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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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wenn sie sie wieder getreten hatte. Da kam mir eine Idee. Ich hatte Probleme mit einem Jungen namens Samir. Er war 17 Jahre alt und stammte aus Syrien. Er war ein guter Boxer, kräftig gebaut, mit ordentlicher Schlagkraft … aber er konnte sich einfach nicht bewegen. Er blieb die ganze Zeit auf einem Fleck stehen.«
    »Okay.«
    »Also bat ich Salander für einen bestimmten Nachmittag zum Training. Sie musste sich umziehen, und ich stellte sie mit ihm in den Ring. Mit Kopfschutz, Mundschutz, die volle Montur. Zuerst wies Samir ein Sparring mit ihr zurück, weil sie ›ja nur ein doofes Mädchen‹ war und diese ganzen Machosprüche. Also sagte ich laut und deutlich, dass es alle hörten, das hier wäre kein Sparring, und ich würde 500 Kronen wetten, dass sie ihn umnieten würde. Zu Salander sagte ich, das wäre kein Training, und Samir würde ernsthaft zuschlagen. Sie sah mich mit ihrem misstrauischen Gesichtsausdruck an. Samir stand immer noch rum und redete dummes Zeug, als der Gong ertönte. Lisbeth stürmte auf ihn zu und drosch ihm ins Gesicht, dass er sich erst mal auf den Hintern setzte. Ich hatte den ganzen Sommer mit ihr trainiert, und sie bekam langsam ein bisschen Muskeln, sodass eine gewisse Kraft hinter ihren Schlägen war.«
    »Samir hat sich sicher gefreut.«
    »Also, von diesem Training redete man noch Monate später. Samir bezog ganz einfach Prügel. Sie gewann nach Punkten. Wäre sie körperlich stärker gewesen, hätte sie ihn wirklich verletzt. Nach einer Weile war Samir so frustriert, dass er voll zuschlug. Ich hatte eine Mordsangst, dass er tatsächlich einen Treffer landen könnte, denn dann hätten wir gleich den Krankenwagen rufen können.
    Lisbeth bekam ein paar blaue Flecken, wo sie seine Schläge ein paarmal mit den Schultern abgewehrt hatte, und er konnte sie auch mal in die Seile schicken, weil sie dem Gewicht seiner Schläge nichts entgegenzusetzen hatte. Aber er konnte sie nicht einmal annähernd ernsthaft treffen.«
    »Das hätte ich wirklich zu gern gesehen.«
    »Ab dem Tag hatten die Jungs im Klub Respekt vor Salander. Nicht zuletzt Samir. Ich habe sie ganz einfach zum Sparring mit viel größeren und schwereren Jungs in den Ring gestellt. Sie war meine Geheimwaffe, das war ein Supertraining.
    Vorgabe war, dass Lisbeth fünf Treffer auf verschiedenen Körperteilen landen sollte - Kiefer, Stirn, Bauch und so weiter. Und die Jungs, mit denen sie boxte, mussten sich verteidigen und diese Punkte schützen. Es wurde geradezu eine Prestigesache, mit Lisbeth zu boxen. Es war, als würde man sich mit einer Hornisse schlagen. Wir nannten sie tatsächlich ›Wespe‹, und sie wurde eine Art Maskottchen für unseren Klub. Ich glaube, das gefiel ihr, denn eines Tages kam sie an und hatte sich eine Wespe auf den Hals tätowieren lassen.«
    Mikael lächelte. Er erinnerte sich sehr gut an ihre Wespe. Die gehörte auch zu ihrer Beschreibung in der Fahndungsmeldung.
    »Wie lange ging das so?«
    »Einen Abend pro Woche, knapp drei Jahre lang. Ich war nur im Sommer Vollzeit dort, danach nur teilweise. Der Juniortrainer, Putte Karlsson, trainierte weiter mit Salander. Dann fing sie aber an zu arbeiten und hatte nicht mehr so oft Zeit, aber bis letztes Jahr kam sie immer noch ab und zu vorbei und trainierte. Ich habe sie ein paarmal getroffen und habe eine Sparringsrunde mit ihr geboxt. Das war ein gutes Training, danach war man richtig verschwitzt. Sie sprach fast nie mit jemandem. Und wenn kein Sparring angesagt war, konnte sie intensiv zwei Stunden auf den Sandsack einprügeln, als wäre es ihr Todfeind.«

23. Kapitel

    Sonntag, 3. April - Montag, 4. April
     
     
     
     
    Mikael machte zwei frische Espresso. Er bat um Entschuldigung, als er sich eine Zigarette anzündete, aber Paolo Roberto zuckte nur mit den Schultern. Mikael betrachtete ihn nachdenklich.
    Paolo Roberto hatte das Image, ein Großmaul zu sein, das immer laut sagte, was er dachte. Ziemlich bald kam Mikael zu dem Schluss, dass er nicht nur ein Großmaul, sondern auch ein intelligenter und bescheidener Mensch war. Mikael erinnerte sich, dass Roberto einmal als Sozialdemokrat für den Reichstag kandidiert hatte. Irgendwie schien er immer mehr wie ein Mann, der auch was im Kopf hatte. Mikael spürte, dass er ihm ziemlich sympathisch war.
    »Und warum kommen Sie mit Ihrer Story zu mir?«
    »Salander sitzt ganz schön in der Tinte. Ich weiß nicht, was man tun soll, aber sie könnte schon einen Freund in ihrer Ringecke

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