Verdeckt
aus dem Loch in der Kriechkellerwand. Der Typ, der sie gefunden hat, steht dort drüben.« Dr. Peres zeigte durch das Plastikfenster des Zeltes auf einen weißhaarigen Mann, der mit zwei Polizisten aus dem Ort sprach. Der Mann drückte einen Dackel mit grauer Schnauze an seine eingefallene Brust. »Er ist mit seinem Hund Gassi gegangen. Dabei fielihm auf, dass ein paar große Betonbrocken aus der Wand gebrochen waren. Der Hund kroch in das Loch und als Opa die Hand hineinsteckte und ihn herausziehen wollte, erlebte er eine Überraschung.«
Dr. Peres zeigte auf die klaffende Lücke in der Kellerwand. »Die Leiche lag vermutlich noch nicht lang dort. Als sie abgelegt wurde, war sie bereits skelettiert.«
»Was soll das heißen?« Laceys Neugier-Ampel schaltete auf Orange. So viel zu ihrer Theorie, dass jemand sich unter dem Gebäude eingeklemmt hatte.
»Ich denke, das Loch wurde erst kürzlich in die Mauer gebrochen und das Skelett dann hineingeschoben. Wir haben es als kleinen Berg von Knochen vorgefunden. Ein verwesender Körper, der nicht bewegt wird, verwandelt sich nicht in so einen Haufen.« Dr. Peres’ Augenbrauen vereinigten sich zu einem schwarzen Schrägstrich. »Knochen werden zwar manchmal von Tieren verstreut, aber die hier sehen aus, als hätte sie jemand aus einem Sack gekippt und in das Loch geschoben.«
»Ein einzelnes Skelett?« Laceys Augen flogen zurück zu dem Schädel. Wie krank musste man sein, um ein Skelett zu verstecken. Wie krank musste man sein, um eines zu
haben
?
Dr. Peres nickte. »Und es scheint weitgehend komplett zu sein. Wir finden so ziemlich alles. Finger- und Zehenglieder, Mittelfußknochen, Wirbel. Aber ich verstehe nicht, warum das Skelett nicht besser versteckt wurde. Dass jemand es findet, lag auf der Hand. Wer es hierher gebracht hat, hat das Loch absichtlich offen gelassen. Die Betonbrocken lagen so herum, dass der nächstbeste Passant darüber stolpern musste.«
»Vielleicht wurde die Person ja gestört, bevor sie fertig war. Todesursache?«
»Kann ich noch nicht sagen«, antwortete Dr. Peres knapp. »Keine offensichtlichen Schläge auf den Schädel und das Zungenbein habe ich noch nicht gefunden. Aber beide Oberschenkelknochen sind an derselben Stelle gebrochen. Die Bruchstellen sehen ähnlich aus wie die Unfallverletzungen, wenn eine Person von einem Wagen gerammt wird.« Dr. Peres legte die Stirn in Falten. »In diesemFall müsste es eine hoch sitzende Stoßstange gewesen sein. Also kein normaler PKW. Vielleicht ein Truck.«
Laceys Oberschenkel fingen an zu kribbeln. »War die Person dabei noch am Leben?«
»Die Brüche sind post mortem verursacht worden. Oder ganz kurz vor dem Tod. Es gibt keinerlei Anzeichen für einen beginnenden Heilungsprozess.« Dr. Peres’ Ton war brüsk, doch sie beugte sich vor und zeigte auf einige keilförmige Bruchstellen an den Oberschenkelknochen.
Laceys Blick sog sich daran fest. Sie stopfte die Fausthandschuhe in ihre Tasche, ging auf die Knie und zog sich mechanisch lilafarbene Gummihandschuhe aus einer Schachtel neben dem Schädel über. Die dünnen Handschuhe fühlten sich an wie eine zweite Haut.
»Jemand hat sie überfahren und die Leiche versteckt«, murmelte Lacey und handelte sich damit einen abfälligen Blick von Dr. Peres ein. Lacey wusste, wie sehr die Frau jede Art von Spekulation über die Todesursache vor Abschluss einer Untersuchung verabscheute. Über Victoria Peres’ Lippen kamen stets nur belegbare Fakten.
Lacey ärgerte sich über sich selbst. Sie stand auf und klopfte sich verlegen die Knie ab. Sie hatte sich zu weit vorgewagt.
Das Wer, Was, Wo, Wann, Warum und Wie rauszukriegen, gehört nicht zu meiner Jobbeschreibung.
Sie war angefordert worden, um sich mit einem winzigen Detail zu befassen – den Zähnen.
Einer der Techniker am Sieb stieß einen Jubelschrei aus und legte eine Kniescheibe zu dem größer werdenden Häufchen winziger Knochen. Dr. Peres nahm sie zwischen die Finger, warf einen kurzen Blick darauf, drehte sie und erklärte sie zu einem Teil der Knochen des linken Beines auf der Plane.
»Sie wirkt so klein.«
Zu klein
. Die Tote sah aus wie ein Kind.
»Sie
ist
klein. So um die eins fünfzig. Aber es handelt sich um eine ausgewachsene Frau. Das sagen mir ihre Hüften und die Wachstumsfugen.« Dr. Peres hob eine schwarze Braue. »Auch die Zähne deuten darauf hin. Aber dafür sind Sie zuständig.«
»Wie es ist, so klein zu sein, kann ich nachfühlen.« Unbewusst verlagerte Lacey ihr
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