Verdammt, wo ist der Braeutigam
Zeit für sie haben, schließlich ist sie nun verheiratet. Sicher, das Ausmaß dieser Veränderung ist individuell verschieden. Tatsache ist: Es gibt Frauen, die gehen so sehr in ihrer Ehe auf, dass sie nur noch in »Wir«-Form sprechen.
Auf eine Frage wie »Hast du Lust, dass wir am Samstag mal wieder zusammen ausgehen?«, die doch unmissverständlich an eine Einzelperson gerichtet ist, antworten sie: »Da wollen wir mal wieder zu Hause bleiben.« Hat (beziehungsweise: haben) sie Zeit, kommen die frisch Vermählten natürlich beide. Es gibt sie nur im Doppelpack. Beide oder keiner. Bei manchen Paaren geht die Assimilation so weit, dass sie selbst ihre E-Mails grundsätzlich zusammen unterschreiben – was bei ihren Korrespondenzpartnern quälende Verwirrung auslösen kann: Mit wem haben sie es zu tun? Mit ihr? Mit ihm? Schreiben beide zusammen mit dem Zwanzigfingersystem?
Wie sehr Mann und Frau dazu tendieren, miteinander zu verschmelzen, lässt sich gut am Nachnamen erkennen. Früher war das noch nicht so und die Sache einfach. Der Nachname des Mannes wurde mit der Heirat zum Familiennamen.
In den vergangenen Jahren gab es aber mehrere Änderungen des Namensrechts. Die aktuell gültigen Möglichkeiten lassen sich am besten an einem Beispiel erläutern. Nehmen wir an, Frau Zettel und Herr Schmidt heiraten. Sie können nun beide Herr und Frau Zettel heißen. Will Herr Schmidt jedoch auf seinen Namen nicht verzichten, darf er ihn anhängen und sich Herr Zettel-Schmidt nennen. Frau Zettel darf das aber nicht, weil Doppelnamen nur für einen Ehepartner möglich sind. Sie könnten allerdings das Namensrecht austricksen, indem sie beide ihren alten Namen behalten. Dann heißen sie zwar weiterhin Frau Zettel und Herr Schmidt, mit Sicherheit werden aber alle von den »Zettel-Schmidts« sprechen. Schwierig wird es, wenn sich beide scheiden lassen und Herr Zettel-Schmidt wieder neu heiraten möchte, etwa Frau Maier-Weck. Diese zwei dürfen sich jetzt nämlich nicht Herr und Frau Zettel-Schmidt-Maier-Weck nennen. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Heißt Frau Maier-Weck schon von Geburt an so (weil ihre Eltern zu einer Zeit geheiratet haben, als das Namensrecht noch Doppelnamen für die ganze Familie erlaubte), dann darf Herr Zettel auch Maier-Weck-Zettel heißen. Kapiert? Ist doch ganz einfach und alles wunderbar geregelt.
Allerdings muss man darum wissen, ansonsten drohen krisenhafte Situationen, so wie bei meiner Bekannten Mona. »Ich heiße Merz!«, rief sie empört, als der Standesbeamte ihr den Nachnamen ihres Mannes Tobias Müller verpassen und aus ihr eine Mona Müller machen wollte. Die Brautleute hatten es versäumt, sich vorher über den Namen abzusprechen.
Unter den Anwesenden brach beunruhigtes Gemurmel aus. Der Standesbeamte kratzte sich verlegen am Kopf. Tobias wurde nervös.
»Ich möchte meinen Namen lieber behalten«, sagte Mona.
»Aber Müller ist doch auch ein schöner Name.« So schnell war Tobias nicht bereit, aufzugeben, vorsichtshalber nahm er jedoch ihre Hand, als fürchte er, sie könne den Rückzug antreten.
»Ich weiß nicht …«, sagte Mona und zog ihre Hand zurück.
»Selbstverständlich können Sie Ihren Namen behalten«, schaltete sich der Beamte ein. »Sie können aber auch den Namen Ihres Mannes hinzunehmen.«
Mona nickte tapfer, und der Standesbeamte brachte die Zeremonie zügig zu Ende. Sie heißt nun Müller-Merz und ist eine Ausnahme. Tatsächlich entscheiden sich die meisten Paare wie früher für den Nachnamen des Mannes und heißen beide eben Schmidt, um bei unserem Beispiel zu bleiben.
Das ist so schlicht wie langweilig und wahrscheinlich der Grund, warum die Doppelvornamen neuerdings so beliebt sind. Kinder heißen heute Lea-Sophie oder Finn-Luca. Das bedeutet aber auch: Verliebt sich Finn-Luca Zettel einmal in Lea-Sophie Maier-Weck, könnte er einst also Finn-Luca Maier-Weck-Zettel heißen.
Das sind ganz schön lange Namen und wenn das so weitergeht, womöglich die Ursache für eine neue Änderung des Namensrechts. Wie wäre es mit folgendem Reformvorschlag: Brautpaare dürfen sich zusammen einen ganz neuen gemeinsamen Nachnamen aussuchen, so, wie das heute schon bei Künstlernamen der Fall ist, ihre jeweils alten aber behalten. Der Vorteil: Aus bindungstheoretischer Sicht ein Geniestreich, die kreative gemeinsame Namensfindung würde das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken und wäre eine tolle Übung im Finden von Kompromissen – und das schon vor der Ehe. Der Nachteil:
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