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Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)

Titel: Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keigo Higashino
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sie. Und kaufe sein Mittagessen nur im
Benten-tei
, wenn er sicher sein konnte, dass sie da war. Andernfalls hätte sie ernsthafte Zweifel an Ishigamis geistiger Gesundheit gehegt. Warum sonst sollte jemand so viel für eine Nachbarin riskieren, mit der er kaum gesprochen hatte. Wenn er Pech hatte, würde er selbst verhaftet.
    »Aber selbst wenn wir die Leiche verstecken, kann sie doch gefunden werden«, sagte Yasuko.
    »Es ist noch nicht sicher, ob wir die Leiche verstecken werden«, erwiderte Ishigami. »Manchmal ist es besser, nichts zu verbergen. Wir entscheiden uns, sobald wir alle nötigen Informationen haben. Das Einzige, was wir im Moment sicher wissen, ist, dass wir ihn nicht hier liegen lassen können.«
    »Was für Informationen?«
    »Informationen über diesen Mann«, erklärte Ishigami mit einem Blick auf die Leiche. »Darüber, wie er gelebt hat. Ich muss seinen vollen Namen, seine Adresse, sein Alter und seinen Beruf wissen. Wie er hierhergekommen ist. Und wohin er anschließend gehen wollte. Hat er Familie? Bitte, sagen Sie mir alles, was Sie wissen.«
    »Nun, ich …«
    »Aber vorher müssen wir ihn wegbringen«, sagte Ishigami.»Wir sollten dieses Zimmer so schnell wie möglich reinigen. Bestimmt gibt es hier bergeweise Spuren.« Ishigami hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als er bereits den Oberkörper der Leiche anhob.
    »Wegbringen? Wohin denn?«
    »In meine Wohnung«, antwortete Ishigami, als wäre das völlig klar, und lud sich Togashis Leiche auf die Schulter. Er schien außergewöhnlich stark. Yasuko sah, dass in seine dunkelblaue Jacke mit weißem Garn das Wort »Judo-Klub« eingestickt war. Ishigami schob, um Platz zu schaffen, mit dem Fuß ein paar Mathematikbücher und Zeitschriften beiseite, die auf dem Boden seiner Wohnung verstreut lagen, und legte den Leichnam dort ab. Togashis Augen starrten noch immer geöffnet zur Decke.
    Ishigami wandte sich Mutter und Tochter zu, die in der Tür standen. »Misato, du gehst wieder rüber und fängst schon an sauberzumachen. Mit dem Staubsauger, so gründlich wie möglich. Sie, Frau Hanaoka, bleiben hier.«
    Misato nickte mit bleichem Gesicht und verließ nach einem raschen Blick auf ihre Mutter die Wohnung.
    »Machen Sie die Tür zu«, sagte Ishigami zu Yasuko.
    »Ah, ja, natürlich«, sagte Yasuko und blieb, nachdem sie sie geschlossen hatte, zögernd im Flur stehen.
    »Bitte, kommen Sie herein. Es ist allerdings nicht so aufgeräumt wie bei Ihnen.«
    Ishigami nahm ein kleines Kissen von einem Stuhl und legte es neben die Leiche auf den Boden. Yasuko trat ins Zimmer. Statt sich auf das Kissen zu setzen, sank sie jedoch mit dem Rücken an die Wand gelehnt zu Boden und drehte das Gesicht weg. Mit Verspätung begriff Ishigami, dass ihr vor dem Anblick der Leiche graute.
    »Oh, entschuldigen Sie.« Er nahm das Kissen und reichte es ihr. »Bitte, nehmen Sie das.«
    »Nein, nein, nicht nötig.« Sie schüttelte leicht den Kopf und sah zu Boden.
    Ishigami legte das Kissen wieder auf den Stuhl und setzte sich neben die Leiche.
    Auf Togashis Hals zeichnete sich ein schwärzlich-rotes Mal ab.
    »Es war ein Kabel, nicht wahr?«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben ihn mit einem Elektrokabel erwürgt?«
    »Ja, mit dem vom Kotatsu.«
    »Ach ja, natürlich, der Kotatsu«, sagte Ishigami und erinnerte sich an das Muster der Steppdecke über dem Kotatsu. »Es wäre besser, ihn aus ihrer Wohnung zu entfernen. Ich werde das übernehmen. Übrigens …«, Ishigamis Blick wanderte wieder zu der Leiche, »waren Sie heute mit ihm verabredet?«
    Yasuko schüttelte den Kopf. »Nein, keineswegs. Er ist heute Mittag ganz unerwartet im Lokal aufgetaucht. Daraufhin habe ich mich abends mit ihm in einem Familienrestaurant verabredet. Nur so konnte ich ihn dazu bringen, den Laden zu verlassen. Ich dachte, ich wäre ihn los, aber dann kam er in meine Wohnung.«
    »In einem Familienrestaurant?« Damit scheidet die Möglichkeit aus, dass es keine Zeugen gibt, dachte Ishigami. Er fuhr mit der Hand in die Jacketttasche der Leiche. Eine zusammengerollte Zehntausend-Yen-Note kam zum Vorschein, dann noch eine.
    »Das ist das Geld, das ich …«
    »Sie haben ihm das gegeben?«
    Sie nickte, und Ishigami reichte ihr die Scheine. Yasuko griff nicht danach.
    Ishigami ging zu einem Anzug, der an der Wand hing, und zog einen Geldbeutel aus der Tasche. Er nahm zwanzigtausend Yen heraus und ersetzte sie durch die aus der Jacke des Toten.
    »Mir wäre das auch unheimlich«, sagte er und reichte

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