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Verdammt feurig

Verdammt feurig

Titel: Verdammt feurig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Griff und trat einen Schritt nach vorne. Ungläubig schaute ich auf den Bildschirm. Oh nein … das war ich … ich bei meinem Run, und zwar in Großaufnahme … Seit wann konnte Mama einen Laptop bedienen?
    »Warum läuft das?«, fragte ich verwirrt. »Wieso – ich versteh nicht …«
    »Jetzt stell dich nicht dumm! Ich gehe in dein Zimmer, weil ich dir deine Wäsche bringen wollte, sehe, dass der Computer noch an ist, will ihn zuklappen – und dann, dann sehe ich das …« Mama sank schluchzend auf mein Bett. »Du springst von einem Dach! Du läufst über Balkongeländer! Dünne, rutschige …«
    »Sie waren nicht rutschig und ich kann gut balancieren, ich …«
    »Luzie, soll ich dir deine Krankenakte holen? Verteilt auf drei dicke Ordner, drei Ordner, und du bist erst dreizehn!!!«
    »Mama, bitte nicht so laut.« Ich presste mir die Hände auf die Ohren. »Und hör auf zu heulen.«
    »Gott, Kind, willst du dich umbringen? Papa sitzt unten in seinem Keller und ist totenbleich, fast so bleich wie seine – ja, wie seine Kunden! Er hat beinahe geweint, als ich ihm den Film gezeigt habe. Wir dachten immer, du triffst dich mit Seppo und den Jungs und ihr redet und spielt, aber stattdessen – stattdessen machst du so etwas!«
    Im ersten Moment wollte ich ihr sagen, dass ich mich sehr wohl mit den Jungs traf und wir das zusammen machten. Dass Seppo immer dabei war und aufpasste. Dass er mir all das überhaupt beigebracht hatte. Aber auf dem Video war nur ich zu sehen. Nicht die Jungs. Ich konnte sie nicht verraten. Weder Seppo noch Serdan noch Billy. Wir waren ein Team.
    »Es macht mir eben Spaß, Mama. Ich fühl mich gut dabei.«
    »Das ist mir egal!«, heulte sie. Sie sollte sich wirklich mit Leander zusammentun. »Es gibt auch andere Dinge, bei denen man sich gut fühlen kann! Dinge, mit denen man sich nicht umbringt! Hast du dir mal überlegt, wie das für uns wäre, wenn plötzlich die Polizei vor der Tür steht und sagt: Hallo, Frau Morgenroth, wir haben ihre Tochter vor einem Abbruchhaus gefunden. Sie ist vom Dach gestürzt. Was sollten wir dann denken, hm? Was?«
    »Also echt, Mama, bisher lebe ich noch und dabei habe ich mich noch nie schwer verletzt. Na gut, okay, manchmal, aber umgekommen bin ich nicht und … ich will das machen, es gehört zu mir und ich mache es auch weiter.«
    »Nein. Nein, Luzie, das wirst du nicht.« Mama hörte auf zu weinen, erhob sich und putzte sich die Nase, bevor sie mich musterte. Noch nie hatte sie mich so angeschaut, wie sie es nun tat. Eigentlich guckte Mama immer lieb, selbst wenn sie sauer war. Wie ein dicker kuscheliger Teddybär, dem man einfach nicht böse sein konnte. Aber jetzt – jetzt war es anders. Jetzt war gar nichts Liebes mehr in ihrem Gesicht.
    »Du kannst es mir nicht verbieten!«
    »Oh doch, ich bin deine Mutter und hiermit verbiete ich es dir! Für die nächsten zwei Monate hast du Hausarrest und ich werde hier sein und jeden deiner Schritte überwachen, mein Fräulein, jeden einzelnen! Nach der Schule kommst du sofort nach Hause und dann bleibst du hier. Ich habe auch schon deine Lehrer angerufen und ihnen Bescheid gesagt, dass sie auf dich achtgeben sollen.«
    »Das hast du nicht …«, wisperte ich. Was war nur in meine Mutter gefahren? Sie hatte mich immer machen lassen, was ich wollte, und mir vertraut. Nie hatte sie mich kontrolliert. »Wie kannst du so etwas tun? Das ist peinlich!«
    »Ich muss es, Luzie. Du hast mich angelogen. Jede Geschichte von jedem deiner Unfälle war erlogen. Ich kann dir nicht mehr vertrauen. Ich bringe dir das Abendbrot in dein Zimmer. Ich will dich heute nicht mehr sehen.«
    »Ich will dich auch nicht mehr sehen!«, schrie ich, nachdem sie die Tür zugeknallt hatte, und hörte, wie sie draußen von Neuem zu schluchzen begann. »Und dein Geflenne kann ich nicht mehr hören. – Du findest das bestimmt lustig, oder?«, zischte ich und warf einen Blick zu Vitus. Geblendet taumelte ich zurück. Er hatte seine Augen geöffnet! Nein, es waren keine Augen, es war ein schlohweißes, schillerndes Licht, wie zwei gleißende Seen, ohne Pupille, ohne Iris, ohne eine einzige Kontur. Schon schlossen sich seine Lider wieder und er verharrte bewegungslos.
    Hatte er mich eben etwa gehört? Was hatte das zu bedeuten? Hatte er mich tatsächlich angeblickt? Und vor allem: War er derjenige gewesen, der das Video geöffnet hatte? Ich zermarterte mir den Kopf, doch ich konnte mich nicht daran erinnern, dass ich es mir heute schon angesehen

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