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Verdammnis

Verdammnis

Titel: Verdammnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stieg Larsson
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paar äußerst knappe und kryptische Notizen, die absolut nichts mit Mathematik zu tun hatten, trotzdem aber wie eine Formel aussahen.
    Blondie + Magge = NEB.
    Diese Gleichung hatte sie unterstrichen und eingekringelt, aber deswegen blieb sie trotzdem unverständlich. Ganz unten stand die Telefonnummer der Mietwagenfirma Auto-Expert in Eskilstuna.
    Mikael versuchte erst gar nicht, die Notizen zu deuten. Er vermutete, dass sie diese Notizen nur hingeschmiert hatte, während sie über irgendetwas nachdachte.
     
    Mikael Blomkvist drückte seine Zigarette aus, zog die Jacke an, aktivierte die Alarmanlage in der Redaktion und ging zum Terminal am Slussen, wo er den Bus zum Yuppiereservat bei Stäket in Lännersta nahm. Er war zu einem Abendessen bei seiner Schwester Annika eingeladen, die heute ihren 42. Geburtstag feierte.
    Erika Berger begann ihre Ferien mit einem langen, wütenden Dreikilometerlauf, der sie bis zum Dampferanleger in Saltsjöbaden führte. Sie hatte das Fitnessstudio in letzter Zeit vernachlässigt und fühlte sich steif und untrainiert. Ihr Mann hielt zu dieser Zeit einen Vortrag im Museum für Moderne Kunst, würde also nicht vor acht nach Hause kommen. Erika hatte vor, am Abend eine Flasche Wein aufzumachen, die Sauna anzuwerfen und ihren Mann zu verführen. Damit würde sie jedenfalls kurzfristig die Gedanken an das Problem verscheuchen, das sie gerade beschäftigte.
    Vor vier Tagen hatte sie sich mit dem geschäftsführenden Direktor eines der größten Medienkonzerne Schwedens zum Mittagessen getroffen. Beim Salat hatte er ihr mit ernster Stimme seine Absicht eröffnet, sie als Chefredakteurin für die größte Tageszeitung des Konzerns anzustellen. In der Führungsetage wurden mehrere Namen diskutiert, und wir sind uns einig, dass Sie ein großer Gewinn für unsere Zeitung wären. Wir wollen Sie und niemand anders. Mit diesem Jobangebot verband sich ein Gehalt, das ihren Verdienst bei Millennium wie einen schlechten Witz aussehen ließ.
    Das Angebot war wie ein Blitz aus heiterem Himmel gekommen. Sie war völlig ratlos. Warum gerade ich?
    Zunächst war er ziemlich vage geblieben, hatte ihr dann jedoch gesagt, dass die Art, wie sie Millennium letztes Jahr aus dem Sumpf gezogen hatte, sehr eindrucksvoll gewesen sei. Außerdem hatte Der Große Drache eine Verjüngungskur dringend nötig. Die Zeitung litt unter ihrer Vergreisung und einer dicken Schicht Patina, was zur Folge hatte, dass man immer weniger jüngere Abonnenten gewinnen konnte. Erika war als provokante Journalistin bekannt. Sie hatte Drive. Eine bekennende Feministin an die Spitze der konservativsten schwedischen Zeitung zu setzen sei zwar ein gewisses Wagnis, räumte er ein, doch diejenigen, deren Stimme wirklich zählte, hielten große Stücke auf sie.
    »Aber ich teile die politische Grundhaltung dieser Zeitung doch gar nicht.«
    »Das spielt keine Rolle. Sie sind auch nicht als ihr Gegner bekannt. Sie sollen als Chefin fungieren - nicht als Politkommissar -, und die Leitartikel schreiben sich ganz von selbst.«
    Er hatte es zwar nicht gesagt, aber es ging auch um ihre Klassenzugehörigkeit. Erika hatte den richtigen Hintergrund, kam aus dem passenden Milieu.
    Sie erklärte, dass sie sich von seinem Vorschlag sehr geehrt fühle, ihm aber nicht gleich eine Antwort geben könne. Sie müsse die Sache gründlich durchdenken, und man einigte sich darauf, dass sie ihm in der nächsten Zeit Bescheid geben würde. Der Geschäftsführer fügte noch hinzu, wenn es das Gehalt sei, das sie zögern ließe, so sei das letzte Wort in dieser Angelegenheit sicher noch nicht gesprochen. Außerdem versprach man ihr eine außergewöhnlich hohe Abfindungssumme für den Fall ihres Ausscheidens. Es wird langsam Zeit, an die Altersversorgung zu denken.
    Demnächst wurde sie 45. Sie hatte als Anfängerin und Urlaubsvertretung schwere Zeiten durchgestanden. Sie hatte Millennium gegründet und war Chefredakteurin geworden. Der Augenblick, in dem sie zum Hörer greifen und entweder Ja oder Nein sagen musste, rückte unbarmherzig näher, und sie wusste immer noch nicht, wie ihre Antwort lauten sollte. Im Laufe der letzten Woche hatte sie immer wieder mit Mikael über die Sache sprechen wollen, es aber nicht übers Herz gebracht. Stattdessen spürte sie, dass sie nicht mehr offen zu ihm war, und das verursachte ihr ein schlechtes Gewissen.
    Die Nachteile lagen auf der Hand. Ein Ja würde bedeuten, dass auch ihre Geschäftspartnerschaft mit Mikael ein Ende nahm.

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