Verbrechen ist Vertrauenssache
Der Wagen fuhr kreischend durch die Trümmer der Tür und schlitterte auf Sperrholzplatten, verbogenen Metallteilen und Glassplittern nach rechts.
Parker ließ sich auf den Betonboden fallen, als die Hinterräder des Kombis kleine Teile in die Garage schleuderten und ein Hagel von Holz-, Metall- und Glasstückchen auf Wände und Werkzeuge prasselte. Er kauerte sich zusammen, lauschte und versuchte herauszufinden, welcher Fluchtweg jetzt der beste war. Wie kam er aus diesem Gebäude heraus?
Eine Alarmanlage über dem Eingang begann zu jaulen. Parker lief geduckt zurück in Richtung Büro. Wenn Liss hereinkam …
Der Durchgang zum Büro. Er drückte sich an die Türfüllung und versuchte, von beiden Seiten unsichtbar zu sein, und als er sich vorsichtig nach links beugte und einen raschen Blick durch die zerbrochene Fensterscheibe warf, sah er Liss, den Revolver in der Hand, zu dem Streifenwagen rennen.
Klar. Ob Parker noch am Leben und in dem Gebäude war oder nicht – Liss interessierte nur das Geld. Das durfte er nicht aus den Augen verlieren.
Parker sah ihm nach, denn die Richtung, in die Liss sich wandte, war die, in die das Geld verschwunden war. Liss sprang in den Streifenwagen, ließ den Motor aufheulen, drehte am Lenkrad, machte eine scharfe Wende um die Zapfsäulen und fuhr nach links. Weg von der Interstate. Richtung Innenstadt.
Irgendein Splitter hatte Parker eine Schnittwunde am linken Arm beigebracht, nicht tief, aber schmerzhaft. Er betastetedie Wunde und verließ das Tankstellengebäude durch das Loch, wo eben noch das Garagentor gewesen war. Über dem beharrlichen Jaulen der Alarmanlage hörte er, wie jemand schrie. Er blickte sich um und sah nichts, doch dann fiel ihm ein, dass Liss nach oben geschossen hatte, und so trat er weiter zurück und sah hinauf zum Dach. Dort saß der Junge. Das Bürschchen, das sie in den Lagerraum gesperrt hatten, saß auf dem Dach und presste beide Hände an sein linkes Bein, denn dort hatte Liss ihn getroffen.
Er sah Parker und schrie noch einmal: »Hilfe! Hilfe!«
»Wer braucht die nicht?« sagte Parker, wandte sich ab und trottete Richtung Innenstadt.
ZWEI
Als Parker zwei Blocks weit gegangen war, rasten zwei Polizeiwagen mit blinkenden Einsatzlichtern vorbei, unterwegs zu der Tankstelle mit der heulenden Alarmanlage. Am Ende des Blocks war ein Schnellimbiss, der soeben geöffnet hatte. Parker ging hinein. Ein Dutzend Verkäufer und Lieferanten saßen, jeder für sich, gähnend vor ihrem Kaffee. Er setzte sich auf einen Hocker an der Theke – die Plätze rechts und links von ihm waren frei –, bestellte ein Frühstück und beobachtete im Spiegel hinter der Theke die Straße. Ein Krankenwagen fuhr mit eingeschalteter Sirene zur Tankstelle. Die Kellnerin servierte Parker Spiegelei mit Speck, Toast und Kaffee. Der Krankenwagen fuhr wieder zurück. Mit dem Jungen.
Parker aß und betrachtete sein Spiegelbild. Bis auf den Blutfleck am linken Ärmel sah er ganz unauffällig aus. Als wäre dies der Ort, wo er immer frühstückte.
Zeit zum Nachdenken. Er wusste, mit welchen Menschen er es zu tun hatte. Kannte er sie gut genug, um sie zu finden?
Liss war ein neuer Kontakt, aber am leichtesten zu berechnen. Es war die leblose Seite seines Gesichts, die die Wahrheit über ihn verriet. Er sah in jedem einen Konkurrenten und würde sich nie für lange mit anderen zusammentun. Und wenn es unumgänglich war, weil er das, was er haben wollte – zum Beispiel das Geld in den Seesäcken –, nicht im Alleingang bekommen konnte, würde er die erste sich bietende Gelegenheit nutzen, um seine Partner loszuwerden, und zwarso, dass niemand übrigblieb, der sich hätte beschweren können. Er war zielstrebig und sah immer nur nach vorn, nie zurück. Es würde ihm gleichgültig sein, ob Parker ihm folgte, denn der war für ihn bloß einer mehr, der es auf dasselbe abgesehen hatte wie er: das Geld. Er würde nicht auf den Gedanken kommen, dass das für Parker nicht genug war, dass er mehr wollte als das Geld. Dass er Liss umlegen wollte.
Was Mackey betraf, so war er, wie Parker, ein Mechaniker. Parker kannte sich selbst, also kannte er auch Mackey. Er wusste, dass er Mackey nie aufs Kreuz legen würde, denn sie waren einander nützlich, und es würde immer genug für beide geben. Und er wusste auch, dass er nie einen Umweg machen würde, um Mackey zu helfen, denn der war erwachsen und konnte auf sich selbst aufpassen. Und Mackey würde das genauso sehen.
Was im Augenblick
Weitere Kostenlose Bücher