Verdächtige Geliebte: Roman (German Edition)
verschloss, was er ihrer Überraschung und Abneigung zuschrieb.
»Ja, er ist mein Ex-Mann … Hat er etwas verbrochen?«
Offenbar wusste sie noch nicht, dass er getötet worden war. Wahrscheinlich hatte sie keine Nachrichten gesehen oder die Zeitung gelesen. Außerdem hatten die Medien der Geschichte keine allzu große Aufmerksamkeit geschenkt.
»Also«, begann Kusanagi, und seine Augen schweiften durch dem Raum hinter ihr. Die Schiebetür an der anderen Seite war geschlossen. »Ist noch jemand in der Wohnung?«, fragte er.
»Ja, meine Tochter.«
»Aha.« Erst jetzt bemerkte er die Turnschuhe neben der Tür. Kusanagi senkte die Stimme. »Ich fürchte, Herr Togashi ist tot.«
Yasukos Miene erstarrte, und ihre Lippen formten einen Kreis. »Oh, er ist tot? Aber was ist denn passiert? Hatte er einen Unfall?«
»Seine Leiche wurde am Ufer des Alten Edogawa gefunden.Wir wissen noch nichts Genaueres, aber es besteht der Verdacht, dass er ermordet wurde«, sagte Kusanagi geradeheraus. So würde es leichter sein, ihr anschließende Fragen zu stellen.
Zum ersten Mal zeigte sich ein Ausdruck von Erschütterung auf Yasukos Gesicht. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. »Aber warum …?«
»Das versuchen wir jetzt herauszufinden. Herr Togashi hat außer Ihnen keine Familie, und wir dachten, Sie wüssten vielleicht etwas. Es tut mir leid, dass wir Sie so spät noch stören.« Kusanagi verbeugte sich.
»Nein, ja, also …« Yasuko legte die Hand an den Mund und sah zu Boden.
Kusanagis Blick wanderte wieder zu der Schiebetür auf der anderen Seite des Raums. Ob die Tochter dahinter das Gespräch ihrer Mutter mit dem Kommissar belauschte? Wie sie die Nachricht vom Tod ihres Stiefvaters wohl aufnahm?
»Entschuldigen Sie, aber wir haben bereits einige Nachforschungen angestellt. Sie haben sich vor fünf Jahren von Herrn Togashi scheiden lassen, nicht wahr? Sind Sie ihm seither begegnet?«
Yasuko schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn seit unserer Trennung kaum gesehen.« Das hieß, sie hatte ihn gesehen. »In letzter Zeit gar nicht. Das letzte Mal vielleicht vor einem Jahr oder so.«
»Und seither hat er sich nicht mit Ihnen in Verbindung gesetzt? Auch nicht telefonisch oder brieflich?«
»Nein, weder noch.« Yasuko schüttelte nachdrücklich den Kopf.
Kusanagi nickte und sah sich beiläufig im Zimmer um. Die kleine Wohnung im japanischen Stil war schon etwas älter,aber es sah sauber und aufgeräumt darin aus. Auf dem Kotatsu in der Mitte des Raumes stand eine Schale mit Mandarinen. An der Wand lehnte ein Badmintonschläger, der wehmütige Erinnerungen in Kusanagi wachrief. In seiner Studienzeit hatte er sehr gern Badminton gespielt.
»Wir konnten den Todeszeitpunkt auf den Abend des 10. März eingrenzen«, sagte der Kommissar. »Gibt es irgendetwas, das Sie mit diesem Tag oder mit dem Ufer des Alten Edogawa verbinden? Selbst der kleinste Anhaltspunkt könnte uns bei unseren Ermittlungen helfen.«
»Leider fällt mir dazu gar nichts ein. Das Datum sagt mir nichts. Ich habe überhaupt keine Ahnung, was er in letzter Zeit getrieben hat.«
»Ich verstehe.«
Frau Hanaoka war inzwischen merklich gereizt. Aber eigentlich war es normal, wenn eine Frau nicht gern über ihren ehemaligen Mann sprach. Kusanagi konnte nicht einschätzen, ob sie etwas mit dem Fall zu tun hatte. Es war besser, die Sache vorläufig auf sich beruhen zu lassen. Nur eins musste er noch überprüfen.
»Wo waren Sie übrigens am 10. März? Zu Hause?«, fragte er möglichst beiläufig.
Yasuko Hanaoka kniff die Augen zusammen. Sie fühlte sich eindeutig unbehaglich. »Muss ich genau wissen, wo ich an dem Tag war?«
Kusanagi lachte. »Bitte, nehmen Sie es mir nicht übel. Aber je genauer Sie es wissen, desto mehr hilft es uns natürlich.«
»Warten Sie bitte einen Moment.« Yasuko warf einen Blick auf eine Wand, die Kusanagi nicht sehen konnte. Vermutlich hing dort ein Kalender. Er hätte sich ihre Notizen gern angesehen, beschloss aber, vorläufig darauf zu verzichten.
»Tagsüber habe ich gearbeitet, und dann, ach ja stimmt, bin ich mit meiner Tochter ausgegangen«, erwiderte Yasuko.
»Wo sind Sie denn gewesen?«
»Im Kino. Es heißt Rakutenchi und ist in Kinshicho.«
»Um welche Uhrzeit haben Sie das Haus verlassen? Eine ungefähre Zeit genügt. Und erinnern Sie sich, welchen Film Sie gesehen haben …?«
»Wir sind gegen halb sieben aufgebrochen.« Dann erzählte sie von dem Film, den sie sich angeschaut hatten. Kusanagi kannte ihn. Es handelte
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