Verdammnis
Geheimagent in China gewesen sein. Letzteres war jedoch unwahrscheinlich.
Im Oktober 1985 war Björck nach Washington gezogen, wo er zwei Jahre in der Schwedischen Botschaft Dienst tat. Ab 1988 war er wieder bei der Sicherheitspolizei in Stockholm. 1996 trat er insofern mehr ins Licht der Öffentlichkeit, als er zum Vizebürochef der Auslandsabteilung ernannt wurde. Was er genau machte, war Mikael nicht näher bekannt. Nach 1996 hatte Björck bei mehreren Gelegenheiten mit den Massenmedien gesprochen, anlässlich der Ausweisung des einen oder anderen verdächtigen Arabers. 1998 wurde man auf ihn aufmerksam, weil er mehrere irakische Diplomaten des Landes verwiesen hatte.
Was hat das alles mit Lisbeth Salander und den Morden an Dag und Mia zu tun? Wahrscheinlich überhaupt nichts.
Aber Gunnar Björck wusste etwas über Zala.
Also musste es auch einen Zusammenhang geben.
Erika Berger hatte niemandem erzählt, dass sie zum Großen Drachen wechseln wollte, der Svenska Morgon-Posten - nicht einmal ihrem Mann, vor dem sie sonst nie Geheimnisse hatte. Ihr blieb noch ungefähr ein Monat bei Millennium . Und sie hatte Angst. Sie wusste, dass die Zeit ihr nur so durch die Finger rinnen würde, und plötzlich wäre ihr letzter Tag als Chefredakteurin gekommen.
Außerdem nagte an ihr noch die Sorge um Mikael. Als sie seine letzte Mail gelesen hatte, war ihr das Herz in die Hose gerutscht. Sie erkannte die Anzeichen sofort wieder. Das war genau dieselbe Sturheit wie vor zwei Jahren in Hedestad und dieselbe Besessenheit, mit der er Wennerström angegriffen hatte. Seit Gründonnerstag existierte für ihn nichts anderes mehr als die Aufgabe, den Mörder von Dag und Mia zu finden und irgendwie Lisbeth Salanders Unschuld zu beweisen.
Obwohl sie vollauf mit diesem Projekt sympathisierte - Dag und Mia waren schließlich auch ihre Freunde gewesen -, gab es da doch eine Seite an Mikael, die ihr nicht ganz geheuer war. Er kannte keine Rücksichten mehr, wenn er erst einmal Blut geleckt hatte.
Er hatte sie tags zuvor angerufen und ihr erzählt, wie er Bublanski herausgefordert hatte - wieder so ein überflüssiges Kräftemessen. In genau diesem Moment war ihr klar geworden, dass ihn die Suche nach Lisbeth Salander für einen nicht vorhersehbaren Zeitraum voll und ganz vereinnahmen würde. Aus Erfahrung wusste sie, dass mit ihm nichts anzufangen war, bis er das Problem gelöst hatte. Er würde zwischen Egozentrik und Depression pendeln. Und vermutlich auch Risiken eingehen, die völlig unnötig waren.
Und dann noch Lisbeth Salander. Erika war ihr ein einziges Mal begegnet und wusste zu wenig über dieses sonderbare Mädchen, um Mikaels Gewissheit teilen zu können, dass sie unschuldig war. Was, wenn Bublanski doch recht hatte? Was, wenn sie doch schuldig war? Was, wenn Mikael sie fand und plötzlich einer durchgedrehten Irren gegenüberstand, die eine Schusswaffe in der Hand hielt?
Der überraschende Anruf von Paolo Roberto am Morgen hatte sie auch nicht gerade beruhigt. Natürlich war es gut, dass Mikael nicht mehr der einzige Mensch war, der auf Salanders Seite stand, aber Paolo Roberto war ja auch wieder so ein verdammter Macho.
Außerdem musste sie einen Nachfolger für ihren Posten finden, der das Ruder bei Millennium übernehmen konnte. Allmählich eilte es. Sie überlegte, ob sie Christer Malm anrufen und das Ganze mit ihm besprechen sollte, aber dann fiel ihr ein, dass sie ihn nicht einweihen konnte, wenn sie es Mikael weiterhin verheimlichen wollte.
Mikael war ein fantastischer Reporter, aber als Chefredakteur wäre er eine Katastrophe. In dieser Hinsicht stand Christer ihr bedeutend näher, aber sie war nicht sicher, ob Christer das Angebot annehmen würde. Malin war zu jung und zu unsicher, Monika Nilsson zu egozentrisch. Henry Cortez war ein guter Reporter, aber viel zu jung und unerfahren. Lottie Karim war zu weich. Und sie war nicht sicher, ob Christer und Mikael mit einem Neuen einverstanden wären.
Eine schöne Bescherung war das alles.
So wollte sie ihre Jahre bei Millennium nicht beschließen.
Am Sonntagabend öffnete Lisbeth Salander wieder Asphyxia 1.3 und ging auf die gespiegelte Festplatte von MikBlom/ Laptop . Sie stellte fest, dass er gerade nicht im Netz war, und sah daher erst mal durch, was sich in den letzten zwei Tagen Neues ergeben hatte.
Sie las sein Recherchetagebuch und fragte sich, ob er vielleicht nur wegen ihr so detaillierte Aufzeichnungen führte, und wenn ja, was er damit
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