Verdammnis
durchgesprochen, dass ich genau weiß, was er sagen wollte. Ich schlage vor, dass ich im Nachwort erkläre, wie er argumentiert hat.«
»In Ordnung. Ich möchte das aber vorher noch mal sehen, damit ich es absegnen kann. Wir dürfen ihm nichts in den Mund legen.«
»Keine Sorge. Ich werde ganz deutlich machen, dass ich das geschrieben habe und nicht er. Ich werde die Entstehungsgeschichte dieses Buches erzählen und Dag aus meiner Sicht charakterisieren. Am Schluss werde ich rekapitulieren, was er in den letzten Monaten in einem guten Dutzend Gesprächen mit mir gesagt hat. Aus seinem Entwurf kann ich einiges direkt zitieren. Ich glaube, das wird ihm auf jeden Fall gerecht.«
»Verdammt … ich will dieses Buch dringender veröffentlichen als je zuvor«, sagte Erika.
Mikael nickte. Er verstand genau, was sie meinte.
»Hast du dir schon was Neues ausgedacht?«, erkundigte er sich.
Erika Berger legte ihre Lesebrille auf den Schreibtisch und schüttelte den Kopf. Sie stand auf, goss aus der Thermoskanne zwei Tassen Kaffee ein und setzte sich Mikael gegenüber.
»Christer und ich haben ein Konzept für das nächste Heft entwickelt. Wir nehmen zwei Artikel, die eigentlich für die übernächste Nummer gedacht waren, und haben ein paar Aufträge an freie Mitarbeiter vergeben. Es wird ein ziemlich heterogenes Heft ohne einen richtigen roten Faden.«
Sie schwiegen eine Weile.
»Hast du die Nachrichten gehört?«, fragte Erika.
Mikael schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich weiß, was sie sagen werden.«
»Die Morde sind im Moment die Topnachricht. Gefolgt von einer Initiative der Zentrumspartei.«
»Was bedeutet, dass ansonsten nicht viel im Lande passiert ist.«
»Die Polizei hat die Namen von Dag und Mia noch nicht rausgegeben. Sie werden als ›anständiges junges Paar‹ beschrieben. Sie haben auch noch nichts davon verlauten lassen, dass du sie gefunden hast.«
»Ich schätze, dass die Polizei alles tut, um das geheim zu halten. Aber das ist ja immerhin auch ein Vorteil für uns.«
»Warum sollten sie das denn geheim halten?«
»Weil die Polizei grundsätzlich keinen Medienrummel mag. Ich habe einen gewissen Nachrichtenwert, also ist es der Polizei nur zu recht, wenn niemand weiß, dass ich sie gefunden habe. Ich würde mal sagen, bis heute Nacht oder morgen früh wird diese Information dann auch endlich durchgesickert sein.«
»So jung und schon so abgeklärt.«
»So jung sind wir nicht mehr, Ricky. Ich hab es mir gedacht, als ich in der Nacht von dieser Polizistin verhört wurde. Für mich sah sie aus, als ginge sie noch aufs Gymnasium.«
Erika lachte matt. Sie hatte zwar ein paar Stunden geschlafen, doch allmählich spürte auch sie die Müdigkeit. Bald würde sie die Chefredakteurin einer der größten Zeitungen des Landes sein. Nein - das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um Mikael diese Neuigkeit mitzuteilen .
»Henry Cortez hat vorhin angerufen. Der Leiter der Voruntersuchung, ein gewisser Ekström, hat um drei eine Pressekonferenz gegeben«, sagte sie.
»Richard Ekström?«
»Ja. Kennst du ihn?«
»Politikheini. Medienzirkus garantiert. Hier sind schließlich keine zwei Marktfrauen umgebracht worden. Diese Sache wird eine Mordspublicity kriegen.«
»Er behauptet jedenfalls, die Polizei verfolge gewisse Spuren und habe Hoffnung, den Fall rasch zu lösen. Aber im Großen und Ganzen hat er eigentlich gar nichts gesagt. Dafür war das Konferenzlokal aber voll bis unters Dach.«
Mikael zuckte die Achseln. Er rieb sich die Augen. »Ich werde einfach Mias Bild nicht mehr los. Verdammt, ich hatte sie doch gerade erst kennengelernt.«
Erika nickte finster.
»Mir müssen abwarten. Irgend so ein beschissener Irrer …«
»Ich weiß nicht. Ich hab schon den ganzen Tag darüber nachgedacht.«
»Was meinst du?«
»Mia wurde von der Seite erschossen. Ich hab das Eintrittsloch der Kugel seitlich am Hals gesehen … und die Austrittswunde an der Stirn. Dag wurde frontal in die Stirn geschossen, die Austrittswunde ist am Hinterkopf. Soweit ich sehen konnte, wurden nur zwei Schüsse abgegeben. Das sieht mir nicht wirklich nach der Tat eines Wahnsinnigen aus.«
Erika betrachtete ihren Partner nachdenklich.
»Was willst du damit sagen?«
»Wenn es nicht die Tat eines Wahnsinnigen war, dann muss es ein Motiv geben. Und je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr hab ich das Gefühl, dass dieses Manuskript ein verdammt gutes Motiv abgibt.«
Mikael zeigte auf den Papierstapel auf Erikas Schreibtisch.
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