Verdammnis
Minute, um sich wieder zu beruhigen. Dann holte sie zwei Becher Kaffee aus dem Automaten und ging zurück zu Miriam Wu.
Ein Weilchen saßen sie sich schweigend gegenüber, ehe Sonja Modig sagte:
»Entschuldigen Sie bitte. Das war wohl eines der miesesten Verhöre in der Geschichte dieses Polizeireviers.«
»Scheint ja ein prima Arbeitskollege zu sein. Lassen Sie mich raten: Er ist heterosexuell, geschieden und liefert in der Kaffeepause die Schwulenwitze.«
»Er ist ein … eine Art Relikt. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
»Und was ist mit Ihnen?«
»Ich bin jedenfalls nicht homophob.«
»Okay.«
»Frau Wu, ich … wir arbeiten fast alle seit zehn Tagen rund um die Uhr. Wir sind müde und gereizt. Wir versuchen, einen schrecklichen Doppelmord in Enskede aufzuklären und einen ebenso schrecklichen Mord am Odenplan. Ihre Freundin wurde mit beiden Tatorten in Verbindung gebracht. Wir haben kriminaltechnische Beweise, und es wird landesweit nach ihr gefahndet. Verstehen Sie bitte, dass wir sie um jeden Preis finden müssen, bevor sie jemand anders oder sich selbst etwas antut.«
»Ich kenne Lisbeth Salander … Ich kann nicht glauben, dass sie jemanden ermordet hat.«
»Können es nicht glauben oder wollen es nicht glauben? Wir schlagen nicht ohne guten Grund landesweit Alarm. Aber ich kann Ihnen immerhin verraten, dass mein Chef, Kriminalinspektor Bublanski, auch nicht ganz von Salanders Schuld überzeugt ist. Wir haben die Möglichkeit diskutiert, dass sie einen Mittäter hatte oder anderweitig in diese Sache mit hineingezogen wurde. Aber wir müssen sie finden. Sie glauben, dass sie unschuldig ist, Frau Wu, aber was ist, wenn Sie sich täuschen? Sie sagen doch selbst, dass Sie nicht sonderlich viel von Lisbeth Salander wissen.«
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll.«
»Dann helfen Sie uns, die Wahrheit herauszufinden.«
»Bin ich wegen irgendetwas verhaftet worden?«
»Nein.«
»Kann ich gehen, wann ich will?«
»Eigentlich ja.«
»Und uneigentlich?«
»Werden Sie uns ein Rätsel.«
Miriam Wu dachte über ihre Worte nach. »Gut. Fragen Sie weiter. Wenn Ihre Fragen mich ärgern, dann gebe ich einfach keine Antwort.«
Sonja Modig schaltete das Aufnahmegerät wieder ein.
20.
Kapitel
Freitag, 1. April - Sonntag, 3. April
Miriam Wu verbrachte noch eine Stunde mit Sonja Modig. Am Ende des Verhörs kam Bublanski ins Zimmer, setzte sich still dazu und lauschte. Miriam Wu begrüßte ihn höflich.
Schließlich sah Sonja Modig ihn an und fragte, ob er noch weitere Fragen hätte. Er schüttelte den Kopf.
»Dann erkläre ich das Verhör mit Miriam Wu für beendet. Es ist 13 Uhr 09.«
Sie schaltete das Aufnahmegerät aus.
»Ich habe gehört, es gab ein kleines Problem mit Kriminalinspektor Faste«, sagte Bublanski.
»Er war unkonzentriert«, erklärte Sonja Modig.
»Er war ein Idiot«, verdeutlichte Miriam Wu.
»Kriminalinspektor Faste hat wirklich viele Verdienste, aber er ist wahrscheinlich nicht die passende Person, um eine junge Frau zu verhören«, meinte Bublanski und sah Miriam Wu in die Augen. »Ich hätte ihm diese Aufgabe nicht übertragen dürfen. Ich bitte um Entschuldigung.«
Miriam Wu sah ihn erstaunt an.
»Entschuldigung angenommen. Ich habe mich am Anfang ja auch etwas danebenbenommen.«
Bublanski wischte es mit einer Handbewegung vom Tisch. Er sah Miriam Wu an.
»Darf ich Ihnen zum Schluss noch ein paar Fragen stellen? Ohne Aufnahmegerät?«
»Bitte sehr.«
»Je mehr ich von Lisbeth Salander höre, umso verblüffter bin ich. Das Bild, das mir die Personen schildern, die sie kennen, ist nicht mit dem Bild zu vereinbaren, das die Akten des Sozialamts und die rechtsmedizinischen Unterlagen zeichnen.«
»Tja.«
»Können Sie mir einfach geradeheraus auf ein paar Fragen antworten?«
»Sicher.«
»Das psychiatrische Gutachten, das über Lisbeth Salander erstellt wurde, als sie 18 Jahre alt war, besagt, dass sie geistig zurückgeblieben ist.«
»Totaler Quatsch. Lisbeth ist wahrscheinlich schlauer als Sie und ich zusammengenommen.«
»Sie hat keinen Schulabschluss und kann nicht einmal ein Zeugnis vorweisen, dass sie lesen und schreiben kann.«
»Lisbeth Salander liest und schreibt wesentlich besser als ich. Manchmal setzt sie sich hin und kritzelt irgendwelche mathematischen Formeln hin. Pure Algebra. Von dieser Art Mathematik hab ich überhaupt keinen Schimmer.«
»Mathematik?«
»Das ist ein Hobby, das sie sich vor Kurzem zugelegt hat.«
Bublanski und
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