Verbrannte Träume.
Merheim und der Polizei, die nur darauf wartet, daß er noch mal den Mund aufmacht? In Merheim weiß kein Mensch was davon!«
»Ich kann Ihnen das erklären«, stotterte ich. Sein Ton machte mich konfus. Ich verstand, daß er verärgert war, aber er hätte trotzdem ein bißchen höflicher sein können.
»Na, dann mal los!«
verlangte er. In dem Moment wurde ich wütend. Ich vergaß den Telefonterror und den verschwundenen Karton. Das war genau der Ton, der mich bei Ulli immer auf die Palme gebracht hatte. Wenn Rene Link sich einbildete, er könnte mich herumkommandieren, hatte er sich geirrt. Ich hatte ihm die Wahrheit sagen, ihn um eine Erklärung, sogar um Hilfe bitten wollen. Aber so … Märchenfee hatte er mich genannt. Das konnte er haben. Es kam nicht mehr darauf an. Ich servierte ihm dieselbe Version wie Lutz Assenmacher. Daß ich Marcia mit der Klinik belogen hätte, mein Gott, ich dürfe niemandem sagen, wo Ulli tatsächlich sei. Und dann einer Frau, die in einer Bar arbeitete, die vielleicht mit anderen Gästen darüber sprach.
»Ich bin keine Barfrau«, erklärte Rene Link.
»Es steht aber eine neben Ihnen«, sagte ich, auf die Gefahr hin, daß Marcia mithörte und beleidigt war.
»Tut mir leid, aber am Telefon gebe ich gar keine Auskünfte über meinen Mann! Vielleicht können wir uns irgendwo treffen. Morgen abend in Köln. Ich bin meist um Viertel nach fünf am Hauptbahnhof. Da sind auch noch ein paar andere Dinge, ich muß unbedingt mit Ihnen reden.«
»Tun wir doch gerade«, sagte er,«welche anderen Dinge?«
Ein Karton mit Kugelschreibern. Einer, der mein Telefon klingeln ließ, bis ich fast verrückt wurde. Einer oder mehrere, die jederzeit in meine Wohnung konnten. Ich zählte auf, Rene Link hörte zu. Als ich schwieg, lachte er kurz. Es klang nicht fröhlich.
»Das hört sich so an, als ob du mächtig in der Scheiße sitzt, Mädchen«, sagte er.
»Ich habe Ulli gewarnt, mehr als einmal, aber auf mich wollte er nicht hören. Vielleicht bist du klüger. Ich gebe dir einen guten Rat, versuch nicht, die auszutricksen, das schaffst du nicht. Und wenn du glaubst, daß die Polizei dir aus der Klemme hilft, bist du schief gewickelt. Die können nicht auf alle Zeiten einen abkommandieren, der bei dir Händchen hält. Irgendwann erwischen sie dich.«
»Und wer sind die?«
Rene Link lachte. Er lachte noch, als ich fragte:
»Was soll ich tun?«
Dann wurde er ernst.
»Du meinst, sie haben die Schlüssel. Und sie haben sich den Karton geholt. Wird wohl so sein. Aber ich glaube nicht, daß sie damit zufrieden sind. Die wollen auch den Rest. Das einzige, was du tun kannst, ist folgendes: Leg alles, was da ist, mitten auf den Tisch, pack ein paar Sachen und verschwinde für ein Weilchen. Vielleicht hast du Glück und sie lassen dich in Ruhe, manchmal sind sie großzügig.«
»Was soll ich denn auf den Tisch legen?«
Rene Link lachte noch einmal.
»Alles, was Ulli an die Seite geschafft hat. Es müßte etwa ein Kilo sein. Und jetzt tu nicht so, als ob du keine Ahnung hast. Außer dem Schnee ist da noch ein Umschlag mit ein bißchen Kleingeld. Ulli hat mir davon erzählt am Freitag. Er meinte, es sei einer hinter ihm hergewesen. Da hielt er es für klüger, seine Barschaft vorübergehend der Post anzuvertrauen. Nur war es nicht seine Barschaft, weil er für etwas kassiert hatte, was ihm nicht gehörte. Und noch was, halt mich aus der Sache raus. Damit will ich nichts zu tun haben. Das habe ich am Freitag zu Ulli gesagt, jetzt sage ich es dir. Wenn du mich da reinziehst, egal ob bei der Polizei oder bei sonstwem, kriegst du gewaltigen Ärger.«
Alles, was Ulli an die Seite geschafft hat! Der Satz hämmerte mir im Kopf herum, nachdem Rene Link aufgelegt hatte. Ein Kilo! Fünfhundert für den Anfang! Und Ulli hatte gesagt:
»Deine Kunden werden zufrieden sein!«
Mit anderen Worten, Rene Link hatte selbst Dreck am Stecken. Er handelte auch mit dem Zeug. Kein Wunder, daß er nichts mit der Polizei zu tun haben wollte. Aber Ulli hatte versucht, ihn hereinzulegen, hatte ihm Traubenzucker präsentiert. Und das hatte Rene Link mit keinem Wort erwähnt. Zwei Möglichkeiten! Rene Link hatte das Geschäft, das Ulli ihm vorschlug, abgelehnt, weil er sich nicht mit den großen Bossen anlegen wollte. Oder er hatte bemerkt, daß Ulli ihm Schrott anbot und hatte ihn umgebracht. Ich konnte es so flüssig denken, als hätte ich nie etwas anderes gedacht. Ulli ermordet! Von seinem besten Freund. Es erschien
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