Verdammnis
Lundin auftauchen sah. Bevor er sie entdecken konnte, sprang sie kopfüber in die Rhododendronhecken, die sich an der gesamten Hauswand entlangzogen.
Sie hörte Magge Lundins schwere Schritte, ohne ihn zu sehen. Mucksmäuschenstill blieb sie in den Büschen hocken und schmiegte sich an die Hauswand.
Lundin kam an ihrem Versteck vorbei und blieb in einer Entfernung von weniger als fünf Metern von ihr stehen. Dann hörte sie seine Schritte über den Hof verschwinden.
Mikael taten Kiefer und Nacken weh, als er sich mühsam und verwirrt aufrappelte. Er schmeckte das Blut, das aus seiner aufgeschlagenen Lippe quoll. Als er ein paar Schritte zu machen versuchte, geriet er ins Stolpern.
Schließlich hatte er sich wieder die Treppe hinaufgeschleppt und schaute sich um. Er sah den Angreifer in hundert Meter Entfernung die Straße entlanglaufen. Der Mann mit dem Pferdeschwanz blieb stehen, spähte zwischen die Häuser und lief weiter die Straße hinunter. Mikael beobachtete, wie er über die Lundagatan lief und in den Dodge Van stieg, der vor wenigen Minuten vor Lisbeths Haustür weggefahren war. Das Auto verschwand sofort um die Ecke in Richtung Zinkensdamm.
Mikael suchte den oberen Teil der Lundagatan ab, konnte Lisbeth aber nirgendwo entdecken. Er wunderte sich, wie leer so eine Straße in Stockholm an einem Sonntagmorgen um drei doch sein konnte. Nach einer Weile machte er kehrt und ging zurück zu Lisbeths Hauseingang im unteren Teil der Lundagatan. Als er an dem weinroten Honda vorbeikam, trat er auf einen Gegenstand: Lisbeths Schlüsselbund. Er bückte sich, um ihn aufzuheben, und entdeckte dabei ihre Handtasche unter dem Auto.
Eine geraume Weile blieb er dort stehen und wartete, denn er wusste nicht recht, was er unternehmen sollte. Schließlich ging er zur Tür und probierte die Schlüssel der Reihe nach aus. Sie passten nicht.
Lisbeth Salander blieb fünfzehn Minuten in den Büschen und bewegte sich nur, um auf ihre Armbanduhr zu schielen. Um kurz nach drei hörte sie, wie eine Tür geöffnet und wieder geschlossen wurde und jemand zu den Fahrradständern ging.
Als die Geräusche verklungen waren, kam sie auf alle viere und streckte den Kopf aus den Büschen. Sie scannte jeden Winkel auf dem Hof mit ihren Blicken, aber Magge Lundin war nirgends zu sehen. So schlich sie zur Lundagatan zurück, bereit, jederzeit umzudrehen und zu flüchten. Als sie mit den Augen die Straße absuchte, entdeckte sie Mikael vor ihrer Haustür. Er hatte ihre Tasche in der Hand.
Sie blieb unbeweglich hinter einem Laternenpfahl stehen. Als Mikael Blomkvist sich umdrehte, sah er sie nicht.
Er blieb fast dreißig Minuten vor ihrer Haustür stehen. Sie wartete geduldig, bis er aufgab.
Mikael Blomkvist .
Sie konnte beim besten Willen nicht begreifen, wie er einfach so aus dem Nichts auf der Bildfläche erschienen war. Ansonsten ließ der Angriff ja wenig Raum für Interpretationen.
Carl Fucking Magnus Lundin .
Magge Lundin traf sich mit dem blonden Riesen, den sie zusammen mit Nils Bjurman beobachtet hatte.
Nils Fucking Lustmolch Bjurman.
Dieser verfluchte Loser hat irgend so ein verdammtes Alphamännchen angeheuert, um mir wehzutun. Obwohl ich ihm verdammt deutlich gesagt habe, was das für Konsequenzen hat.
Plötzlich fing Lisbeth Salander an, innerlich zu kochen. Sie war so wütend, dass sie Blutgeschmack auf der Zunge hatte. Jetzt würde sie ihn wohl oder übel bestrafen müssen.
Teil III
Absurde Gleichungen
23. März - 2. April
Unwahre Gleichungen, also Gleichungen,
für die es keine Lösung gibt, heißen absurd.
11. Kapitel
Mittwoch, 23. März - Donnerstag, 24. März
Mikael Blomkvist setzte am Rand von Dag Svenssons Manuskript den Rotstift an und machte ein Ausrufezeichen. Er malte einen Kreis darum und schrieb darunter »Fußnote« - hier wollte er also einen Quellennachweis für Dags Behauptung.
Es war Mittwoch, der Abend vor Gründonnerstag, und bei Millennium waren nahezu alle in den Osterferien. Monika Nilsson war ins Ausland gereist, Lottie Karim mit ihrem Mann in die Berge gefahren. Henry Cortez war ins Büro gekommen und hatte ein paar Stunden Telefondienst verrichtet, bis ihn Mikael schließlich nach Hause geschickt hatte. Er selbst würde ja auf jeden Fall noch in der Redaktion bleiben. Henry verschwand mit glücklichem Grinsen und machte sich auf den Weg zu seiner neuesten Freundin.
Dag Svensson war
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