Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
sich um den dritten Teil eines beliebten Hollywood-Films.
»Sind Sie anschließend gleich nach Hause gegangen?«
»Nein, wir haben in einem Nudel-Imbiss im selben Gebäude gegessen und sind dann zum Karaoke gegangen.«
»Karaoke? In eine Karaoke-Bar?«
»Ja, meine Tochter hatte es sich gewünscht.«
»Sie beide gehen wohl öfter gemeinsam aus?«
»Ungefähr ein- oder zweimal im Monat.«
»Wie lange sind Sie geblieben?«
»Normalerweise nehmen wir die Kabine für eineinhalb Stunden. Sonst wird es zu spät für uns.«
»Sie waren also im Kino, haben gegessen und waren dann in einer Karaoke-Bar. Und wann waren Sie wieder zu Hause?«
»Ich glaube, es war schon nach elf Uhr. Aber ganz genau weiß ich es nicht.«
Kusanagi nickte. Er hatte das Gefühl, dass etwas an der Geschichte nicht stimmte. Aber was, hätte er selbst nicht sagen können.
Die Kommissare notierten sich den Namen der Karaoke-Bar, verabschiedeten sich und verließen die Wohnung.
»Ich glaube nicht, dass sie etwas damit zu tun hat«, sagte Kishitani leise, während sie sich von der Wohnung 204 entfernten.
»Das kann man jetzt noch nicht sagen.«
»Ich finde es schön, dass die beiden zusammen zum Karaoke gehen. Anscheinend verstehen sie sich sehr gut.« Kishitani schien Yasuko Hanaoka nicht verdächtig zu finden.
Im Treppenhaus kam ihnen ein untersetzter Mann mittleren Alters entgegen. Die beiden Kommissare blieben stehen, um ihn vorbeizulassen. Er ging zur Wohnung 203, schloss auf und verschwand darin.
Kusanagi und Kishitani tauschten einen Blick und machten kehrt. »Ishigami« stand auf dem Namensschild an der Tür. Sie läuteten, und der Mann, dem sie gerade begegnet waren, öffnete. Er hatte seinen Mantel bereits ausgezogen und stand in Pullover und Hose vor ihnen. Ausdruckslos blickte er die beiden an. Nach Kusanagis Erfahrung musterten ihn fast alle zuerst argwöhnisch oder sogar erschrocken, aber das Gesicht dieses Mannes gab nicht das Geringste preis.
»Entschuldigen Sie die späte Störung. Aber vielleicht können Sie uns helfen.« Kusanagi lächelte liebenswürdig und zeigte dem Mann seine Polizeimarke.
Die Miene des Mannes blieb unbewegt, kein einziger Muskel regte sich. Kusanagi trat einen Schritt vor. »Es dauert nur ein paar Minuten. Wir würden Ihnen gern ein paar Fragen stellen.« Vielleicht hatte der Mann seine Marke nicht richtig gesehen, dachte Kusanagi, und hielt sie ihm nochmal unter die Nase.
»Worum handelt es sich?«, sagte der Mann, ohne die Marke eines Blickes zu würdigen. Anscheinend wusste er bereits, dass sie von der Polizei waren.
Kusanagi zog eine Fotografie aus der Jacketttasche, die Togashi in seiner Zeit als Gebrauchtwagenhändler zeigte.
»Das Bild ist schon ein paar Jahre alt, aber haben Sie in letzter Zeit eventuell jemanden gesehen, der Ähnlichkeit mit diesem Mann hatte?«
Ishigami starrte einen Moment lang das Foto an, dann hob er den Blick zu Kusanagi.
»Ich kenne diesen Mann nicht.«
»Das habe ich mir gedacht, aber haben Sie vielleicht jemanden gesehen, der so aussieht.«
»Wo?«
»Nun, hier in der Gegend.«
Der Mann beäugte nochmals stirnrunzelnd das Foto. Das führt zu nichts, dachte Kusanagi.
»Nein, keine Ahnung«, sagte der Mann. »Allerdings merke ich mir auch die Leute nicht, denen ich auf der Straße begegne.«
»Ja, ich verstehe.« Kusanagi bereute es schon, umgekehrt zu sein, um den Mann zu befragen. Aber da sie nun einmal hier waren, konnten sie es auch richtig machen. »Darf ich fragen, ob Sie immer um diese Zeit nach Hause kommen?«
»Das kommt auf den Tag an. Manchmal komme ich später vom Training.«
»Was trainieren Sie?«
»Ich bin Judo-Trainer an meiner Schule und muss abends das Dojo abschließen.«
»Sie sind also Lehrer?«
»Ja, an der Oberschule«, erwiderte der Mann und nannte den Namen der Schule, an der er beschäftigt war.
»Aha. Dann entschuldigen Sie bitte die Störung. Sie haben sicher einen langen Tag hinter sich.« Kusanagi verbeugte sichleicht. Dabei fiel ihm ein Stapel mit Mathematikbüchern an der Tür auf. Mathematiklehrer, auch das noch. Er fühlte sich sofort unwohl. Mathematik war sein schlimmstes Fach gewesen.
»Ihr Name liest sich ›Ishigami‹?«
»Ja, ganz recht, Ishigami.«
»Also, Herr Ishigami, erinnern Sie sich noch, wann Sie am 10. März nach Hause gekommen sind?«
»Am 10.? Wieso? Ist da etwas passiert?«
»Nein, nein, es hat nichts mit Ihnen zu tun. Wir sammeln nur Informationen über diesen Tag.«
»Lassen Sie mich
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