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Verbrecher und Versager.

Verbrecher und Versager.

Titel: Verbrecher und Versager. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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hinauskommen, dreimal sind wir nämlich schon ausgefahren, und dreimal hat uns ein heftiger Sturm zurück in die alte Bucht geweht. Zehn Mann über Bord ohne Säbel und Segen. Aber ich bin noch da, denn Kapf hat mir frische Stiefel versprochen, damit ich mich nicht von der Truppe ent- ferne. Ich weiß nicht, woher er das Geld nehmen will, aber wer heute verliert, kann morgen gewinnen. Für diesen Fall will ich die Karten loben und den Kartentisch so gründlich polieren, dass sich selbst der schmutzige Kapf darin spiegelt. Dann ist er mein Herr für immer und ewig, und wenn ihn einer ins Wasser wirft, werfe ich meine Ehre dazu, ich lasse den Mann nicht allein ertrinken.
    Die Holländer sind freundliche deutliche Leute, geben nur aus an den, der auch zahlt, jedes Glas, jede Gabel kommt mit auf die Rechnung, jede Ware wird dreifach geprüft. Jeder Soldat wird examiniert, gestern standen wir endlose Schlange und ließen uns von den Ärzten beklopfen, die drückten und lauschten und schließlich befanden, das hält nicht mehr bis nach Afrika. Hier fehlt ein Zahn und dort eine Rippe, die Ferse nach unten schon weggebrochen, dem Schuh missfällt der verkaufte Fuß, wer barfuß geht, tritt gleich aus der Reihe. Der Betrug lässt sich nur mit Bestechung pflastern, erst als man den Ärzten das Fersengeld gab, haben sie das Papier unterschrieben und sich schnell und ohne Tadel entfernt. Jetzt ist die Truppe wieder gesund, gestempelt beglaubigt und reisefertig, jeder Hase und Krüppel darf mit.
    Dafür hat mich Kapf in Stiefeln bezahlt, und ich bin in seine Dienste getreten, sortiere die Wäsche, poliere die Knöpfe, decke abends und morgens den Kartentisch neu, denn Kapf erträgt keine stillen Nächte. Die Dunkelheit wird ihm schnell protestantisch, dann verliert er seinen Gott aus den Augen und sehnt sich zurück nach Stuttgart und Schiller. Gelegentlich ruft er nachts Ihren Namen und wie Leid es ihm um die Vorhänge tut.
    Aber ich weiß genau, wer seine Träume bewohnt, denn seit Tagen bin ich damit beschäftigt, Briefe an eine Dame zu liefern, die Kapf hier in Vlissingen aufgetan hat. Eine stattliche Engländerin, die hat, wie man hört, ihren Gatten vergiftet und sieht sich nach neuer Begleitung um. Ich glaube nicht, dass sie die Briefe liest, sie weiß, dass kaum Zeit bis zur Abreise bleibt und vergeudet sie weder mit Lesen noch Schreiben. Sie hat auch meine Stiefel bezahlt, obwohl Kapf und ich und die Lady wissen, dass die Engländer unsere Feinde sind. Doch sie würfeln sich Nacht für Nacht rund ums Kap, gewinnt die Dame, geht Kapf mit zu ihr, gewinnt er, sind neue Hosen fällig.
    Mein Herr ist von Tag zu Tag besser gekleidet, in Vlissingen dreht man sich gern nach ihm um. Beim Mittagessen diktiert er mir Briefe, die soll ich an seine Familie schicken, damit sie weiß, wie gut es ihm geht. Der letzte Satz ist immer derselbe: Ich habe mehr Glück, als ich verdiene!
    Die anderen haben weniger Glück, denn weil der Herzog kein Holländisch kann, hat man uns Schwarz auf Weiß betrogen, man zahlt uns nämlich in indischer Währung, zu deutsch, man zahlt uns so gut wie nichts, das Geld löst sich langsam nach Süden hin auf, je weiter man kommt, desto weniger taugt es. Nur ist das dem Herzog nicht aufgefallen, der misst die Erde mit Schreibpapier aus und weiß nicht, was jeder Holländer weiß, dass nicht jedes Geld auf der Welt auch Geld ist.
    Aber vorgestern hat sich der Wind gedreht, und gestern hieß es, Männer aufs Schiff, und heute heißt es, wer mitfahren will, muss seine Schiffsmontur selber bezahlen. Barfuß erhebt sich das Regiment, wer auf Schiffe steigt, muss auch Meutern lernen, wir sind auf die Barrikaden gegangen und keinen Schritt weiter ohne ehrlichen Sold. Woran Sie deutlich erkennen können, dass keiner hier etwas von Seefahrt versteht, nichts von Handel, von Geld und von gutem Betrug. Wir sitzen noch immer im Bopserwald und glauben, es ginge auf Urlaub, wenn Kapf sich vor die Mannschaften stellt, dreimal afrikanische Predigt hält und dabei frische Fässer rollen lässt, damit sich das Fußvolk langsam besänftigt. Denn nach dem Schluck aus dem zehnten Becher klappt man die Barrikaden zusammen und legt sich Mann auf Mann friedlich ins Bett.
    Nur die Rädelsführer hat es erwischt, Spiegelberg, Roller, Kosinsky und Schwarz, die müssen morgen die Gasse laufen, fünfzig Streiche auf jedes Bein, dann reißt man ihnen die Kleider vom Leib, schneidet ihnen die Köpfe rund und wirft sie auf die Straße zurück,

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