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Verbrecher und Versager.

Verbrecher und Versager.

Titel: Verbrecher und Versager. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Hoppe
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geschmeidige Handlanger zwischen den Fronten gerät plötzlich selber unter Beschuss und läuft in seine eigene Falle. Es ist die Kundschaft, die ihn verrät, es sind die Engländer höchstpersönlich, die ihn um Ehre und Ansehen bringen, weil sie dem Mann plötzlich nicht mehr trauen, mit dem sie so lange gehandelt haben.
    Denn mit was hat der Onkel wirklich gehandelt, was hat er über die Grenzen gebracht? Morgens, mittags und abends nur Fisch? Versteckt er nicht hinter verstaubten Skeletten geheime Akten in seinen Regalen? Liegt nicht ein Umschlag aus braunem Papier zuhause unter dem Tigerfell, in dem sich Dokumente befinden, aus denen fast alles ersichtlich ist? Was weiß dieser Mann, und was weiß er nicht? Spielt er nicht nur den harmlosen Jäger, der gelegentlich auf ihren Festen erschien, um hier und da ein Geschäft zu besprechen, eine Lieferung oder den nächsten Transport, oder einfach nur, um mit ihnen zu trinken und um deutsche Geschichten zum Besten zu geben? Hatte er nicht, wenn er selber sprach, unaufhörlich die Ohren offen? Verschwand er nicht hin und wieder im Garten, um im Schutz der Bäume Notizen zu machen? Saßen nicht überall Männer im Busch, die vorgaben, Chauffeure und Träger zu sein? Und sprach er nicht viel zu gut ihre Sprache?
    Und wie auffallend höflich er war. Ganz Mann der Bühne, ein deutscher Kronprinz, der mit leichter Hand kleine Geschenke verteilt, wobei er an große Manöver denkt. Denn hat er, die Sache vom Krieg her betrachtet, nicht immer schon jedes Gericht umgangen, weil er vorzog, auf eigene Faust zu handeln? Warum sonst sind gewisse Händler verschwunden und gewisse Träger im Nebel geblieben? Wer also ist John Hagenbeck wirklich, dieser Mann, über den wir nicht sprechen dürfen?

    Jetzt sind diese Fragen überflüssig. Alles ist längst beschlossene Sache, ein Brief ohne jede persönliche Note, bei Nacht und Nebel des Landes verwiesen, lautet das Urteil von englischer Seite. Der Onkel muss seine Koffer packen, vermutlich blieb aber nur Zeit für den Rucksack und zum Kauf eines Tickets der zweiten Klasse für eine Schiffspassage nach Java. Ob sich der Onkel umgedreht hat, als man ihn in den Wagen setzte und hinter ihm in der Hitze der Nacht die Fata Morgana der Kindheit verschwand? Bekannt ist nur, dass er Java erreichte und dass sein Rucksack inzwischen leer war und dass er, weil er kein Kopfhänger war, beschloss, noch einmal von vorn anzufangen. Als müsste er nur kurz die Augen schließen, um sie wenig später wieder zu öffnen, und alles wäre von vorne da, das Haus, der Hof und die Cocusplantage.
    Doch auch diesmal hat sich der Onkel getäuscht, denn sein schlechter Ruf schwimmt mit übers Meer. In Batavia stehen an allen Ecken die tüchtigen Spitzel der Nachbarländer, auch die Holländer lassen ihn nicht aus den Augen. Da seht ihn, da kommt er, der Tropenspion, schon von weitem erkennt man ihn an seinem Schnurrbart. Den Mann, der mit jedem gehandelt hat, der mehr weiß, als alle anderen wissen, an allen Tischen hat er gesessen. Und wenn der Onkel morgens die Zeitung aufschlägt, starrt er in sein eigenes Gesicht, das nicht nur ihm selbst sehr bekannt vorkommt. Aber anstatt das Bild einfach wegzuwerfen, steckt er es in die Jackentasche und beschließt, sich auf die Flucht vorzubereiten.
    Die Flucht ist leichter gedacht als getan, so ohne Papiere und Pass in der Tasche, denn längst sind Belohnungen ausgesetzt, GESUCHT steht an jeder Straßenecke. Aber der Krieg hat viele Gesichter, viele Kostüme und Uniformen, und selbst wenn der Onkel ein Eskimo wäre, wüsste er, wie man Indianer spielt. Pass auf, ich zeige dir jetzt, wie es geht. Zuerst rasierst du den Schnurrbart ab, dann packst du den Tropenhelm in den Rucksack, dann wartest du, bis ein Soldat vorbeikommt, der aussieht, als könnte er Geld gebrauchen. Am besten ein Holländer oder ein Belgier, der dir ein bisschen ähnlich sieht, selbe Haarfarbe, selbe Größe, vor allem aber derselbe Wunsch, endlich für immer davonzukommen. Und das heißt, er muss auf die Uniform pfeifen, Geld ist ihm wichtiger als seine Ehre. Dann kommt es auf passende Worte an, Geduld und Zuspruch, ein paar Witze der Heimat, hier zeigt sich, wie gut es ist, Sprachen zu sprechen. Wichtiger als der Witz und die Worte ist allerdings das passende Geld, möglichst in unauffälligen Scheinen. Dann ist der Handel abgeschlossen. Er nimmt Schnurrbart und Helm, du nimmst seine Uniform und die Papiere und setzt dich auf das nächstbeste Schiff,

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