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Verderbnis

Titel: Verderbnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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über Roses Gesicht. »Meinen Sie das ernst? Meinen Sie das wirklich ernst?«
    »Das meine ich wirklich ernst. Tatsächlich …« Er lächelte beruhigend – und dann sagte er einen der dümmsten Sätze seines Lebens. »Tatsächlich freue ich mich auf das Foto, auf dem Martha die Kerzen auf ihrer Torte auspustet. Ich hoffe doch, Sie schicken mir einen Abzug für meine Wand.«

3
    D ie Zementfabrik in den Mendip Hills war seit sechzehn Jahren geschlossen, und die Eigentümer hatten ein Sicherheitstor installiert, um zu verhindern, dass Leute mit ihren Autos hereinkamen und zum Spaß um den überfluteten Steinbruch herumfuhren. Flea Marley ließ ihren Wagen hundert Meter vor dem Tor im Ginstergestrüpp am Wegrand stehen. Sie brach zwei Äste von einem Baum ab und legte sie so hin, dass der Wagen von der Hauptstraße aus nicht zu sehen war. Niemand kam je hier herunter, aber es konnte nicht schaden, vorsichtig zu sein.
    Es war den ganzen Tag über kalt gewesen. Graue Wolken vom Atlantik bedeckten den Himmel. Flea trug einen Parka und eine Strickmütze. Kletterbeutel und Klemmgeräte, Knie- und Ellbogenschützer befanden sich im Rucksack auf ihrem Rücken. Ihre Boreal-Kletterschuhe sahen auf den ersten Blick aus wie Wanderschuhe. Sollte sie jemandem begegnen, wäre sie eine Querfeldeinspaziergängerin.
    Sie zwängte sich durch eine Lücke in der Umzäunung und ging weiter den Pfad entlang. Das Wetter wurde schlechter. Als sie am Rand des Wassers ankam, war es windig geworden. Unter der weißen Wolkendecke jagten kleinere, schwarze Wolken schnell wie Vogelschwärme dahin. An einem solchen Tag würde niemand hier draußen sein. Trotzdem hielt Flea den Kopf gesenkt und ging schnell weiter.
    Die Felswand lag auf der anderen Seite und war vom Steinbruch aus nicht zu sehen. An ihrem Fuß blieb sie stehen und warf noch einmal einen Blick über die Schulter, um sicher zu gehen, dass sie allein war; dann huschte sie um den Felsen herum. Als sie die Stelle gefunden hatte, die sie suchte, warf sie den Rucksack ab und nahm die paar Dinge heraus, die sie brauchte. Jetzt kam es auf Schnelligkeit und Entschlossenheit an. Denk nicht nach, tu’s einfach. Bring es hinter dich.
    Sie rammte das erste Klemmgerät in den Kalkstein. Ihr Vater, seit langem tot, war ein Allroundabenteurer gewesen, ein Held aus Jungenfantasien: Taucher, Höhlenforscher, Kletterer. Die Abenteuerlust hatte auf sie abgefärbt, aber das Klettern war ihr nie zur zweiten Natur geworden. Sie gehörte nicht zu diesen Typen, die Klimmzüge an zwei Fingern machen konnten. Diese Kalksteinwand mit ihren senkrechten und waagerechten Spalten galt als leicht bezwingbar, aber sie fand es verdammt schwer; ständig gerieten ihre Hände an die falschen Stellen, und jetzt waren die Spalten auch noch voll von dem Magnesia, das sie in der Vergangenheit benutzt hatte. Sie musste alle paar Klimmzüge eine Pause einlegen, um das weiße Zeug mit den Fingern aus den Ritzen zu kratzen. Spuren zu hinterlassen war nicht gut. Niemals.
    Flea war klein, aber stark wie ein Äffchen. Wenn man ein Leben führte, in dem man niemals wusste, was hinter der nächsten Ecke lauerte, lohnte es sich, hart zu bleiben, und deshalb trainierte sie jeden Tag. Mindestens zwei Stunden. Laufen, Gewichtheben. Sie war in Bestform. Trotz ihrer miserablen Klettertechnik brauchte sie weniger als zehn Minuten, um den Gipfel der Felswand zu erreichen. Sie atmete nicht einmal schwer, als sie oben ankam.
    In dieser Höhe heulte und blies der Wind so heftig, dass er ihr den Parka an den Körper presste. Das Haar flatterte ihr in die Augen. Sie bohrte die Finger in den Felsspalt, drehte den Kopf und schaute hinunter in das Tal, durch das die Regenschleier wehten. Der größte Teil der Felswand war verborgen, aber dieser kleine Abschnitt nicht; wenn sie wirklich Pech hätte, könnte ein vorbeikommender Autofahrer sie sehen. Aber die Straße war praktisch leer; nur ein oder zwei Autos fuhren mit eingeschalteten Scheinwerfern vorüber. Trotzdem drückte sie sich eng an den Fels, um nicht entdeckt zu werden.
    Sie hakte die Zehen ein, drehte den Oberkörper leicht nach links, bis sie die Stelle gefunden hatte, packte die spärlichen Wurzeln eines Ginsterbuschs mit beiden Händen und zerrte sie auseinander. Einen Augenblick lang zögerte sie und wollte es nicht tun. Dann schob sie das Gesicht hinein. Atmete tief ein. Hielt die Luft an. Schmeckte sie.
    Mit einem rauen Hüsteln atmete sie aus, ließ das Gestrüpp los und wandte

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