stellte sie zurück. Er bemerkte die Lücke.
»Sieht aus, als fehlte eine«, meinte er.
»Mein Mann hat sie mitgenommen, am Freitag abend, für eine kleine Präsentation.«
Lutz Assenmacher schaute mich zweifelnd an.
»Nur eine? Das sieht aber so aus, als gehörten die zusammen.«
»Tun sie auch«, stimmte ich ihm zu,«aber man muß sie deshalb nicht alle mitschleppen. Für eine Präsentation reicht eine völlig aus.«
Er zuckte mit den Achseln.
»Sicher«, meinte er und grinste verlegen. Vorsichtig und zögernd erkundigte er sich:
»Und wie geht das vor sich? Eine Blechdose, wie präsentiert man die?«
»Ich war nicht dabei«, sagte ich.
»Aber ich nehme an, man stellt sie auf den Tisch, öffnet sie und läßt den Kunden einen Blick hineinwerfen.«
»Aha«, sagte Lutz Assenmacher. Es klang, als zweifelte er an meinem Verstand. Es mußte auch lächerlich klingen. Eine Blechdose! Und ein Pfund Traubenzucker für eine kleine Präsentation.
»Vorher füllt man sie natürlich«, sagte ich,«es sieht besser aus, wenn etwas drin ist.«
Lutz Assenmacher schaute mich an, nicht mehr zweifelnd, auch nicht bohrend oder durchdringend, normal, genauso wie seine Stimme klang.
»Hat er sie gefüllt?«
»Ja«, sagte ich,«mit Traubenzucker. Zwei Pakete hat er reingekippt. Meinen ganzen Vorrat, ein Pfund.«
Lutz Assenmacher lachte.
»Nett«, meinte er wieder und nickte.
»Auf die Idee muß man erst mal kommen. Ein ganzes Pfund Traubenzucker in einer schönen, bunten Blechdose. Das ist ein Angebot. Und wem hat er das offeriert?«
»Ihrem Freund«, antwortete ich betont langsam.
»Mein Mann hat sich mit Rene Link getroffen.«
Für einen Moment kam es mir vor, als ob er grinsen wollte. Das verkniff er sich zwar, aber völlig ernst bleiben konnte er auch nicht. Als er zu lächeln anfing, fragte ich ihn:
»Wie lange kennen Sie Rene eigentlich schon?«
Ich benutzte absichtlich den Vornamen. Er sollte wissen, daß mir sein ›Link‹ aufgefallen war. Ich ging noch einen Schritt weiter.
»Ich frage nur«, sagte ich,«weil Rene Sie nie erwähnt hat. Ich habe sogar den Eindruck, er kennt Sie nicht. Ich habe gestern abend mit ihm telefoniert. Ihr Name sagte ihm nichts.«
Keine Antwort, nur eine erstaunt klingende Gegenfrage:
»Ach, Sie kennen Link?«
»Flüchtig«, sagte ich,«wie man die Freunde seines Mannes kennt.«
Er konnte sich das Grinsen nicht länger verkneifen.
»Darf ich daraus schließen, daß Link nicht unbedingt auch Ihr Freund ist?«
Ich zuckte mit den Achseln. Sein Grinsen wurde noch etwas breiter. Er stieß die Luft aus.
»Das nehme ich jetzt mal als Zustimmung«, begann er.
»Und wenn Link nicht Ihr Freund ist, darf ich offen sein. Sie müssen es ja nicht Ihrem Mann erzählen. Sie haben recht, Link kennt mich nicht, jedenfalls nicht dem Namen nach. Ich hörte zufällig, wie er über Ihren Mann sprach, daß die Geschäfte so gut laufen, daß Ulli wohl bald einen Mann engagieren muß, der ihm hilft, sein Zeug loszuwerden. Genauso drückte Link das aus. Da habe ich mich ein bißchen umgehört, was Ihr Mann vertreibt. Ja, und dann habe ich es versucht. Ist nicht strafbar, oder?«
»Nein«, sagte ich. Lutz Assenmacher nickte.
»Leider habe ich Ihren Mann nie erwischt. Vielleicht können Sie bei Gelegenheit ein gutes Wort für mich einlegen. Ich habe mich zwar noch nie als Verkäufer betätigt, aber ich denke, wenn es darauf ankommt, bin ich eine Verkaufskanone. Hängt wahrscheinlich davon ab, was ich verkaufen soll.«
Das sollte der Wink mit dem Zaunpfahl sein. Wir gingen ins Wohnzimmer, dort standen ein paar Gläser in der Bar, Neujahrspräsente, die ein Gastwirt verschenkt hatte. Sie waren, mit einem Schriftzug versehen, überreicht worden, gute Wünsche fürs neue Jahr. Ich hatte die Schrift mit einer Rasierklinge abgekratzt. Es war mühsam gewesen, aber die Gläser gefielen mir wegen ihrer schlichten Form sehr gut. Ulli hatte gesagt:
»Du wirst mir nicht im Ernst so einen Firlefanz in den Schrank stellen wollen.«
Nachdem ich den Schriftzug entfernt hatte, hatte er nichts mehr dagegen.
»Von mir aus, wenn
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