Verbrechen ist Vertrauenssache
zuerst wollte sie uns nichts sagen.«
Zack sah ihn wachsam, besorgt, alarmiert an. »Sie wollte nicht, dass du … na ja, dass du Ärger kriegst«, sagte Woody. »Du weißt ja, wie sie ist.«
Zack schlug in stummem Zorn auf die Sofalehne, und Woody sagte: »Aber dann hat sie kapiert, dass sie damit nicht durchkommt, und angefangen zu reden. Sie weiß übrigens nicht viel mehr als das, was sie dir schon gesagt hat. Jedenfalls nicht soviel, wie wir dachten.«
Zack nickte genervt – so viel Mühe und so ein dummer Unfall für nichts und wieder nichts –, und Woody sagte: »Aber immerhin den Namen des Motels, wo Carmody die anderen erreichen kann, wenn sich der Plan irgendwie ändert. Also da, wo sie heute abend sein werden. Das war’s doch wert, oder?«
»Ich weiß nicht«, sagte Ralph, wog die Videokassette in der anderen Hand und dachte daran, wie sauer Mary sein würde, selbst wenn alles glattging, selbst wenn er mit Tonnen von Geld zurückkam und ihr ein für allemal bewiesen hatte, dass sie mit ihren nervenden Zweifeln und Meckereien und Predigten total unrecht hatte. »Na ja, vielleicht«, sagte er. »Also, ihr holt mich dann ab.«
Die Fahrt von Memphis zu der Stadt, in die der Kreuzzug den Reverend William Archibald geführt hatte, würde fünf Stunden dauern; um dort zu sein, wenn die Sache über die Bühne ging, mussten sie schleunigst aufbrechen. »In zehn Minuten«, sagte Ralph.
Er sah sich fünf Minuten von dem Pornofilm an und ging dann hinunter.
DREI
An Kreuzzugstagen dauerte das Mittagessen für die Mitarbeiter nicht lange und war ziemlich frugal: Schüsseln mit Salat, geschnittenes Brot und Plastikbecher mit Tee oder Apfelsaft, angerichtet auf langen Klapptischen in dem Stadion, in dem sie gerade waren. Es war eine billige Methode, viele Menschen satt zu bekommen, doch Archibald ging es nicht bloß ums Sparen. Seine Engel, sein Chor, seine Assistenten, alle seine Jungs und Mädels sollten während der bevorstehenden Veranstaltung freundlich, flink und voller Lebensfreude sein, nicht belastet und vollgestopft mit Käse- und Schinkensandwiches, üppigen Desserts und Milkshakes. Und auch den Mitarbeitern gefiel das, sie genossen den rauhen Kameradschaftsgeist, wenn sie am Spielfeldrand mit Plastikgabeln von Papptellern aßen und den Abfall danach in große Tonnen warfen, sie genossen das Gefühl, hochmotiviert zusammengekommen zu sein, um sich der langen, schweren Aufgabe zu stellen, die vor ihnen lag: der Errettung von Seelen.
Dwayne Thorsen aß ohnehin nie etwas anderes. Er konnte nicht verstehen, wie die Leute all den ungesunden Fraß in sich hineinstopfen konnten, den die Idioten dieser Welt sich vorsetzen ließen. In seiner Kindheit in Kentucky hatte es nie genug zu essen gegeben – sie waren arm gewesen –, und er hatte aus der Not eine Tugend und aus der Tugend eine Gewohnheit gemacht. Allerdings eine gute Gewohnheit.
Er war einer der ersten, der mit dem Mittagessen begann,und mit Abstand der erste, der fertig war. Dwayne warf Besteck, Geschirr und Serviette in eine leere Abfalltonne und machte sich an die Begehung der Örtlichkeiten. Es war eine Art beharrliches Patrouillieren, eine Bewegung hauptsächlich um der Bewegung willen, und sollte den Druck der Verantwortung lindern, die auf seinen Schultern ruhte. Die anderen konnten dort unten lachen und scherzen, sie konnten diese Augenblicke genießen und brauchten nicht auf ihre Umgebung zu achten, und wenn irgendwas schiefging, konnten sie die Schultern zucken und brauchten sich nicht darum zu kümmern. Denn die Vermeidung irgendwelcher Pannen gehörte ja nicht zu ihren Aufgaben. Eigentlich war es nicht mal Archibalds Aufgabe. Für den glatten Ablauf, den fehlerfreien Fortgang, das reibungslose Gelingen des William-Archibald-Kreuzzugs hatte Dwayne zu sorgen.
Das hatte er bei den Marines gelernt: Frag nicht, warum, frag nur, wie. Das war die Philosophie, die er ins Zivilleben und in die Arbeit für Archibald mitgenommen hatte, und das war es, was ihn so wertvoll machte. Unersetzlich. Ob Archibald ein echter Mann Gottes oder ein Betrüger oder eine Mischung aus beidem war, kümmerte Dwayne nicht. Ihn kümmerte nur, dass der Kreuzzug ohne schlechte Publicity, ohne größere Pannen, ohne Geldverluste und ohne irgendwelche Ablenkungen von der bevorstehenden Aufgabe verlief.
Sein Rundgang offenbarte ihm die Schwachpunkte bei der Dirigierung der Menschenmassen, aber auch die baulichen Vorzüge: die sich trichterförmig verengenden Einlässe
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