Verbrecher und Versager.
König zu dienen, den man aus Kamerun eingeführt hat. Denn Kolonien sind groß in Mode, willkommen Prinz Dido aus Didotown! Ein prächtiger Mann, zwei Meter hoch, zum Trinken zehn Liter Bier am Tag, eine Schlagkraft zum Fürchten, dabei immer auf seinen Ruf bedacht. Wehe dem, der wagt zu bezweifeln, dass der Prinz wirklich blaublütig ist. Dass man es glaubt, dafür sorgt Fritz von Schirp, Freiherr, Reporter und Allesverkäufer, dessen Motto heißt Fritz von Schirp macht alles. Macht Bauern zu Prinzen und Prinzen zu Kaisern, kauft Dido einen Zylinderhut, der steht ihm besser als jede Krone, und führt ihn zusammen mit Onkel John von Lokal zu Lokal, von Bar zu Bar, von einem hohen Haus in das nächste.
Prinz Dido wird überall fürstlich empfangen, überall bekommt Dido sein Bier, obwohl er nur einen Lendenschurz trägt, denn er hält nicht viel von Hemden und Hosen. Doch man liebt seinen samtroten Lendenschurz, so stellt man sich fremde Könige vor, genau so will man sie fotografieren, mit Lendenschurz, Jäckchen und grauem Zylinder. Überall schenkt man Prinz Dido Zylinder, Montagszylinder und Sonntagszylinder, bis er zum Hof des Kaisers kommt, wo ihn im Potsdamer Muschelsaal der Kronprinz Friedrich Wilhelm empfängt zu einem Gespräch ganz unter Kollegen. Der Kronprinz ist glänzend aufgelegt, neugierig, lebhaft, ein Mann für die Bühne, Urwalddiplomatie ist sein Fach, Prinz Dido bekommt einen neuen Zylinder und zum Andenken eine goldene Kette, an der eine schwere Medaille hängt.
An was wird sich Dido erinnert haben, nachdem man ihn aus den Augen verlor und niemand mehr von ihm gesprochen hat? An Berlin, die Zylinder, an Onkel John, der längst unterwegs nach Ceylon war? Oder an das Manöver in großem Stil, das der Kronprinz zu seinen Ehren abhielt? Prinz Dido marschiert in der ersten Reihe, und wenn er nachts in den Büschen liegt, kann er von weitem die Schüsse hören, denn da, wo er herkommt, herrscht Krieg.
In Europa ist es dagegen noch still. Warum ist der Onkel trotzdem gegangen? War es wirklich der Traum vom besseren Leben, oder war es das Heimweh der Eskimos und die große Müdigkeit der Indianer, die längst keine Lust mehr zum Reiten hatten? Oder der Überdruss der Fakire, deren Korbtrick er in- und auswendig kannte und die Unzuverlässigkeit der Kannibalen, die niemals pünktlich zur Fütterung kamen, was das Publikum hinter den Gittern empörte? Schließlich hatte man Eintritt bezahlt und wollte die Menschen fressen sehen.
Vielleicht war es auch nur der bekannte Geruch von
Mottenkugeln und Apotheke, die stumpfen verglasten Augen des Tigers, der noch immer fixiert in die Leere starrt, dieser Zirkusauftritt des Weltmuseums, Nummer an Nummer, Skelett an Skelett. Oder es war sein Stiefbruder Carl, in dessen Büchern der Onkel nicht vorkommt, als hätte es nie einen Bruder gegeben, weil in der Familie kein Platz für ihn ist? Also Schluss mit der Tierstopferei! Onkel John will den echten, gefährlichen Panther, den man nicht zwischen zwei Bahnhöfen jagt, sondern dort, wo ein Mann noch ein Mann sein kann und der Handlanger endlich zum Jäger wird, mit eigener Uniform, eigenem Gewehr und eigenen Trägern.
Er träumte von einem eigenen Haushalt, in dem man
sich Menschen Untertan macht, ein verprellter Bräutigam auf der Flucht, das sieht man doch gleich, sagt meine Mut- ter. Denn meine Mutter glaubt nicht an Liebe, sie glaubt nur an das Unglück der Liebe, an eine ferne Verlobte in Hamburg, die dem Onkel für immer den Laufpass gab, das einzige Reiseticket, das gilt. Denn diese Gefahr riecht mei- ne Mutter sofort, sie muss diese Tasche gar nicht erst öff- nen, um zu wissen, was sie wirklich enthält. Und wenn man sich auf ein Schiff setzt und flieht? Dann beginnt es wieder nach Fisch zu stinken, morgens, mittags und abends Fisch, eine Flucht ist in Wahrheit unmöglich. Denn auch meine Mutter beherrscht den Korbtrick, wie die Frau des Fakirs, die genau weiß, wohin sie verschwinden muss, bevor man den Korb mit Messern durchbohrt. Der durchbohrte Korb geht von Hand zu Hand, und wenn man staunend den Deckel hebt, ist die Frau des Fakirs nicht mehr da, sie weiß genau, wie man Männer verprellt.
Also sprich du zu mir, Onkel John, und erzähl mir von deinem Perlenhandel, mit dem du die Braut gewinnen wolltest, vom großen Stil eines kleinen Verbrechers, weil jeder Händler ein Schmuggler ist. Eine Geschichte, die meinem Bruder gefällt und auch meiner Schwester gefallen würde, sofern man sich auf
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