Verbrechen ist Vertrauenssache
aufzuhalten.
Insbesondere da er ja angeblich der Liss-Experte war, der Versicherungstyp, der seine Fährte verfolgte. Calavecci war sofort losgerannt, um die Suche nach Liss zu organisieren, aber früher oder später würde er zurückkommen. Er würde viele, viele Fragen haben und vielleicht sogar so weit gehen, John Orrs Vorgesetzten bei Midwest Insurance anzurufen, einer Gesellschaft, die, soviel Parker wusste, nicht existierte.
Am Ende des Korridors trat der Detective namens Macready aus dem Treppenhaus und kam auf sie zu. »Haben Sie ihn?« fragte Thorsen.
»Noch nicht.«
»Er ist Ihnen entwischt«, sagte Parker.
»Wir wissen, dass er noch im Gebäude ist«, sagte Macready.»Er kommt nicht weit.« Er sah Parker stirnrunzelnd an. »Für Sie scheint er sich ja ganz besonders zu interessieren.«
»Wir interessieren uns füreinander«, sagte Parker. »Er weiß, dass ich’s nicht gut mit ihm meine.«
Die Tür des Fahrstuhls glitt auf, Polizisten traten heraus. Sie wirkten zielstrebig und verwirrt zugleich und behinderten die Rollbahren, die aus Carmodys Zimmer geschoben wurden. Macready ging hin, um mit den neuen Polizisten zu reden, und Parker sagte: »Wir sollten gehen, damit wir ihnen nicht im Weg herumstehen.«
»Genau dasselbe dachte ich gerade auch«, sagte Thorsen. »Kommen Sie mit ins Hotel?«
Parker sah ihn an. »Welches Hotel?«
»Wo Archibald und die anderen vom Kreuzzug für Christus sind«, erklärte Thorsen. »Wir wollten die Stadt eigentlich heute verlassen und zurück nach Memphis fahren, aber wie es aussieht, werden einige von uns noch hierbleiben müssen. Sie und ich könnten es uns dort bequem machen, von Zeit zu Zeit in der Broad Street anrufen und uns auf dem laufenden halten.«
Ein friedlicher Ort. Ein guter Ort, um bis zum Abend auf Tauchstation zu gehen; wenn nichts Wichtiges passierte, konnte Parker um elf zum Motel zurückkehren und nachsehen, ob Brenda in letzter Zeit in ihrem Taschenspiegel gelesen hatte. »Gute Idee«, sagte er. »Danke für die Einladung.«
SIEBEN
Macready fuhr im Aufzug mit ihnen nach unten. Er wirkte düster und zugleich befriedigt, als freue er sich über etwas, von dem er wusste, dass es eine Sünde war. »Ich weiß nicht, ob Ihnen das klar ist«, sagte er, »aber wir haben hier ein echtes Problem.«
»Problem?« fragte Thorsen. »Was für ein Problem?«
»Ich meine«, sagte Macready, »mein Kollege Calavecci hat sich auf eine verdammt riskante Sache eingelassen, als er diesen Quindero hergebracht hat, und wie es aussieht, ist da einiges schiefgegangen.«
Der Aufzug hielt im Erdgeschoss. In der Eingangshalle war es zu einem Stau gekommen, weil die Leute nur durch eine einzige Tür geschleust wurden. Jeder, der das Krankenhaus betreten oder verlassen wollte, wurde gründlich kontrolliert.
Macready stellte sich mit Thorsen und Parker in die Schlange. Thorsen fragte ihn: »Wieso schiefgegangen?«
»Was liegt gegen Quindero vor?« antwortete Macready. »Nichts oder so gut wie nichts. Seine beiden Kumpel haben diese Frau umgebracht, seine Schwester, aber alle sind sich darin einig, dass Quindero erst lange nach der Tat davon erfahren hat, also kommt er als Beteiligter nicht in Frage. Die drei sind hergekommen in der Absicht , ein Verbrechen zu verüben, aber sie haben’s nicht verübt. Die anderen beiden kriegen eine Mordanklage und werden nach Memphis geschafft, aber alles, was hier oder woanders gegen Quindero vorliegt,ist Behinderung der Justiz, weil er von dem Überfall im Stadion gewusst und die Polizei nicht informiert hat. Aber das ist ein Fliegenschiss, und das wissen alle. Damit hätten wir ihn bloß ein paar Tage festhalten können. Sein Anwalt wird das in der Luft zerpflücken. Genauer gesagt: er ist bereits dabei. Aber jetzt haben wir ein echtes Problem.«
»Inwiefern?« fragte Thorsen.
Macready schien zu überlegen, ob er das weiter ausführen sollte. Langsam bewegte die Schlange sich vorwärts. Die Leute waren gereizt, fügten sich aber ins Unvermeidliche: Man konnte nur einzeln hinaus oder hinein. Macready sagte: »Ich weiß nicht, ob Sie schon einen Eindruck von Lew Calavecci haben.«
»Ich glaube schon«, sagte Thorsen.
»Fürs erste«, sagte Parker.
»Tja«, sagte Macready, »Lew hat Quindero weisgemacht, dass er tiefer in der Scheiße steckt, als es tatsächlich der Fall ist. Sie wissen schon – er hat ihm ein bisschen die Daumenschrauben angelegt. Nicht um was aus ihm rauszubekommen, sondern mehr zum Spaß. Und er hat für
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