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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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befindet, aber wir haben noch keine Festnahme erreichen können. Ist keine gute Stelle, ganz und gar nicht. Hier gibt’s überall Luftschächte. Sie belüften den Sapperton-Tunnel.«
    »Ich weiß.«
    »Na ja, er hat ein Kletterseil in einen davon gehängt. Ist da unten drin verschwunden wie ein gottverdammtes Karnickel.«
    Caffery ließ alle Luft aus seiner Lunge entweichen. Flea hatte recht gehabt. Die ganze Zeit über. Und plötzlich konnte er sie fühlen. Es war, als vernähme er einen Schrei in der Dunkelheit. Etwas weckte seinen Instinkt. Als befände sie sich ganz in der Nähe. Sein Blick wanderte über die Bäume ringsum. Von dem jungen Corporal, der sich ihr Haus vornehmen sollte, hatte er noch nichts gehört. Flea war ganz sicher irgendwo hier.
    »Sir?«
    Er drehte sich um, und als hätte die Kraft seiner Sorge um Flea ihn herbeigezaubert, stand Wellard vor ihm, ebenfalls in dunkelblauer Cargohose und mit offenem Helmvisier. Er keuchte, und sein Atem bildete weiße Wölkchen in der kalten Luft. Er hatte bläuliche Ringe unter den Augen. Caffery sah seiner Miene an, dass er die gleichen Gedanken hatte wie er. »Sie haben noch nichts von ihr gehört?«
    Caffery schüttelte den Kopf. »Sie?«
    »Nein.«
    »Und was sollen wir davon halten?«
    »Keine Ahnung.« Wellard legte einen Finger an seine Kehle und schluckte. »Aber, äh, ich weiß Bescheid über den Tunnel. Da kenn ich mich aus. Ich war schon unten. Ich hab die Pläne. Der Schacht, in dem er verschwunden ist, liegt zwischen zwei Einbrüchen. Er sitzt da unten wie eine Ratte in der Falle. Echt. Da gibt’s keinen Weg nach draußen.«
    Erwartungsvoll wandten sie sich an den Bronze Commander. Der nahm den Helm ab und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn.
    »Ich bin nicht sicher. Er reagiert nicht auf unsere Aufforderungen.«
    Caffery lachte. »Wie denn? Einer brüllt mit dem Megafon zu ihm runter? Natürlich reagiert er nicht.«
    »Am besten stellen wir zuerst die Kommunikation mit ihm her und ziehen dann einen Verhandlungsspezialisten hinzu. Seine Frau ist unterwegs, stimmt’s?«
    »Scheiß auf den Verhandlungsspezialisten. Schaffen Sie sofort ein Seilzugangsteam her.«
    »Das kann ich nicht. So einfach geht das nicht. Wir brauchen eine Risikobewertung.«
    »Risikobewertung? Fuck , tun Sie mir einen Gefallen. Der Verdächtige kennt die Gegend hier – wir vermuten, dass er eins der Opfer hergebracht hat. Es könnte noch am Leben sein. Sagen Sie das Ihrem Silver und Gold Commander. Benutzen Sie die Worte ›ernste und unmittelbare Gefahr‹. Die werden’s schon kapieren.«
    Er schob sich an dem Commander vorbei und ging weiter den Weg entlang. Seine Schuhe schmatzten im Schlamm und zerbrachen das Eis auf den Pfützen. Er war ein paar Schritte weit gekommen, als ein Dröhnen, lauter als Hubschrauber, Hunde und Megafon zusammengenommen, unter seinen Fußen heraufdrang. Die Erde schien zu beben. Die Schockwelle ließ die kahlen Zweige erzittern, und ein paar trockene Blätter wehten herab. Ein Krähenschwarm flatterte krächzend auf.
    In der Stille, die darauf folgte, standen die drei Männer reglos vor dem Luftschacht. Ein paar Augenblicke später fingen die Hunde unter den Bäumen an zu heulen, schrill und voller Angst.
    » Fuck , was war denn das?« Caffery drehte sich um und starrte Wellard und den Commander an. »Was war das?«

76
    J anice stellte den Motor des Audi ab und ließ den Blick über das Gewimmel auf dem Parkplatz des Pubs wandern. Er war voll von Einsatzwagen und Fahrzeugen der Spezialeinheiten. Überall befanden sich Leute; sie gingen mit grimmigen Gesichtern umher, und ihr Atem dampfte in der kalten Luft. Irgendwo über dem Wald dröhnte ein Hubschrauber.
    »Das Team will sicher, dass wir hierbleiben.« Nick spähte durch die Frontscheibe zu einem Weg hinüber, der im Wald verschwand. »Sie werden nicht wollen, dass wir noch näher herankommen.«
    »Das werden sie nicht wollen?« Janice zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und steckte ihn ein. »Aha.«
    »Janice«, sagte Nick warnend, »ich muss Sie daran hindern, das zu tun. Man wird Sie festnehmen.«
    »Nick«, sagte Janice geduldig, »Sie sind ein wundervoller Mensch, wirklich, aber in diesem Fall haben Sie keine Ahnung. Was immer Sie in Ihrer Ausbildung gelernt haben, Sie haben keinen blassen Schimmer. Können Sie auch nicht haben, bis es Ihnen passiert. Also« – sie sah ihr mit hochgezogenen Brauen fest in die Augen –, »werden Sie uns helfen, oder sind

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