Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
ich mich so geärgert, dass ich den Diebstahl bei dem Polizeihäuschen am Bahnhof angezeigt habe, bevor ich in den Bus gestiegen bin.«
»Und sie wussten die Registriernummer? Das ist ja toll!«
»Ich hatte es ja gerade erst gekauft, und die Quittung lag noch zu Hause. Also habe ich meine Tochter angerufen und sie mir geben lassen.«
»Ich verstehe.«
»Worum geht es denn überhaupt bei diesem Fall? Der Mann am Telefon wollte mir keine Einzelheiten mitteilen. Ich muss zugeben, das alles macht mich ganz schön neugierig.«
»Nun, wir wissen noch gar nicht genau, ob es sich überhaupt um einen Fall handelt. Wir wissen selbst noch keine Einzelheiten.«
»So? Wirklich? Es heißt ja immer, Polizisten kriegten die Zähne nicht auseinander.«
Kishitani verbiss sich das Lachen. Kusanagi beglückwünschte sich, dass sie die Frau heute und nicht erst am nächsten Tag aufgesucht hatten. Wäre der Mord erst einmal veröffentlicht, hätte sie ihn in einer Flut von Fragen ertränkt.
Yoko Yamabe identifizierte das Fahrrad auf dem Revier Edogawa sofort als das ihre. Dann wandte sie sich an Kusanagi und fragte, wer sie für die Reifenreparatur entschädigen würde.
Die Spurensicherung konnte mehrere Fingerabdrücke auf dem Lenker, dem Rahmen und dem Sitz des Fahrrads sicherstellen. Es kamen noch weitere Indizien hinzu. Etwa 100 Meter vom Fundort der Leiche entfernt entdeckte man die Kleidungsstücke, die das Opfer vermutlich getragen hatte. Jemand hatte versucht, sie in einer Öltonne zu verbrennen, was jedoch nur zum Teil gelungen war. Es handelte sich um eine Jacke, einen Pullover, Hosen, Socken und Unterwäsche. Die Spurensicherung nahm an, dass der Täter die Sachen angezündet hatte und sofort geflüchtet war. Aber sie brannten nicht so gut, wie er offenbar gehofft hatte, und das Feuer war zu früh ausgegangen. Weder Machart noch Stil waren ungewöhnlich. Es waren ganz alltägliche Kleidungsstücke, wie es sie im ganzen Land gab. Anhand der Reste hatte ein Polizeizeichner ein Phantombild angefertigt, das darstellen sollte, wie das Opfer vor seinem Tod ausgesehen haben mochte. Einige Polizisten hatten damit bereits am Bahnhof Shinozaki herumgefragt. Doch da weder die Kleidung noch die Person besondere Merkmale aufwiesen, hatten sich keine verwertbaren Informationen ergeben. Die Zeichnung wurde in den Abendnachrichten gezeigt, und eine Menge Anrufe gingen ein, aber aus keinem ergab sich eine Spur, die zu der Leiche am Ufer des Alten Edogawa geführt hätte.
Inzwischen hatte die Polizei alle Informationen über das Opfer mit ihren Vermisstenlisten verglichen, ohne die geringste Übereinstimmung zu entdecken. Erst als man in den Pensionen und Hotels in und um Edogawa nach plötzlich verschwundenen männlichen Gästen herumfragte, kam etwas zutage.
Der Gast einer Zimmervermietung namens
Ogiya
in Kamedo war am 11. März verschwunden, an dem Tag also, andem man die Leiche gefunden hatte. Als er zur Check-out-Zeit nicht an der Rezeption erschienen war, hatte man in seinem Zimmer nachgesehen und es – bis auf einige persönliche Habseligkeiten des Mannes – leer vorgefunden. Der Geschäftsführer hatte sich nicht die Mühe gemacht, die Polizei zu rufen, da der Gast im Voraus bezahlt hatte.
Sofort untersuchte die Spurensicherung das Zimmer und fand ein Haar des Toten. Außerdem stimmten einige der Fingerabdrücke an den Wänden mit jenen auf dem gestohlenen Fahrrad überein. Der Vermisste hatte sich ordnungsgemäß in das Gästebuch der Zimmervermietung eingetragen. Er hieß Shinji Togashi, wohnhaft in Shinjuku West, Bezirk Shinjuku.
Kapitel 4
Die beiden Kommissare gingen von der U-Bahnstation in Richtung Shin-Ohashi-Brücke und bogen kurz vor der Brücke nach rechts in eine schmale Straße ein. Sie kamen in ein Wohnviertel mit einigen dem Anschein nach alteingesessenen Läden. In den meisten anderen Stadtteilen waren solche kleinen Geschäfte längst von Supermärkten und irgendwelchen Ketten verdrängt, aber hier war es anders. Hier herrschte noch die typische Altstadt-Atmosphäre von Shitamachi, wo sich ein altmodischer Lebensstil bewahrt hatte.
Es war schon nach acht Uhr abends. Eine ältere Frau mit einer randvollen, blauen Waschschüssel schlenderte an ihnen vorbei. Wahrscheinlich war sie auf dem Weg zum nächsten Badehaus.
»Nah an der U-Bahn, gute Einkaufsmöglichkeiten, kein schlechtes Viertel«, murmelte Kishitani.
»Willst du damit etwas Bestimmtes sagen?«
»Nein, nur dass es sich für eine
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