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Verbrannte Träume.

Verbrannte Träume.

Titel: Verbrannte Träume. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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neben dem Schreibtisch. Oben ragt ein leerer Umschlag heraus. Ein aufgerissener Umschlag, die Öffnung zeigt nach oben. Und man denkt, hatte ich den nicht andersrum reingesteckt? Doch mit so einer Frage hält man sich nicht lange auf, weil sonst nichts da ist, nur noch Fußboden. Es war, als hätte ich ein Brett im Rücken und eins vor dem Kopf. Der Karton stand nicht mehr neben dem Schreibtisch. Sechstausend billige, bunte Kugelschreiber! Verschwunden!

Kapitel 7

    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich auf dem Stuhl saß und den Fußboden anstarrte, mein Rücken war so steif, als hätte man mich an ein Brett genagelt. Sonst fehlte nichts. Im Wohnzimmer war, bis auf ein verrückt gewordenes Telefon und einen Anrufbeantworter, der sich nicht an die Spielregeln hielt, alles wie immer. Stereoanlage, Videorecorder, Fernseher, all die Dinge, die normalerweise gestohlen werden, standen unangetastet da. Es sah auch nicht aus, als hätte jemand die Schränke durchwühlt. Es sah überhaupt nicht nach einem Einbruch aus. Die Wohnungstür war nicht beschädigt, das Schloß hatte funktioniert. Ullis Schlüsselbund! Und das Geld aus dem Umschlag … Nach endlosen Minuten kam ich in die Höhe, rannte in die Küche, riß die Tür des Eisschranks auf, zerrte das Schubfach heraus. Alles in Ordnung. Da lag der Pizzakarton. Ich nahm ihn heraus, kippte das Geld auf den Fußboden und zählte. Fünfzigtausend Mark, nicht ein Schein fehlte. Nur der Karton mit den Kugelschreibern war weg. Und vor mir hockte Ulli auf der Tischkante, biß in einen Apfel, sagte:
    »Dein Fleisch brennt an, meine Süße.«
    Dann erzählte er mir etwas von einem, der morgens schon einmal an der Haustür gewesen war, um einen Karton voller Kulis zu klauen. Und ich hatte gedacht, er wollte mich auf den Arm nehmen. Ich weiß auch nicht mehr, wie lange ich auf dem Küchenboden saß, das Geld vor mir und den leeren Pizzakarton. Ich konnte mich nicht aufraffen, es wieder hineinzustecken. Mir war danach, es in meine Handtasche zu tun, mir ein Taxi zu rufen und zu meinen Eltern zu fahren. Warum ich es nicht tat? Das hat viele Gründe. Ich wollte mich nicht aus meiner Wohnung vertreiben lassen. Ich wollte nicht hören, daß mein Vater sagte:
    »Hab’ ich es dir nicht immer gesagt …«
    Mir ging so viel durch den Kopf und alles durcheinander. Es klaut doch kein vernünftiger Mensch einen Karton mit Kugelschreibern! Irgendwann lag das Geld wieder im Eisschrank. Ich ging hinunter zu Frau Ruland und fragte sie, ob ihr heute im Laufe des Tages etwas Besonderes aufgefallen sei. Ihre Küche lag zur Straße, das Fenster direkt neben der Haustür. Ich wußte, daß sie die halbe Zeit am Fenster stand, aus Langeweile, sie war halt immer allein. Aufgefallen war ihr nichts. Aber sie war vormittags aus dem Haus gewesen. Mit dem Bus zum Arzt gefahren. Den Magen hatte sie sich untersuchen lassen. Davon erzählte sie mir lang und breit. Wie schlimm es gewesen sei, den Schlauch runterzuschlucken. Dann fragte sie wieder nach Ulli, jammerte, das sei noch viel schlimmer. So ein junger Mann, so ein netter Mensch, mitten aus dem Leben gerissen. Ich konnte ihr nicht zuhören. Verabschiedete mich wieder und ging zurück in meine Wohnung. Vormittags also. Da war es für einen, der die Schlüssel hatte, kein Problem gewesen, ungesehen ins Haus und wieder hinauszukommen. Aber warum nur der Karton? Ich begriff das nicht. Es waren nur die Mäppchen drin gewesen. Ich hatte doch mit beiden Händen darin gewühlt, nachdem ich ihn geöffnet hatte. Weil er mir zu schwer vorkam, viel zu schwer für sechstausend Kulis. Weil ich an das Theater denken mußte, das Ulli gemacht hatte. Weil ich dachte, es müßte etwas anderes drin sein, etwas Wichtiges. Es war wohl auch drin gewesen. Vermutlich hatte der Karton einen doppelten Boden gehabt. Ich hatte noch soviel tun wollen an dem Abend. Aufräumen, Nägel lackieren, sie sahen inzwischen schlimm aus. Überall splitterte der alte Lack ab, aber ich hatte nicht die Nerven, mich an den Tisch zu setzen. Ich hatte auch nicht die Nerven, mich ins Bett zu legen. Ich hätte nicht schlafen können mit dem Gedanken an Ullis Wohnungsschlüssel in der Hand eines Fremden. Zweimal ging ich auf den Balkon hinaus, hielt Ausschau nach einem dunkelgrünen Auto und dem roten Kadett. Es war nie etwas zu sehen, was aber nichts bedeuten mußte. Wer vorhatte, in meine Wohnung einzudringen, parkte sein Auto nicht vor dem Haus. Ich schloß die Wohnungstür ab und ließ den Schlüssel

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