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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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zum Landstreicher, der scheinbar ziel- und richtungslos umherzog und trotzdem immer einen geeigneten Lagerplatz zum Schlafen fand. Jeder folgte bis zu einem gewissen Grad einem Muster. Dieses Muster mochte sogar für den Betreffenden selbst nicht erkennbar sein, aber es existierte trotzdem. Nach und nach erkannte Caffery das Muster des Walking Man, die Orte, an denen er haltmachte, die Stellen, an denen er Krokusse pflanzte. Und der Entführer? Caffery stellte den Motor ab, öffnete die Tür und betrachtete die Polizeiwagen – den Van der Spurensicherung und die vier Sprinter, die den Sucheinheiten gehörten. Ja, auch der Entführer folgte bestimmten Mustern. Und sie würden erkennbar werden mit der Zeit.
    »Sir?« Der polizeiliche Fahndungsberater, ein kleiner Mann mit einer adretten John-Lennon-Brille, tauchte neben dem Wagen auf. »Können wir kurz?«
    Caffery folgte ihm über den Parkplatz und durch einen niedrigen Steinbogen in einen Raum, den der Wirt der Polizei zur Verfügung gestellt hatte. Es war das Spielzimmer und roch nach abgestandenem Bier und Putzmittel. Den Billardtisch hatte man zur Seite geschoben und durch eine Reihe von Stühlen ersetzt, und das Dartboard war unsichtbar hinter einem Flipchartständer mit einer Reihe von Fotos.
    »Lagebesprechung ist in zehn Minuten – und das wird ein Albtraum werden. Der Bereich, der nach der Erdprobenuntersuchung infrage kommt, ist riesig.«
    Den Wagen der Bradleys hatte man mit allen bekannten Mitteln der Kriminaltechnik untersucht. Es gab Anzeichen für einen Kampf auf dem Rücksitz: Das Polster war aufgerissen, und an einer Fensterdichtung hingen ein paar von Marthas hellblonden Haaren. Aber alle Fingerabdrücke im Wagen stammten von der Familie Bradley. Natürlich – die Latexhandschuhe. Kein Blut, kein Sperma. Aber im Profil der Reifen wurde Erde sichergestellt, und ein Experte hatte die Proben während der Nacht analysiert. Unter Berücksichtigung der Meilen, die nach Schätzung der Bradleys auf dem Tacho dazugekommen waren, gab es für ihn nur eine Gegend, wo der Wagen eine so einzigartige Bodensignatur aufgelesen haben konnte: Bevor der Entführer den Yaris hier abgestellt hatte, musste er draußen in den Cotswolds gewesen sein, irgendwo in einem Radius von zehn Kilometern um das Pub. Nach den Fahrzeugen auf dem Parkplatz zu urteilen, war eine Polizeiarmada in die Gegend ausgeschwärmt.
    »Wir wussten, dass es sich um ein weiträumiges Gebiet handeln würde«, sagte Caffery. »Der Erdprobenexperte hatte nicht viel Zeit – wir haben ihn dafür bezahlt, dass er die ganze Nacht aufgeblieben ist.«
    »In dem Bereich, den er mir genannt hat, habe ich ungefähr hundertfünfzig Gebäude identifiziert, die durchsucht werden müssten.«
    »Scheiße. Um das ordentlich zu machen, brauchen wir ungefähr sechs Einheiten.«
    »Gloucestershire hat uns Personal angeboten. Wir befinden uns auf ihrem Gelände.«
    »Eine zwischenbehördliche Operation? Ich weiß nicht mal, wie so was geht. Das ist ein logistischer Albtraum. Wir müssen die Sache eingrenzen.«
    »Sie ist bereits eingegrenzt. Bei den hundertfünfzig Gebäuden handelt es sich nur um solche, in denen man ein Auto unterstellen kann. Rund dreißig Prozent davon sind Garagen, überwiegend von Privathäusern, was also kein Problem darstellt. Aber bei anderen müssen Sie im Grundbuch nachschlagen, um wenigstens den Eigentümer zu ermitteln. Und wir befinden uns in den Cotswolds, in einer schönen Gegend. Die Hälfte der Häuser sind Zweitwohnsitze: Russen, die in London ihren kriminellen Geschäften nachgehen, möchten gern ein Haus in der Nachbarschaft von Prinz Charles besitzen, aber sie machen sich nie die Mühe, auch mal herzukommen. Entweder gehören die Häuser abwesenden reichen Säcken oder sturköpfigen Bauern mit einläufigen Schrotflinten.« Er tippte sich an den Hinterkopf. »Die jagen Ihnen eine Ladung in den Schädel, während Sie weglaufen. Willkommen in der ländlichen Idylle. Aber um auch mal was Positives zu sagen: Gestern hat es geregnet. Das perfekte Wetter. Wenn er draußen geparkt hat, werden die Spuren noch sichtbar sein.«
    Caffery ging zu dem Ständer und sah sich die Fotos an. Eine Serie von Reifenspuren. Aufgenommen in der vergangenen Nacht mithilfe von Reifenabgüssen des Yaris.
    »Da war noch etwas in den Erdproben, hab ich gehört. Holzsplitter?«
    »Ja. Also vielleicht ein Sägewerk. Edelstahlspäne und ein bisschen Titaniumstaub. Das Titanium ist aber so fein, dass man nicht

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