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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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ersten Augenblick nicht, später schon. Später wußte ich genau, warum ich ihm das erzählt hatte. Und da kam ich mir so furchtbar schäbig vor.
    »Ich hatte gerade, bevor Sie kamen, mit dem Krankenhaus telefoniert. Es geht ihm sehr schlecht.«

    »Aber Sie sagten doch, er sei nur leicht verletzt.«
    Lutz Assenmacher schien ehrlich verblüfft und ein bißchen ratlos.
    »Ich habe nur gesagt, was die Polizei mir geraten hat zu sagen, falls jemand nach meinem Mann fragt.«
    Ich mußte nicht nachdenken, mir nichts zurechtlegen, es kam von allein.
    »Der Wagen ist ausgebrannt. Mein Mann hat schwere Verbrennungen erlitten. Ich weiß nicht, ob er überlebt, niemand weiß das. Die Ärzte können noch nichts sagen. Ich …«
    Als ich zu weinen anfing, machte er einen Schritt auf mich zu, streckte die Hände aus. Er hielt noch das Mäppchen mit den Kulis in seiner Linken, steckte es mechanisch in die Tasche seiner Jacke. Ich rechnete damit, daß er mich in die Arme nahm … Ich glaube, ich wollte auch, daß er das tat. Das fand ich immer toll, wenn ich es im Film sah. Eine Frau war verzweifelt, ein Mann nahm sie in die Arme, um sie zu trösten. Sie klammerte sich an ihn, er küßte sie, und dann wurde es leidenschaftlich. Ich wollte nicht mit Lutz Assenmacher schlafen. Um Gottes willen, nein. Aber manchmal hätte ich es gerne so gehabt. Nur, wenn ich mit Ulli darüber gesprochen hätte, er hätte mich ausgelacht. Das entsprach nicht seinem Niveau. Ulli war immer diszipliniert, cool, auch im Bett. Selbst wenn er die ganze Woche unterwegs gewesen war, er hatte es nicht eilig, mit mir zu schlafen. Ich hatte immer gedacht, daß er das nur nicht so zeigen mochte. Manchmal war es richtig langweilig gewesen. Aber es war ja auch nicht das Wichtigste im Leben.
    »Schön für nebenher«, hatte Ulli immer gesagt. Andere sahen das vermutlich genauso. Lutz Assenmacher kam auch nicht näher und ließ die Hände wieder sinken.
    »Das ist ja furchtbar«, sagte er.
    »Und da haben Sie das ganze Wochenende hier gesessen? Sie waren nicht bei ihm? Hören Sie, Frau Meuser, mich geht das zwar nichts an, aber die Polizei kann Ihnen das nicht verbieten. Das ist ja unmenschlich. Und es ist auch gar nicht nötig. Wenn die Polizei meint, daß Ihr Mann in Gefahr ist, sollen sie ihm einen Beamten vor die Tür setzen, das machen sie sonst auch.«
    Er schwieg zwei Sekunden lang, schaute mich an, wartete auf eine Antwort. Als die nicht kam, fuhr er fort:
    »Sie müssen sich das nicht gefallen lassen. Fahren Sie einfach hin. Es wird Ihnen niemand den Kopf dafür abreißen. Ist doch verständlich, daß Sie Ihren Mann sehen möchten.«

    »Es geht nicht«, sagte ich.
    »Natürlich geht es«, widersprach er energisch.
    »Oder haben Sie Angst vor der Polizei?«

    »Nein, das nicht, aber …«
    Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Mir fiel nur so ein blöder Satz ein.
    »Ich weiß nicht, wie ich hinkommen soll. Ich habe doch kein Auto.«
    Lutz Assenmacher lachte.
    »Wenn das Ihr einziges Problem ist, da kann ich Ihnen helfen. Er liegt wohl nicht in einem Krankenhaus hier in der Nähe, was? Na, mit schweren Verbrennungen. Aber egal, wo er liegt, ich stehe zu Ihrer Verfügung. Ich habe im Moment sowieso nichts Besseres zu tun. Soll ich Sie hinfahren? Ich tu es gerne. Sie müssen nur ein Wort sagen. Wir passen schon auf, daß uns keine bösen Buben verfolgen.«

    »Das ist lieb gemeint, aber es geht wirklich nicht«, murmelte ich.
    »Ich möchte kein Risiko eingehen, verstehen Sie das?«

    »Sicher«, sagte er, atmete einmal tief durch und nickte.
    »Sicher verstehe ich das.«
    Dann wechselte er das Thema.
    »Wie lange sind Sie eigentlich schon verheiratet?«
    Es klang nach einem Versuch, mich abzulenken. Und irgendwie tat es gut. Er war fürsorglich, ein geduldiger Zuhörer. Ich erzählte von früher. All die kleinen, schäbigen Episoden aus dem Dorf, die Mißgunst, die Räuberpistolen, daß die Leute es nicht vertrugen, wenn jemand besser war. Daß ein Mensch wie Ulli sich zwangsläufig Feinde machte. Mit seiner Art, mit seiner Überlegenheit, mit seinem Erfolg. Daß sogar meine Eltern nichts mit ihm zu tun haben wollten. Vielleicht konnte ich nur so offen reden, weil ich dachte, daß Lutz Assenmacher Ulli nie kennenlernen würde. Daß er nie die Gelegenheit bekäme, ihn zu beneiden, sogar zu hassen. Daß er, wo er jetzt davon ausgehen mußte, daß Ulli vermutlich bald starb, daß sich Ulli auf jeden Fall von so furchtbaren Verletzungen nie wieder völlig

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