Verdammnis
Bjurman vor zwei Jahren hatte sie sie auch nicht wieder angesehen. Sie wog sie in der Hand und legte sie dann zurück in die Schublade.
Bjurman war ein Idiot. Hätte er sich schön um seinen eigenen Kram gekümmert, dann hätte sie ihn laufen lassen, sobald sie wieder für geschäftsfähig erklärt worden wäre. Zalatschenko hätte ihn niemals laufen lassen. Bjurman wäre für immer und ewig sein Schoßhündchen geblieben. Was sicher auch eine angemessene Strafe gewesen wäre.
Zalatschenkos Netzwerk. Irgendeine Tentakel reichte auch zu Svavelsjö MC.
Der blonde Riese.
Er war der Schlüssel.
Sie musste ihn finden und zwingen, ihr Zalatschenkos Aufenthaltsort zu verraten.
Lisbeth zündete sich eine neue Zigarette an und betrachtete das Kastell bei Skeppsholmen. Ihre Blicke wanderten weiter zur Achterbahn in Gröna Lund. Plötzlich redete sie laut mit sich selbst. Sie imitierte eine Stimme, die sie einmal im Fernsehen gehört hatte.
Daaaaadddyyyy, I am coming to get youuu.
Hätte sie jemand gehört, hätte er sicher gefolgert, dass sie völlig wahnsinnig war. Um halb acht schaltete sie den Fernseher ein, um die neuesten Entwicklungen der Jagd nach Lisbeth Salander zu erfahren.
Sie erlitt den Schock ihres Lebens.
Bublanski erreichte Hans Faste um kurz nach acht auf seinem Handy. Es wurden nicht unbedingt fernmündliche Höflichkeiten ausgetauscht. Bublanski fragte nicht, wo Faste gesteckt hatte, sondern informierte ihn nur in kühlem Ton über die neuesten Entwicklungen des Tages.
Faste war erschüttert.
An diesem Morgen hatte ihm der ganze Zirkus im Präsidium gereicht, und er hatte etwas getan, was er noch nie zuvor getan hatte. Er war zornbebend in die Stadt gegangen, hatte sein Handy ausgeschaltet und in einer Kneipe am Hauptbahnhof zwei Bier getrunken, während er vor Wut kochte.
Dann war er nach Hause gegangen, hatte geduscht und sich schlafen gelegt.
Er brauchte Schlaf.
Als die Nachrichtensendung Rapport lief, war er wieder aufgewacht. Bei den neuesten Schlagzeilen traten ihm fast die Augen aus den Höhlen. Ein Grab in Nykvarn. Lisbeth Salander hatte einen Anführer von Svavelsjö MC angeschossen.
Treibjagd durch die südlichen Vororte. Das Netz zog sich zusammen.
Da schaltete er sein Handy ein.
Der verdammte Bublanski war sofort dran und informierte ihn darüber, dass man jetzt offiziell einen alternativen Täter suchte. Faste solle Jerker Holmberg bei der Untersuchung des Tatorts in Nykvarn ablösen. Er sollte also Zigarettenkippen im Wald sammeln; nach Salander durften die anderen suchen.
Was zum Henker hatte denn bloß Svavelsjö MC damit zu tun?
Am Ende war an der Argumentation dieser verdammten Lesbe Modig doch etwas dran.
Unsinn.
Es musste Salander sein.
Und er wollte derjenige sein, der sie fasste. Er wollte sie so unbedingt festnehmen, dass ihm fast die Hände wehtaten, als er sein Handy umklammerte.
Ruhig beobachtete Holger Palmgren, wie Mikael Blomkvist vor dem Fenster in seinem kleinen Krankenzimmer auf und ab ging. Sie hatten fast eine Stunde lang ununterbrochen geredet. Schließlich klopfte Palmgren auf den Tisch, um Mikaels Aufmerksamkeit zu bekommen.
»Setzen Sie sich doch hin, bevor Sie sich noch Ihre Sohlen durchlaufen«, bat er.
Mikael setzte sich.
»All diese Geheimnisse«, sagte er. »Die Zusammenhänge habe ich nie begriffen, bevor Sie mir jetzt von Zalatschenkos Hintergrund erzählt haben. Bis jetzt habe ich immer nur Gutachten gesehen, die Lisbeth als psychisch gestört bezeichnen.«
»Peter Teleborian.«
»Er muss irgendeine Abmachung mit Björck getroffen haben. Sie haben irgendwie zusammengearbeitet.«
Mikael nickte nachdenklich. »Lisbeth meinte, dass ich mich von ihm fernhalten sollte. Dass er böse sei.«
Holger Palmgren sah ihn scharf an.
»Wann hat sie das gesagt?«, wollte er wissen.
Mikael schwieg. Dann lächelte er Palmgren an.
»Noch mehr Geheimnisse. Verdammt! Ich habe Kontakt mit ihr, seit sie auf der Flucht ist. Über meinen Computer. Von ihrer Seite kamen zwar nur kurze, kryptische Mitteilungen, aber sie hat mich die ganze Zeit in die richtige Richtung gelenkt.«
Holger Palmgren seufzte.
»Und das haben Sie natürlich nicht der Polizei erzählt«, sagte er.
»Nein. Natürlich nicht.«
»Offiziell haben Sie es mir auch nicht erzählt. Aber sie kann ziemlich gut mit Computern umgehen, oder?«
Sie ahnen ja nicht, wie gut.
»Ich habe großes Vertrauen in ihre Fähigkeit, immer wieder auf die Füße zu fallen. Sie muss sicher bescheiden
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