Verdammnis
Lisbeth Salander plötzlich stehen und sprühte den halben Inhalt ihrer Tränengaspatrone in sein Gesicht. Seine Augen begannen zu brennen wie Feuer. Die Spitze ihres Stiefels schoss mit voller Kraft nach vorn und entlud ihre kinetische Energie in seinen Schritt. Magge Lundin schnappte nach Luft und ging in die Knie, wodurch sein Kopf eine ideale Höhe für Lisbeth Salander hatte. Sie nahm einen kurzen Anlauf und trat ihn ins Gesicht, als würde sie einen Eckball schießen. Man hörte ein furchtbares Knirschen, bevor Magge Lundin lautlos in sich zusammensank wie ein Kartoffelsack.
Es dauerte ein paar Sekunden, ehe Sonny Nieminen kapierte, dass sich vor seinen Augen gerade etwas Unglaubliches abgespielt hatte. Er wollte die Stützen seiner Harley ausklappen, trat daneben und musste nach unten blicken. Dann ging er jedoch gleich auf Nummer sicher und tastete in der Innentasche seiner Jacke nach seiner Pistole. In diesem Moment, als er gerade den Reißverschluss aufziehen wollte, nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr.
Als er aufblickte, sah er Lisbeth Salander wie eine Kanonenkugel auf ihn zuschießen. Sie sprang mit beiden Beinen ab und traf ihn mit voller Wucht gegen die Hüfte, was nicht ausreichte, um ihn wirklich zu verletzen, ihn aber mitsamt seinem Motorrad umwarf. Um Haaresbreite konnte er sein Bein noch wegziehen, bevor es unter seiner Maschine eingeklemmt wurde. Er stolperte ein paar Schritte zurück, bis er das Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
Als sie wieder in sein Blickfeld kam, sah er nur kurz eine Bewegung ihres Arms, und schon zischte ein faustgroßer Stein durch die Luft. Instinktiv duckte er sich und konnte ihm gerade noch ausweichen.
Endlich bekam er seine Pistole zu fassen und versuchte sie zu entsichern, doch als er zum dritten Mal aufsah, entdeckte er, dass Lisbeth Salander direkt vor ihm stand. Der Hass, der in ihrem Blick lag, verblüffte ihn nicht nur, sondern jagte ihm zum ersten Mal richtig Angst ein.
»Gute Nacht!«, sagte Lisbeth Salander.
Sie presste ihm ihre Elektroschockpistole in den Schritt, gab 75 000 Volt ab und hielt die Elektroden mindestens zwanzig Sekunden an seinen Körper. Sonny Nieminen verwandelte sich in ein schlaffes Bündel.
Lisbeth hörte ein Geräusch hinter sich, drehte sich um und betrachtete Magge Lundin. Er hatte sich mühsam auf die Knie hochgerappelt und versuchte nun aufzustehen. Konzentriert beobachtete sie seine Anstrengungen. Blind tappte er durch den brennenden Tränengasnebel.
»Ich bring dich um!«, schrie er plötzlich.
Er lallte bedenklich und tastete rings um sich her. Sie legte den Kopf schief und musterte ihn nachdenklich. Dann brüllte er wieder los.
»Verdammte Nutte!«
Lisbeth Salander bückte sich, hob Sonny Nieminens Pistole auf und stellte fest, dass es sich um eine polnische P-83 Wanad handelte.
Sie öffnete das Magazin, überprüfte, ob es mit der erwarteten 9-Millimeter-Makarov-Munition geladen war, und entsicherte sie. Dann stieg sie über Sonny Nieminen hinweg, ging auf Magge Lundin zu, zielte beidhändig und schoss ihn in den Fuß. Er heulte auf und ging wieder zu Boden.
Sie betrachtete ihn und zögerte, ob sie sich die Mühe machen sollte, ihm ein paar Fragen zur Identität des blonden Riesen zu stellen, mit dem sie ihn in »Blombergs Café« gesehen hatte und der den Angaben des Journalisten Per-Åke Sandström zufolge in einem Lagergebäude zusammen mit Magge Lundin einen Menschen ermordet hatte. Hmm. Sie hätte mit dem Schießen warten sollen, bis sie die Fragen gestellt hatte.
Denn zum einen sah Lundin nicht mehr so aus, als wäre er zu einem vernünftigen Gespräch in der Lage, zum anderen bestand die Möglichkeit, dass irgendjemand den Schuss gehört hatte. Sie musste Lundin ein andermal unter ruhigeren Umständen befragen. Also sicherte sie die Waffe, steckte sie in ihre Jackentasche und hob ihren Rucksack auf.
Sie war zehn Meter die Straße hinuntergegangen, da blieb sie stehen und drehte sich um. Langsam ging sie zurück und studierte Magge Lundins Motorrad.
»Eine Harley Davidson«, sagte sie. »Wie hübsch!«
27. Kapitel
Mittwoch, 6. April
Bei strahlendem Frühlingswetter steuerte Mikael Erika Bergers Auto in Richtung Süden. Man konnte schon eine Andeutung von Grün auf den schwarzen Feldern erahnen, und in der Luft lag richtige Wärme. Eigentlich das perfekte Wetter, um alle Probleme zu vergessen, für ein paar Tage wegzufahren und in der Hütte in Sandhamn auszuspannen.
Er hatte
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