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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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erhalten. Er lud mich in sein Büro ein und zeigte sie mir. Alle drei Briefe waren unterzeichnet mit F. Reimers, als Absender war Brauerstraße, Potsdam, angegeben. Ich habe sie mit seiner Einwilligung mitgenommen. Übrigens sagte er mir, er empfinde diese Schreiben als Frechheit. Er fühle sich als Brite, sei mit einer Engländerin verheiratet und habe zwei Kinder mit ihr. Nie im Leben würde er auch nur im Traum daran denken, etwas gegen Britannien zu unternehmen, das längst seine Heimat geworden ist.« Clarke lehnt sich zurück und sagt: » Das ist alles.«
    Melville meldet sich zu Wort: » Wir wissen jetzt, wer sich hinter dem Absender des Briefes, F. Reimers in Potsdam, verbirgt. Ein Deutscher namens Gustav Steinhauer.«
    » Wie haben Sie das herausgefunden?«, will Clarke wissen.
    » Über die Handschrift«, erwidert Melville, » die kam mir bekannt vor. Steinhauer war früher bei der Marine und wurde dann Kriminalbeamter. Als ich noch bei der Special Branch war, habe ich mehrmals mit ihm zusammengearbeitet. Er begleitete nämlich Kaiser Wilhelm als Leibwächter auf dessen Englandbesuchen. Spricht gut Englisch mit amerikanischem Akzent.«
    Kell erläutert: » Steinhauer war eine Zeitlang in den USA . Hatte in Milwaukee ein kleines Tabakwarengeschäft und hat dann als Detektiv für die Pinkerton-Agentur gearbeitet. Anschließend war er in Berlin bei der Kriminalpolizei und hat sich dort einen Namen gemacht.«
    » Fähiger Mann«, brummt Melville. » Jetzt hat er also seine Finger im Spionagegeschäft. Wundert mich nicht.«
    Cheltenham, Ladies’ College, 4. September 1911, Montag
    Am Montagnachmittag ist Vivian in Cheltenham angekommen. Sie ist immer noch furchtbar enttäuscht. Warum hat Adrian sich am Sonntag nicht mehr gemeldet? Sie hat sich verzehrt vor Sehnsucht. Hat er ihre Zeichen nicht verstanden? Die ganze Fahrt über hat sie darüber gegrübelt.
    Sie hatte viel Gepäck dabei, das Portemanteau und den anderen großen Koffer, zwei Hutschachteln und das Handköfferchen. Deshalb hat sie sich einen Dienstmann genommen, der alles auf seine Handkarre lud und sie begleitete. Als diesem eine Hutschachtel herunterfiel, hat sie ihn wütend beschimpft und war sich selber ganz fremd. Ihr Boarding House, Sidney Lodge genannt, liegt nicht weit vom Bahnhof an der Western Road. Als sie dort ankamen, gab sie dem Dienstmann ein gutes Trinkgeld, weil sie sich schämte, ihn so angefahren zu haben.
    Ausgerechnet am Tag zuvor hatte sie ihre Tage bekommen. Ihre schlechte Laune konnte selbst ihre Collegefreundin Christabel nicht aufheitern. Und auch der Mal- und Zeichenunterricht machte ihr keinen rechten Spaß. Die ersten Tage im College vergingen zäh und langsam.
    Jetzt geht es ihr besser. Nachmittags hat sie sogar ein paar Runden Tennis gespielt und fühlt sich sogar regelrecht aufgekratzt.
    Abends im Bett kann sie lange nicht einschlafen. Sie denkt über Adrian nach. Im Halbschlaf läßt sie ihrer Phantasie freien Lauf und träumt, wie er sie nach Italien entführt und sie dort in wilder Ehe leben. Ohne das ganze bürgerliche Getue. Ohne College. Ohne Marine. In einem alten Bauernhäuschen nahe am Meer. Noch nie war sie dort, dabei soll es am Mittelmeer so schön sein. Venedig! Rom! Florenz! Was für herrliche Städte müssen das sein! Und was für Motive! Sie kennt ja nur Bilder. Römische Ruinen mit umgestürzten Säulen und Statuen, malerische Szenen mit Landarbeitern und Eselskarren. Lauschige Olivenhaine. Sanfte Hügel, von der Sonne Italiens vergoldet, getupft mit dunklen Pinien und Zypressen. Ach, wäre das schön, sie würde sofort anfangen zu malen! Eine Staffelei, Leinwand, Pinsel und Ölfarben, und hinaus in die Landschaft.
    Zum Teufel mit der Kunstschule! Sie wird sich das Malen selbst beibringen, unbeeinflußt von würdigen Professoren, vom flüchtigen Zeitgeschmack, von moralischen Zwängen. Sie denkt an ihre heimlichen Skizzen, erotische Szenen in romantischer Umgebung, abends im Lampenlicht flüchtig aufs Papier geworfen, die sie oft in ihre Träume begleitet haben.
    Leider hat sie die meisten davon zerrissen und weggeworfen, aus Angst, Vater könnte sie finden. Aber die schönsten hat sie aufgehoben und in einem Kuvert versteckt.
    Italien! Romantische Abende mit Adrian im Mondschein. Sie würden am Strand sitzen, Wein trinken und dem Plätschern der Wellen lauschen. Sich über Kunst unterhalten. Sie seufzt. Er macht ihr nicht den Eindruck, sich dafür zu interessieren. Kein Wunder bei einem Offizier. Ob

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