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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Sachen angezogen hatte, war von Prody in einen Haufen Plastikgliedmaßen verwandelt worden. Einen halben Meter weiter, halb bedeckt von Charlies Strampelanzug, lag der Kopf der Puppe. Plattgequetscht, ein lehmiger Schuhsohlenabdruck wie ein Stempel darüber.
    »Wie geht’s ihr?«, fragte der Kriminaltechniker. »Dem Double, meine ich.«
    Caffery zuckte die Achseln. »Sie hat einen Schock. Ich vermute, sie hat nicht geglaubt, dass es wirklich so kommen würde, wie wir es vorausgesagt haben.«
    »Ich kenne sie. Dienstlich. Sie ist eine gute Polizistin, aber wenn ich gewusst hätte, sie könnte sich freiwillig zu so einem Einsatz melden, hätte ich ihr davon abgeraten. Trotzdem«, gab er widerstrebend zu, »das war schon ein guter Schachzug. Vorauszusehen, wo es passieren würde.«
    »Eher nicht. Ich hatte Glück. Großes Glück. Und ein Glück war es auch, dass jeder seine Rolle gespielt und alles geklappt hat.«
    Erst jetzt wurde Caffery klar, dass sich in diesem unseligen Fall wenigstens ein einziges Mal irgendetwas zu seinen Gunsten gefügt hatte: Schon bevor Clare ins Büro gekommen war und ihnen die Liste der möglichen Opfer Prodys gegeben hatte, hatten Caffery, Turner und Lollapalooza die Namen von drei Leuten notiert, die womöglich als Nächste an die Reihe kämen. Leute, mit denen die Polizei Kontakt aufnahm, um sie zu warnen. Vor deren Häusern den ganzen Vormittag über verdeckte Überwachungen stattfanden. Skye Stephenson, die Favoritin des Teams, war die Einzige, für die sie ein Double einsetzen konnten. Bis heute war Prody ihr niemals persönlich begegnet; er kannte sie nur von einem Foto auf der Website ihrer Sozietät. So hatte das Blatt sich gewendet.
    Caffery beugte sich vor, stützte die Hände auf die Knie und untersuchte den Peilsender, den Q unter Skyes Wagen angebracht hatte für den Fall, dass die vor dem Haus postierten Beobachter Prody aus den Augen verlieren sollten.
    »Was ist?«, fragte der Spurensicherer.
    »Sind das die Geräte, die wir immer benutzen?«
    »Ich denke schon. Warum?«
    Er zuckte ironisch die Achseln. »So eins hat Prody unter den Wagen der Costellos gehängt. Er muss es aus der technischen Abteilung geklaut haben. Ein gerissener Hund.«
    »Kennt sich eben aus.«
    »Kann man sagen.«
    Auf der anderen Seite des Waldes fing ein Hund an zu bellen, so laut, dass man es durch den Hubschrauberlärm hören konnte. Jeder auf dem Gelände unterbrach das, was er gerade tat, und spähte zwischen den Bäumen hindurch. Caffery und Turner wechselten einen Blick. Sie erkannten einen vertrauten Ton in dem Gebell. So kläffte ein Spürhund nur aus einem einzigen Grund. Er hatte gefunden, wonach er suchen sollte. Wortlos drehten die beiden Männer sich um, duckten sich unter dem Flatterband hindurch und liefen mit schnellen Schritten den Weg entlang und auf das Kläffen zu.
    Unterwegs begegneten sie anderen Gestalten in Uniform, die zwischen den Bäumen auftauchten und allesamt in dieselbe Richtung strebten. Caffery und Turner kamen durch einen stillen Kiefernwald. Das Knattern des Hubschrauberrotors wurde immer lauter. Und da war noch ein Geräusch – eine dröhnende Lautsprecherstimme. Caffery begann zu rennen. Spurtete über eine von gefällten Birken übersäte Lichtung und einen kleinen Hang hinauf. Seine Hose war jetzt schmutzig von Erde und Laub. Er kam auf eine gerodete Schneise und blieb stehen. Ein großer Mann in Schutzkleidung kam mit hochgeklapptem Helmvisier auf sie zu und hob den Arm, um sie zu stoppen. »Inspector Caffery? Der Ermittlungsleiter?«
    »Ja?« Caffery zückte seinen Dienstausweis. »Was ist los? Hört sich an, als hätten die Hunde da drüben was gefunden.«
    »Ich bin heute der Bronze Commander.« Er streckte die Hand aus. »Schön, Sie kennenzulernen.«
    Caffery atmete tief ein. Er zwang sich, den Ausweis wieder einzustecken und die Hand ruhig zu schütteln. »Ja. Freut mich ebenfalls. Was ist hier los? Haben die Hunde ihn?«
    »Ja. Aber es bringt uns nicht viel.« Schweißperlen standen dem Mann auf der Stirn. Bei einer solchen Übung würden seine Vorgesetzten, der Silver und der Gold Commander, im Präsidium sitzen und die Operation vom sicheren Sessel aus organisieren, während der Bronze Commander, dieser arme Hund, als taktischer Einsatzleiter am unteren Ende der Hackordnung stand. Als Mann vor Ort hatte er die Befehle von Silver und Gold entgegenzunehmen und umzusetzen. An seiner Stelle hätte Caffery auch geschwitzt. »Wir wissen, wo er sich

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