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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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mit einem Mal nicht mehr wichtig. Viel wichtiger war, das Zeug mußte noch in der Wohnung sein. Ein Kilo! Wo versteckte man so was? Mir war heiß und übel. Leg alles auf den Tisch! Von dem Geld konnten sie theoretisch nichts wissen. Ich hatte nicht vor, es auf den Tisch zu legen. Ein Kilo, das konnten sie von mir aus haben. Im Geist sah ich kleine Plastikbeutel mit weißem Inhalt vor mir. Aber vielleicht hatte Ulli das Zeug umgefüllt. Ich ging in die Küche. Kramte in den Schränken. Ich öffnete jede Dose, probierte an allem, was nur irgendwie weiß und pudrig aussah. Ich wußte nicht mal, wie es roch oder schmeckte. Ich hatte wahnsinnige Angst. Drei Dutzend Filme oder vier Dutzend gesehen. French Connection, Weißer Tod. Oder wie sie sonst noch hießen. Mächtige Kartelle, die großen Bosse im Hintergrund. Und bezahlte Killer! Es war, als ob ich mich geteilt hätte. Die eine Hälfte kam fast um vor Panik. Die andere tippte sich an die Stirn und sagte:
    »Du bist völlig übergeschnappt, Andrea. Wir sind hier nicht bei RTL.«
    Und Lutz Assenmacher, der Mann, der nur einen Job suchte. Er war nicht länger ein junger Mann, mit dem man ein bißchen flachste, den man sympathisch fand, dessen Stimme sämtliche Wogen glätten konnte. Er gehörte auch dazu. Er konnte ebensogut der bezahlte Killer sein wie Rene Link der Mörder eines Freundes. Daß Lutz Assenmacher mich bisher nicht umgebracht hatte, bewies nichts. Nur einmal angenommen, Ulli hatte tatsächlich Stoff – oder Schnee – an die Seite gebracht. Als sie ihn töteten, waren sie überzeugt, er hätte es bei sich. Möglich, daß Rene Link ein Feigling war, der die Bosse informierte, daß sein Freund ihm gerade eine kleine Menge zu einem günstigen Preis angeboten hatte. Aber Ulli hatte nichts von Wert dabei. Jetzt hielten sie sich an mich, sie wollten ihren Kram zurückhaben, hatten vielleicht nur keine Lust, mir die Bude auf den Kopf zu stellen. Gingen davon aus, daß ich Bescheid wußte. Ein Kilo! Wieviel mochte das wert sein? Und wo war es? In meiner Küche nicht, da standen nur Mehl und Puderzucker, Speisestärke und Backpulver. Woher wußte Rene Link, daß es ein Kilo war, Ulli hatte am Telefon nur von fünfhundert gesprochen? Was sollte ich tun, wenn Lutz Assenmacher das nächste Mal vor meiner Tür stand? Daß er dazu gehörte, dafür hätte ich in der Nacht meine Hand ins Feuer gelegt.
    »Lieber Herr Assenmacher, ich muß Sie bitten, zu gehen und mich in Ruhe zu lassen. Ich habe mit den Geschäften meines Mannes nie etwas zu tun gehabt.«
    Oder:
    »Warum reden wir nicht offen miteinander? Sagen Sie mir, wer Sie sind und was Sie von mir wollen. Und dann suchen wir beide danach. Ich habe schon gesucht und nichts gefunden. Und ich will keine Schwierigkeiten.«
    Ich dachte, ich würde verrückt. Ulli kam mir plötzlich so gefährlich vor, bedrohlich, skrupellos. Ein Dealer! Ich hatte mal eins von diesen armen Schweinen gesehen, die von dem Zeug nicht loskommen. Das war gut drei Jahre her. Damals war ich mit dem Freund, den ich zu der Zeit hatte, in eine Disco geraten, die als Geheimtip galt. Da sollte es besonders toll sein. Und wir hatten nicht begriffen, wie das gemeint war. Wir waren eben die Dorftrampel. Wir schauten uns so was normalerweise nur im Fernsehen an. Und dann dachten wir, es wäre alles frei erfunden. Wir tranken unsere Cola, rauchten unsere West, fühlten uns groß und stark. Und dann mußte ich mal aufs Klo, und da stand dieses Mädchen. Sie war fünfzehn, höchstens sechzehn und sah so krank aus. Stand gegen die Wand gelehnt, als ob sie auf jemanden wartete, direkt neben der Tür zur Damentoilette. Während ich auf dem Klo saß, hörte ich sie reden. Was heißt reden! Betteln, wimmern. Sie bot sich an, weil sie nicht bezahlen konnte. Und der Typ, den sie anflehte, dem sie es mit dem Mund, von vorne oder von hinten oder ins linke Ohr besorgen wollte, nannte sie ein verlaustes Tierchen. Ich hatte ihn nicht zu Gesicht bekommen, mich erst aus der Kabine getraut, als ich sicher sein konnte, er war weg. Aber ich wußte, wie er aussah, dreckig, speckig, schmierig und gemein. Mir tat das Mädchen so entsetzlich leid. Einmal hatte ich mit Ulli darüber gesprochen. Es war ewig her, aber ich erinnerte mich noch genau, was er gesagt hatte.
    »Es wird keiner gezwungen, Schätzchen.«
    Was ich in meiner Küche veranstaltete, kam mir nach einiger Zeit blöd vor. Wenn Ulli etwas in unserer Wohnung versteckt hatte, dann bestimmt nicht so, daß ich

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