Verdeckt
an, dass er mit dem Kopf gegen das kalte Metall knallte. Durchs Fenster sah er heruntergekommene Schuppen und Zäune, die kaum ein Schaf beeindrucken würden – geschweige denn eine Pferdeherde. Nach Sams herrlicher Ranch wirkte diese Anlage absolut abbruchreif.
Sam öffnete die Klappe der Ladefläche, sah sich um und gab ihm ein Zeichen, dass er aussteigen solle. »Im Augenblick ist niemand in der Nähe. Ich wollte Sie nur am Tor verstecken, falls der gleiche Typ aufmacht, der Sie schon gesehen hat. Allen anderen sage ich, Sie würden mir heute helfen.«
»Warum arbeiten Sie für diese Leute, wenn die Ihnen so zuwider sind?«
Sam hob eine Augenbraue. »Geld stinkt nicht. Und abgesehen davon hat der einzige andere Schmied der Gegend zwei linke Hände. Den Pferden zuliebe kümmere ich mich lieber selbst um ihre Hufe.«
Eine knallharte Geschäftsfrau.
Michael wandte sich zum Haus um. Zu den Häusern. Einige Einzel- und Doppeltrailer standen in einem unregelmäßigen Halbkreis um eine verschneite Fläche voller Kinderspielzeug. »Haben Sie eine Ahnung, wo ich die Frau finde, nach der ich suche?«
Sam kräuselte die Nase. »Sie sagten, sie sei um die sechzig? Wie war ihr Name noch mal?«
»Linda.«
»Linda, Linda«, murmelte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen. »Das könnte die mit dem grauen Zopf sein. Sie ist die Älteste hier und spricht nicht viel. Ich glaube, sie ist seit etwa fünf Jahren bei der Gruppe. Scheint die meiste Zeit in der Küche zu sein oder sich um die Kinder zu kümmern.«
»Sie waren schon mal im Haus … in den Trailern?«
Sam nickte. »Ich hole mir dort immer mein Geld ab. In bar. Und bevor ich überhaupt mit der Arbeit anfange. Jed eine Rechnung zu schicken, wäre sinnlos.« Ihr spitzbübisches Lächeln löste in Michaels Magen ein angenehmes Ziehen aus. »Er erträgt es nicht, dass ich als Witwe nicht am Hungertuch nage. Heiratsanträge kriege ich hier draußen öfter.«
»Und wie finde ich jetzt Linda?«
»Kommen Sie.« Eilig ging sie auf den größten Trailer zu. Michael kannte keine andere Frau, die ununterbrochen so schnell unterwegs war. Sam strahlte eine ungeheure Energie aus, war selbstbewusst, intelligent – und sehr attraktiv.
Er trottete hinter ihr her wie ein Esel hinter einer Karotte.
Sie hatten seit zwei Stunden nichts mehr von Brody gehört.
»Ich dachte, du hättest ihm gesagt, er soll sich stündlich melden.« Mason sah zu, wie sein Partner auf die Tastatur einhackte.Er konnte sich nicht auf die Arbeit konzentrieren, ging nervös im Büro auf und ab und schüttete dabei viel zu viel Kaffee in sich hinein. Er brannte darauf zu erfahren, was die Mutter gesagt hatte. Ihre Antworten bestimmten vielleicht ihre nächsten Schritte.
»Habe ich auch. Bei seinem letzten Anruf sagte er, er hätte eine Möglichkeit gefunden, auf das Gelände zu kommen. Aber der Handyempfang dort draußen sei miserabel. Es kann also eine Weile dauern, bis wir wieder von ihm hören.«
»Scheiße. Wir hätten ihn nicht mit reinziehen sollen. Wenn ihm etwas passiert …« Mason wollte sich lieber nicht ausmalen, was dann los war. Er zog eine Packung Magensäureblocker aus der Schreibtischschublade. Sie war leer. Verdammt.
»Was soll schon passieren?« Ray warf Mason einen verschwommenen Blick aus seinen geröteten Augen zu. »Er ist bloß in der Südostecke des Staates, Mann. Hast du Angst, ihn könnte eine Schlange beißen?«
Mason schwieg. Er starrte auf sein Diagramm voller sich kreuzender Linien. Er hatte Angst, seinen Job und seine Pension zu verlieren.
»Wow.«
Lacey schaute durch die Windschutzscheibe von Jacks Truck. Etwas so Schönes hatte sie noch nie im Leben gesehen. Als Jack von einer Hütte gesprochen hatte, hatte sie an eine Bretterbude mit Plumpsklo gedacht.
Aber das hier sah aus wie das Feriendomizil eines Millionärs in Aspen. Die riesige »Hütte« war auf drei Seiten von hohen Tannen umgeben, hatte vier Erker und eine umlaufende Veranda. Durch die ganz in Tannengrün und dunklem Holz gehaltene Fassade fügte sie sich harmonisch in die Umgebung ein. Auf dem Dach lag frischer, unberührter Schnee. Das Haus hätte gut auf das Cover des
Sunset
-Magazins gepasst.
»Die Hütte ist wunderschön.« Lacey spürte einen Klumpen im Magen. Aber einen angenehmen. Sie waren meilenweit von jeder anderen menschlichen Behausung entfernt. Der Schnee rieseltesanft, dunkle Wolken kündigten weitere Schneeschauer an. An einem Ort wie diesem hätte sie leben können. Seine
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