Verdeckt
Frauen abgesehen. Auf junge Sportlerinnen. Er hat weder Männer getötet noch die Opfer so gefoltert, wie es jetzt passiert. Die Frauen, die er vor zehn Jahren umgebracht hat, sind sexuell missbraucht worden und hatten Schnittverletzungen.«
Wie bitte? »Was heißt das? Schnittverletzungen?«
Lacey blieb stehen. »Sie waren nicht sehr tief. Es ging wohl vor allem darum, den Opfern Schmerzen zuzufügen und sie gefügig zu machen. Diese Information wurde damals unter Verschluss gehalten. Die Polizei brauchte etwas, womit sie die vielen Spinner aussortieren konnte, die aus sämtlichen Ritzen krochen und die Morde gestanden. Aber DeCosta wusste über die Schnitte Bescheid.« Sie ging wieder auf und ab. »Die Männer jetzt hatten ganz andere Verletzungen. Callahan sagte mir, dass sie mit ihren eigenenGegenständen umgebracht wurden. Der Mörder hat Utensilien benutzt, die dem Opfer wichtig waren oder die es gern benutzte. Der erste Tote war ein Cop und die Tatwerkzeuge waren unter anderem Handschellen und Trentons eigene Waffe. Die beiden anderen wurden mit Golfschlägern und Angelruten umgebracht. Dieser Kerl ist sehr kreativ. Für DeCosta war das Morden damals vor allem ein Nervenkitzel.« Sie atmete tief durch und blieb stehen. Dann sah sie Jack in die Augen. »Okay?«
Sie hatte gerade seine Theorie zerpflückt. Der neue und der alte Killer waren nicht identisch. Aber der neue musste jemand sein, der mit den alten Fällen sehr vertraut war.
»Okay. Aber glaubst du nicht, dass der jetzige Täter eine Verbindung zu DeCosta hatte? Wäre das nicht die einzig mögliche Erklärung für das, was er tut?«
»Vielleicht gehört er zu den Freaks, die Serienmörder geradezu verehren und sich mit ihnen identifizieren. Von solchen Leuten habe ich gelesen. Es gibt Mörder, für die sind ihre Vorbilder wie Götter. Bundy, John Wayne Gacy. Richard Rodriguez. Diese Killer haben eine ansehnliche Fangemeinde. Oder aber DeCosta hatte damals einen Komplizen. Das soll es ja geben. Vielleicht wurde dieser Partner nie gefasst und hat nun beschlossen, wieder aktiv zu werden.«
»Was ist mit dem Mädchen aus Mount Junction? Glaubst du, sie gehört auch zu den Opfern von damals?« Jack hatte Mühe, klar zu denken. Er spürte Laceys Anziehungskraft wie ein elektrisches Knistern. Die Funken, die zwischen ihnen stoben, verbrauchten den gesamten Sauerstoff im Raum. Kein Wunder, das ihm das Atmen schwerfiel.
»Ich weiß es nicht.« Lacey sprach langsam. »Als erfolgreiche Turnerinnen lebten wir ein sehr ungewöhnliches Leben. Wir mussten vorsichtig sein. Ich habe dir ja schon erzählt, dass wir eine Art Promistatus genossen. Wir nahmen andauernd an irgendwelchen Meisterschaften teil und in Mount Junction ist man sehr, sehr stolz auf die College-Turnmannschaft. Unsere Telefonnummern waren geheim. Aber auf der Straße wurden wir ständig von Leuten angesprochen,die uns erkannten. Die Professoren behandelten uns in den Seminaren anders als die anderen Studenten. Wir standen ununterbrochen im Rampenlicht.«
»Aber?« Jacks Augen hingen an Laceys Gesicht. Irgendetwas war ihr gerade eingefallen.
»Ich würde nicht von Stalkern sprechen, aber es kam vor, dass überall, wo wir hinfuhren, immer wieder dieselben Typen auftauchten. Einige Mädchen mussten sogar Männer anzeigen, die sie auf dem Campus verfolgten. Diese Kerle sprachen die Mädchen zwar nicht an, liefen ihnen aber andauernd hinterher. Wenn ich dieselbe Person mal an zu vielen unterschiedlichen Orten gesehen hatte, reichte es schon, dass ich während eines Gesprächs mit einem Professor oder mit jemandem vom College-Sicherheitsdienst demonstrativ auf den Kerl zeigte. Dann merkte er, dass er aufgefallen war, und verzog sich.«
»Und das genügte?« Jack war skeptisch.
»Normalerweise schon.« Laceys Mundwinkel kräuselten sich nach oben. »Suzanne hat die Typen manchmal zum Spaß fotografiert. Sie hat es extra so gemacht, dass sie es mitbekamen. Meist gerieten sie dann in Panik und flüchteten.«
»Glaubst du, sie hat diese Bilder behalten?« Lagen etwa in irgendeiner vergessenen Schuhschachtel die Fotos der Stalker?
Lacey erriet Jacks Gedanken. Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Wir hängten sie immer an die Pinnwand im Trainerbüro, damit alle wussten, wie die Kerle aussahen. Nach einer Weile fielen sie ab und wurden weggeworfen. Es geschah auch weiter nichts. Es wurde niemand deswegen verhaftet. Die Typen waren bloß neugierig.«
»Das muss doch ziemlich beunruhigend gewesen sein.«
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