Verbrechen ist Vertrauenssache
Haus gestanden hatte. Sie hatte den Diebstahl am Morgen entdeckt, als sie zu ihrem Seminar im örtlichen College fahren wollte. Die Polizisten, die kamen, um die Anzeige aufzunehmen, sahen auf der anderen Straßenseite, vor einem Hydranten, den übel zugerichteten Kombi stehen. Die Flüchtigen waren jetzt also vermutlich mit einem dunkelgrünen Toyota Tercel mit der Nummer S46 8TJ unterwegs.
Parker dagegen wusste, dass das nicht der Fall war. Er wusste, was Mackey jetzt tun würde, denn sie hatten es schon bei anderen Gelegenheiten getan, wenn sie Zeit gewinnen wollten und es nicht riskieren konnten, in einem gestohlenen Wagen herumzufahren. Mackey, Brenda und die Seesäcke würden mit dem Toyota auf dem kürzesten Weg zu einem Parkhaus in der Stadt fahren, wo man bei der Einfahrt ein Ticket aus einem Automaten zog. Sie würden den Toyota parken, sich einen anderen Wagen nehmen, etwa zwanzig Minuten warten und bei der Ausfahrt das Ticket bezahlen, das sie bei der Einfahrt gezogen hatten. Mit diesem neuen Wagen würden sie zu einem Motel fahren – möglicherweise zu dem alten, wahrscheinlicher aber zu einem neuen. Sobald sie ein Zimmer hatten, würde Mackey den Wagen zurück ins Parkhaus bringen und sich für den Rückweg zum Hotel ein Taxi nehmen.
Irgendwo in dieser Stadt. Parker musste sie nur finden.
Vor ihnen, auf der rechten Straßenseite, ging ein Streifenpolizist.Er ging langsam und gemächlich, als wollte er demonstrieren, dass nicht die gesamte örtliche Polizei in Aufruhr war. Parker sah ihn von hinten, sah den lässigen Gang und bemerkte, wie schlecht die Uniform saß.
Als sie an ihm vorbeifuhren, wendete Parker den Kopf. Es war Liss.
FÜNF
Anhalten? Aussteigen? Sich Liss an Ort und Stelle vornehmen?
Nein. Es wäre zu kompliziert gewesen, Thorsen loszuwerden. Im Augenblick konnte Parker nur durch Thorsen herausfinden, was die Polizei wusste, was sie vorhatte und ob sie Mackey und Brenda auf der Spur war. Sofern Liss nicht geschnappt wurde, konnte er sich später um ihn kümmern. Carmody hatte vielleicht die eine Information, die Parker zu Liss führen würde, wenn diese ganze Sache vorbei war. Inzwischen schlug Liss die Zeit tot und spazierte als Polizistendarsteller im hellen Tageslicht umher, und das konnte nur bedeuten, dass er von den Seesäcken mit dem Geld ebensoweit entfernt war wie Parker. Liss konnte warten.
Vor dem Krankenhaus herrschte rege Betriebsamkeit. Zu beiden Seiten der geschwungenen Auffahrt standen Übertragungswagen von Fernsehsendern, deren Antennen sich in die Luft reckten wie die Barthaare am Kinn einer Hexe. Der Rest der Auffahrt war zugeparkt von Polizeiwagen, deren Besatzungen vor dem Eingang und in der Halle herumwimmelten. Thorsen stellte den Wagen auf dem sehr vollen Besucherparkplatz ab und verschaffte sich und Parker Zugang zum Hauptgebäude, vorbei an zahlreichen Uniformierten der örtlichen Polizei und der State Police, die allerlei Fragen an ihn hatten. Jeder musste erst einmal per Funk bei irgendwem rückfragen und sich bestätigen lassen, dass Thorsen Zutritt hatte, aberniemand stellte die Auskunft in Frage, die Thorsen über Parker gab: John Orr, Versicherungsdetektiv.
Nicht nur Carmody, der ein Einzelzimmer im dritten Stock hatte, war hier, sondern auch Bill Trowbridge, der Junge von der Tankstelle, und zwar in einem Einzelzimmer in der zweiten Etage. Trowbridge, der alle Fragen beantwortet hatte, die den Polizisten eingefallen waren, gab jetzt Zeitungs- und Fernsehinterviews und grinste seine Mutter, die, von den Kameras vollkommen ignoriert, auf einem unbequemen Stuhl saß, dümmlich an. Als er gefragt wurde, warum er im Lagerraum an den Regalen hochgeklettert war und das Dach aufgerissen hatte, sagte er nichts davon, dass er hatte pinkeln müssen.
Auch in dem Korridor, der vom Aufzug zu Carmodys Zimmer führte, wimmelte es von Polizisten. Einer von ihnen, den Thorsen offenbar schon kannte, war ein Detective in Zivil namens Macready, der Parker, als Thorsen ihn vorstellte, die Hand schüttelte und dann sagte: »Lew ist mit Quindero auf dem Weg hierher. Er hat gesagt, alle anderen sollen noch warten.«
»Sie sind noch nicht hier?« fragte Thorsen.
»Die Familie von Quindero hat einen Anwalt eingeschaltet«, erklärte Macready, »und das hat alles ein bisschen … Oh, da sind sie ja.«
Aus dem Aufzug am Ende des Korridors traten vier Leute, angeführt von einem hochgewachsenen, selbstzufrieden wirkenden Mann – das musste Calavecci sein. Hinter ihm kam
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