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Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition)

Titel: Verdammte Deutsche!: Spionageroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Seyfried
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schönstes Sommerwetter. Wenn es nur nicht so heiß wäre.
    Gerade noch rechtzeitig bemerkt er, daß die beiden aufgestanden sind und in Richtung Waterloo Bridge gehen. Vor dem Savoy Hotel trennen sie sich nach einer kurzen Umarmung, die Rothaarige biegt in die Carting Lane ein, während Vivian umkehrt und anscheinend wieder nach Hause will. Er schwankt einen Augenblick, ober er ihr folgen soll oder ihrer Freundin, um herauszubekommen, wo sie wohnt und wie sie heißt. Sein Pflichtgefühl siegt, und er folgt Vivian zurück zum Cecil Court. Auf dem Weg nimmt er sich vor, diesen Abstecher zu verschweigen, denn er möchte nicht, daß Melville den jungen Frauen, besonders der schönen Rothaarigen, zu nahe kommt.
    Weil er den Laden alleine beobachten muß, trinkt er noch, so schnell es geht, ein Glas Porter im Salisbury, ißt einen Bratfisch dazu, benützt dann die Toilette und kehrt zum Kamerageschäft zurück. Er bleibt dort eine halbe Stunde bis sechs Uhr. Dann sieht er zu, wie Peterman die Tafel vor dem Schaufenster hereinholt und seinen Laden von innen abschließt. Jetzt kann er nach Hause gehen. Das Bureau braucht er nicht aufzusuchen, solange es nichts Wichtiges zu berichten gibt. Er wünscht dem Ladeninhaber einen guten Abend und macht sich auf zur Tube Station am Leicester Square, um mit der Central Line nach South Kentish Town zu fahren, wo er seine winzige Junggesellenwohnung hat. Die Hitze hat ein wenig nachgelassen, merkt er. Ein leichter, aber kühlender Wind weht von Nordosten her.
    London, Secret Service Bureau, 18. August 1911, Freitag
    Besprechung in Kells Büro. Anwesend sind, außer ihm, der Captain, Clarke und Melville. Wieder sind die Fenster weit geöffnet. Kell unterrichtet sie, daß gestern in Portsmouth ein Deutscher namens Dr. Max Schultz unter dem Verdacht der Spionage verhaftet worden sei. Dieser habe dort auf einem Hausboot gewohnt, komplett mit deutscher Flagge, und habe wilde Partys gegeben, auf denen er versucht habe, seine Gäste über die Navy auszuhorchen. Nachdem er bei Schießübungen versehentlich seine Haushälterin angeschossen und Kell davon gehört habe, habe er ihn über den lokalen Anwalt Hugh Duff mit Scheininformationen versorgt. Am 17. August hätten dann genug Beweise für einen Haftbefehl vorgelegen.
    Drummond fühlt sich an den Fall Helm erinnert. Wieder so ein Möchtegernspion und offenbar verrückt wie ein Hutmacher. Haben die Deutschen denn keine professionellen Agenten? Leute, die sich tarnen und schweigen können? Dieser Max Schultz kommt ihm vor, als wäre er gerade aus einer von Le Queuxs Phantastereien entsprungen.
    Kell streicht sich mit dem Daumennagel über den Schnurrbart, einmal nach links, einmal nach rechts. Dann sieht er sie alle der Reihe nach an und sagt: » Aber das Beste kommt noch!« Er blickt Clarke an und sagt: » Erzählen Sie!«
    Clarke, der entspannt in seinem Stuhl hängt, die Beine weit von sich gestreckt und einen Arm lässig über der Rückenlehne, setzt sich aufrecht und räuspert sich: » Nun, vor ein paar Tagen war ich mit der Bahn nach Leith unterwegs. Das ist der Hafen von Edinburgh. Dort sollte ich einem Bericht über verdächtige Deutsche nachgehen. Also, ich saß in einem Abteil mit zwei Gentlemen und las, ohne auf ihre Unterhaltung zu achten. Irgendwann fiel das Wort ›Potsdam‹, und ich wurde aufmerksam, natürlich ohne es mir anmerken zu lassen. Der eine erzählte dem anderen, daß er kürzlich einen merkwürdigen Brief aus Deutschland erhalten habe. Der war in Potsdam abgestempelt und fragte an, ob ihm etwas über britische Kriegsvorbereitungen bekannt sei. Als ihn sein Gegenüber fragte, ob er denn den Brief den Behörden übergeben habe, erwiderte der Mann, er habe diese Anfrage für so dumm gehalten, daß er den Brief einfach wegwarf. Allerdings, fügte er hinzu, habe er ihn dann wieder aus dem Papierkorb gefischt, um ihn für alle Fälle zur Hand zu haben. Dann wandten sich die beiden einem anderen Thema zu.«
    Clarke schlägt die Beine übereinander, faltet die Hände übers Knie und fährt fort: » In Leith bin ich dem Empfänger des Briefes nachgegangen. Er ging ins Peacock Hotel in Trinity, und es stellte sich heraus, daß das Hotel ihm gehört. Kurz und gut, der Mann heißt Francis Holstein, in Deutschland geboren und seit dreißig Jahren naturalisierter Brite. Ich sprach ihn an, und er erzählte mir bereitwillig alle Einzelheiten dieser mysteriösen Korrespondenz. Er hatte vorher bereits zweimal solche Anfragen

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