Verdammnis
Svensson, in der Lundagatan zu warten. Lisbeth Salander sollte zu einem Verhör mitgenommen werden, aber der Staatsanwalt fand, dass man sie noch nicht zweifelsfrei mit den Morden in Enskede in Verbindung bringen konnte.
»Alles klar«, sagte Faste. »Bubbla sagt, der Staatsanwalt will erst ein Geständnis, bevor jemand festgenommen wird.«
Curt Svensson sagte immer noch nichts. Teilnahmslos beobachteten sie die Leute, die sich auf der Straße bewegten.
Zwanzig Minuten später rief Staatsanwalt Ekström auf Hans Fastes Handy an.
»Wir haben Bjurman erschossen in seiner Wohnung gefunden. Er ist seit mindestens vierundzwanzig Stunden tot.«
Hans Faste setzte sich auf.
»Verstanden. Was sollen wir tun?«
»Ich habe beschlossen, dass Lisbeth Salander im ganzen Bezirk zur Fahndung ausgeschrieben wird. Wir haben Haftbefehl erlassen. Sie ist dringend tatverdächtig in drei Mordfällen. Wir müssen sie als gefährlich einschätzen, eventuell ist sie bewaffnet.«
»Verstanden.«
»Ich schicke gleich ein Einsatzkommando in die Lundagatan. Die gehen rein und sichern die Wohnung.«
»Verstanden.«
»Haben Sie in der Zwischenzeit Kontakt zu Bublanski gehabt?«
»Er ist bei Millennium .«
»Und hat offensichtlich sein Handy ausgeschaltet. Können Sie versuchen, ihn anzurufen und zu informieren?«
Faste und Svensson tauschten einen Blick.
»Und was sollen wir tun, wenn sie plötzlich hier auftaucht?«, wollte Curt Svensson wissen.
»Wenn sie allein ist, nehmen wir sie fest. Wenn sie es in die Wohnung schafft, überlassen wir das dem Einsatzkommando. Die Tussi ist völlig verrückt, die mordet sich hier munter durch die Gegend. Kann sein, dass sie noch mehr Waffen in ihrer Wohnung hat.«
Mikael Blomkvist war todmüde, als er den Manuskriptstapel auf Erikas Schreibtisch legte und sich in ihren Besucherstuhl am Fenster zur Götgatan sinken ließ. Er hatte den ganzen Nachmittag überlegt, was mit Dag Svenssons unvollendetem Buch geschehen sollte.
Das Thema war heikel. Dag Svensson war erst seit ein paar Stunden tot, und schon überlegte sein Arbeitgeber, wie er mit seiner journalistischen Hinterlassenschaft verfahren sollte. Mikael wusste, dass das für jeden Außenstehenden zynisch und gefühllos aussehen musste. Er selbst empfand es anders. Er fühlte sich fast schwerelos. Ein ganz spezielles Syndrom, das jeder Nachrichtenjournalist kennt und das in Krisenzeiten zum Leben erwacht.
Wenn andere trauern, wird der Nachrichtenjournalist aktiv. Und trotz des betäubenden Schocks, der die Mitglieder der Millennium -Redaktion an diesem Gründonnerstagmorgen ergriffen hatte, gewannen die beruflichen Erfordernisse die Oberhand und führten zu geschäftiger Arbeit.
Für Mikael war das eine Selbstverständlichkeit. Dag Svensson war vom selben Schrot und Korn gewesen und hätte genau dasselbe getan, wären die Rollen umgekehrt verteilt gewesen. Er hätte sich gefragt, was er für Mikael tun könnte. Dag hatte ein Erbe in Form eines explosiven Buchmanuskripts hinterlassen. Er hatte mehrere Jahre lang Material gesammelt und Fakten sortiert, eine Aufgabe, in die er seine ganze Seele gelegt hatte und die er jetzt nicht mehr zu Ende bringen konnte.
Vor allem aber hatte er für Millennium gearbeitet.
Der Mord an Dag Svensson und Mia Bergman war kein nationales Trauma wie zum Beispiel der Mord an Ministerpräsident Olof Palme. Es würde keine landesweite Trauer ausgerufen werden. Aber für die Mitarbeiter von Millennium war der Schock wahrscheinlich noch größer - sie waren persönlich betroffen, und Dag hatte ein großes Kontaktnetz mit vielen Journalisten, die nun Antwort auf ihre Fragen verlangen würden.
Jetzt war es also an Mikael und Erika, sowohl Dag Svenssons Arbeit an seinem Buch abzuschließen als auch die Frage nach dem Wer und Warum zu beantworten.
»Ich kann den Text rekonstruieren«, sagte Mikael. »Malin und ich müssen das Buch Zeile für Zeile durchgehen und die Recherchen vervollständigen, sodass wir eventuelle Fragen beantworten können. Zum größten Teil müssen wir uns einfach nur an Dags Notizen halten, aber wir haben Probleme mit dem vierten und fünften Kapitel, die vor allem auf Mias Interviews aufbauen, sodass wir manchmal ganz einfach nicht wissen, wer die Quellen sind. Doch abgesehen von wenigen Ausnahmen können wir vermutlich die Referenzen in ihrer Doktorarbeit als Primärquellen angeben.«
»Das letzte Kapitel fehlt uns.«
»Stimmt. Aber ich habe Dags Entwurf, und wir haben ihn so oft
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