Verbrechen im Mädchenpensionat
hat, ist es zu spät«, bemerkte ich. »Wie dem auch sei,
wahrscheinlich ist dies ein altes Familienerbstück und ohne jeden Nutzen. Ihr
alter Herr ist ein reicher Ranchbesitzer in Nevada
und hat ihr das Ding wahrscheinlich hier zum Schulanfang geschenkt.«
»Dann wäre er zumindest ein
origineller Vater«, sagte Slade grinsend. »Das Ding
ist geladen.«
»Sie sind verrückt!« sagte ich.
Ich nahm den Revolver, zog den
Hammer zurück und stellte fest, daß ich derjenige war, der verrückt war. Ich
drückte ganz sachte den Daumen gegen den Hammer und ließ ihn einrasten. Dann
legte ich die Waffe schnell auf den Schreibtisch und achtete darauf, daß der
Lauf auf Slade und nicht auf mich gerichtet war — nur
für alle Fälle.
»Was halten Sie davon,
Lieutenant?« fragte Slade triumphierend.
»Ich werde mir einen Bart
wachsen lassen und mich Buffalo Bill nennen, wenn Sie das glücklich macht, Slade «, sagte ich. »Was halten Sie denn davon?«
»Ich bin schon
dahintergekommen, Lieutenant«, sagte er. »Ganz einfach! Diese Puppe hat gewußt,
daß sie in Gefahr ist, sie ist auf einer Ranch aufgewachsen, kann mit Revolvern
umgehen — auch mit diesem hier. Vielleicht hat sie schon als Kind damit
gespielt. Also hat sie ihn mit in die Schule gebracht. Was meinen Sie dazu?«
» Slade «,
sagte ich, »Sie haben wieder vor dem Fernsehapparat gesessen. Wenn Polnik alles in die Aula getrieben hat, möchte ich, daß Sie
noch einige Zimmer durchsuchen. Glauben Sie, daß Sie sich drei oder vier Namen
merken können?«
»Klar«, antwortete er mit
verletztem Gesichtsausdruck. »Schießen Sie los.«
»Bannister, Partington ,
Dufay und Pierce«, sagte ich.
»Bannister?« Seine Augen
weiteten sich. »Aber das ist doch die Dame, der der Bums hier gehört. Nicht
wahr?«
»Sie kann auch niemand hinters
Licht führen«, sagte ich. »Sie kommen hinter alles. Gehen Sie zuerst in die
Aula und sehen Sie zu, daß Sie Polnik erwischen.« Ich
warf einen Blick auf meine Uhr. »Sagen Sie ihm, er hätte nur noch genau zwei
Minuten Zeit.«
»Jawohl, Lieutenant«, sagte er
resigniert und ging zur Tür. »Wissen Sie was, Lieutenant? Für einen
unorthodoxen Polizeibeamten können Sie der unorthodoxeste Polizeibeamte sein,
den ich je getroffen habe.«
»Ich habe mich sowohl mit einem
orthodoxen Doktor als auch mit einem orthodoxen Sheriff zu befassen«, sagte
ich. »Und mit zwei unorthodoxen Leichen dazu — mit drei, wenn Sie Mephisto
dazuzählen, und er war der Unorthodoxeste von allen dreien!«
Slade hatte die Tür halb geöffnet.
»Was mir noch gerade einfällt«,
sagte ich. »Fügen Sie zu den Namen, die Sie bereits haben, einen hinzu:
Tomlinson. Durchsuchen Sie alle Zimmer gründlich — aber machen Sie keine
Unordnung!«
»Ja, Lieutenant.«
Die Tür knallte hinter Slade zu. Ich zündete mir am Stummel meiner Zigarette eine
weitere an und überlegte, daß ich wohl nicht bei Trost gewesen war, als ich den
Whisky, den mir Miss Bannister angeboten hatte, ablehnte.
Fünf Minuten später trat Polnik ein.
»Haben Sie sie alle beisammen?«
»Klar.« Er nickte. »Alle,
Lieutenant.«
»Gut.« Ich wies mit dem Kopf
auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich.«
Er setzte sich und betrachtete
mich neugierig. »Was geschieht jetzt, Lieutenant?«
»Ich werde sie alle hier der
Reihe nach hereinbitten«, sagte ich. »Haben Sie Mephistos Gehilfen gefunden?«
»Ja«, sagte er. »Merkwürdiger
kleiner Bursche — redet nicht viel.«
»Vielleicht hat er Angst, zu
reden«, sagte ich. »Vielleicht pflegte er sich früher bei Mephisto als
Assistent unter die Guillotine zu legen, und einmal ging die Sache schief, und
er hat seinen Hals durchgeschnitten bekommen. Hätten Sie nicht auch Angst, mit
durchgeschnittener Kehle zu sprechen? Wenn Sie keine Ahnung hätten, daß irgend etwas nicht in Ordnung ist, bis Sie versuchen, Ihren
Kopf zu drehen, und dann...« Ich fuhr mir mit einem Finger um den Hals.
»Schaurig, nicht?«
»Ja, Lieutenant«, stimmte Polnik höflich zu.
Zwei Minuten später trat Mr.
Pierce, der Zeichenlehrer, ins Büro. Er war ein großer gutaussehender Bursche,
gut aussehend im Sinn eines männlichen Filmstars. Er trug einen gutsitzenden
grauen Anzug, ein weißes Hemd und eine dazu passende graue Krawatte. Sein Haar
war weder lang noch kurz, und er hatte keinen Bart — nicht einmal einen
Schnurrbart.
»Hier stimmt überhaupt nichts«,
erklärte ich ihm. »Sie müßten Mr. Dufay, der Sprachlehrer, und er sollte Mr.
Pierce, der
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