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Verbrechen ist Vertrauenssache

Verbrechen ist Vertrauenssache

Titel: Verbrechen ist Vertrauenssache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Verkehr, dass er sie kaum hätte verfolgen können, ohne entdeckt zu werden.
    Also musste er sich etwas anderes einfallen lassen. Es war schwer, und zeitweise dachte er, es sei nicht zu schaffen, doch er ließ nicht locker. Es ging nicht anders: Er musste sie zu Fuß verfolgen.
    Was es ein wenig leichter machte, war die Tatsache, dass sie langsam und vorsichtig fuhren und sich strikt an die Verkehrsregeln hielten, um keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen. Sie hielten bei jedem Stoppschild, warteten bei jeder roten Ampel. Als der Container in die Luft flog und sich die Straßen mit Polizei-, Feuerwehr- und Krankenwagen füllten,parkten sie für eine Weile am Straßenrand, und er konnte, versteckt hinter der Feuertreppe eines alten Mietshauses, etwas verschnaufen.
    Danach rannte er, wenn sie fuhren, und ging im Schritttempo, wenn sie anhielten. Manchmal waren ihre Rücklichter nur noch kleine rote Pünktchen in der Ferne, und einmal, als sie abbogen, glaubte er, sie verloren zu haben. Aber irgendwie gelang es ihm, mit ihnen Schritt zu halten. Die Idee mit der Tankstelle fand er bewundernswert. Dort war es warm, und sie waren geborgen in einem geschlossenen Raum. Sie würden erst gegen Morgen aufbrechen, und bis dahin würde er bereit sein.
    Er döste in der behaglichen Wärme des Polizeiwagens. Das unregelmäßige Krächzen und Knarzen der Funkmeldungen bewahrte ihn vor dem Fehler, fest einzuschlafen. Bei Tagesanbruch stieg er aus, reckte sich und ging die Böschung hinunter, um sich erleichtern. Dann setzte er sich wieder ans Steuer und fuhr hinüber zu der Tankstelle, um Parker, Mackey und Brenda ein für allemal loszuwerden und sich endlich das verdammte Geld zu holen.
    Würden sie wach sein oder schlafen? Es war noch sehr früh. Nach so vielen friedlichen Stunden in einem sicheren Versteck würden sie nicht mit Schwierigkeiten rechnen. Sie ahnten ja nicht, dass jemand wusste, wo sie waren. Und was würden sie sehen, wenn er sich ihnen zeigte? Einen Bullen.
    Wie ein ganz normaler Kunde hielt er vor den Zapfsäulen an und zog, während er auf den Eingang des Gebäudes zuging, den Dienstrevolver aus dem Halfter. Reklameplakate und auf das Glas geschriebene Hinweise auf Sonderangebote bedeckten einen großen Teil des Fensters, doch im Näherkommen sah er, dass an dem Tisch dort drinnen jemand saß. Parker? Der ihn anstarrte?
    Hatten sie noch die Schrotflinten?
    Liss beschloss, es hinter sich zu bringen und durch das Fenster zu schießen, als ihn eine plötzliche Bewegung aufblicken ließ. Auf dem Dach war etwas! Eine Silhouette, die sich vor dem grauen Morgenhimmel über ihm erhob, eine dunkle Gestalt wie aus einem Horrorfilm, die die Arme schwenkte und schrie. In Panik und ohne nachzudenken hob Liss den Revolver und drückte aufs Geratewohl ab.
    Und dann war auf einmal die Hölle los.

TEIL DREI

EINS
    Parker blickte an den am Fenster aufgehängten Reklamezetteln vorbei: Liss kam auf den Eingang zu und zog im Gehen den Revolver. Parker legte die Hände flach auf die Platte des Stahlblechtischs und senkte den Blick. Er dachte an die Schrotflinten, sah aber nur den Schraubenschlüssel, den sie dem Jungen abgenommen hatten. Er griff danach, auch wenn das Ding nutzlos war, auch wenn er wusste, dass Liss schlau genug war, um einfach durchs Fenster zu schießen und gar nicht erst hereinzukommen. Warum sollte er auch?
    Parker nahm den Schraubenschlüssel und hörte einen Schuss. Er starrte hinaus auf Liss, der sich im trüben grauen Morgenlicht beinahe als Silhouette abzeichnete. Die Silhouette beugte sich zurück, und der Arm mit dem Revolver zeigte nach oben. Worauf hatte Liss geschossen? Auf etwas, was auf dem Dach war?
    Parker warf den Schraubenschlüssel durch das große Fenster und sprang aus dem Stuhl zu dem Durchgang, der zur Werkstatt führte. Würde der Lärm Brenda wecken? Würde sie wissen, dass sie den Kombi in Bewegung setzen musste?
    Die Antwort lautete: Ja. Sie war sogar noch schneller, als Parker gehofft hatte. Als er durch die Türöffnung hechtete, um sich dann abzurollen, neben dem Wagen auf die Beine zu kommen und die hintere Tür aufzureißen, hatte sie schon den Motor angelassen, und bevor er sich aufrappeln konnte, war der Wagen bereits angefahren. Er richtete sich auf und sah,wie die Garagentür zersplitterte, als der Kombi hindurchdonnerte. Brenda saß vornübergebeugt und mit grimmigem Gesicht am Steuer, während Mackey gerade die Augen aufschlug und den Mund zu einem großen, verwunderten O verzog.

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