Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
Vom Netzwerk:
habe ich einiges gefunden. So zum Beispiel eine Schachtel mit roten Samtkordeln.«
    »Mit roten Samtkordeln? Doch nicht etwa solche, wie sie der Mörder verwendet?«
    »Sie sehen ganz genauso aus, ich habe sie mit den Bildern in einem Magazin verglichen.«
    »Erstaunlich, sehr erstaunlich. Was hast du noch gefunden?«
    »In seinem Schlafzimmer ist eine ganze Wand mit Zeitungsausschnitten über die Prostituiertenmorde behängt. Von der Toten am Strand vom Lido über Angelica und Giuliana bis hin zu Antonella.«
    »Rote Samtkordeln und Zeitungsausschnitte? Das ist wirklich ein ausgesprochen unglückseliges Zusammentreffen.«
    »Es kommt noch schlimmer. In einer Ecke des Wohnzimmers gibt es einen kleinen Altar mit einer Madonnenstatue. Die Kerzen haben noch gebrannt, als ich mir Zugang zur Wohnung verschafft habe. Übrigens bin ich zu Franco gefahren, weil meine Frau von ihm einen völlig verwirrten Anruf erhalten hat. Vor der Madonna lag ein Samtkissen und auf diesem ein Stilett. Es ist blutverschmiert.«
    »Ein Stilett?« Der Principale nahm die Sonnenbrille ab und sah Alberto aufmerksam an.
    »Ja, so ein antiker Dolch mit einem kunstvoll gearbeiteten Griff. Ich habe mich bei unseren Freunden in der Questura erkundigt. Man hat diese Information bewusst nicht an die Presse weitergegeben …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn der Principale, »alle Opfer sind nicht nur stranguliert worden, sondern wiesen im Brustbereich zudem tiefe Stiche eines Stiletts auf.«
    Alberto war es gewohnt, dass der Principale immer außerordentlich gut informiert war, aber jetzt war er aber doch mehr als überrascht.
    Ganz entgegen seinen Gepflogenheiten gab der Principale diesmal die Quelle preis. »Ich hatte gestern zum Mittagessen einen Commissario aus Venedig zu Gast. Zufällig haben wir uns auch über die Ermittlungen im Zusammenhang mit den Prostituiertenmorden unterhalten. Das war sehr aufschlussreich. So weiß ich zum Beispiel auch, wer Antonellas letzter Freier war. Aber das tut jetzt nichts zur Sache.« Der Principale machte eine lange Pause, um dann die Hände zu falten. »Santo Dio! Franco, unser Franco, der Bruder deiner Schwester, mein Angestellter, er ist dieser Verrückte, der unschuldige Frauen umbringt.«
    »Jetzt nicht mehr, er ist tot.«
    »Dem Himmel sei Dank. Wusstest du, dass er verrückt ist, completamente fuori di testa?«
    »Nein, natürlich nicht. Er kam mir allerdings schon immer etwas seltsam vor, aber meine Frau hat ihn in Schutz genommen, er habe eine unglückliche Kindheit gehabt und auch sonst viel Pech im Leben. Deshalb waren wir ja auch froh, dass er für Sie arbeiten durfte. Diese Tätigkeit hat ihm Spaß gemacht, das hat er immer wieder gesagt.«
    Der Principale rieb sich die Augen. Alberto war froh, dass er alles erzählt hatte. Er hatte keine Ahnung, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. Er war sofort nach der schrecklichen Entdeckung zum Principale gefahren. Dieser wusste sicherlich, wie er weiter vorzugehen hatte. Er würde ihm die schwierige Entscheidung abnehmen.
    »Lieber Alberto, ich bin betroffen, sehr betroffen. Franco hat die Mutter Gottes entehrt und Schande über deine Familie gebracht. Wenigstens ist er jetzt tot, er hat sich selbst gerichtet. Gesù mio ti ringrazio, die Morde haben ein Ende. Hast du irgendjemandem ein Sterbenswörtchen erzählt?«
    »Nein, niemandem, noch nicht einmal meiner Frau.«
    »Benissimo, ausgezeichnet.«
    Der Principale klappte die Bügel seiner Sonnenbrille auf und zu. Plötzlich schien es Alberto, als ob der alte Herr lächeln würde. Das Lächeln wuchs sich zu einem trockenen Lachen aus, das schließlich von einem Hustenanfall erstickt wurde.
    »Alberto, mir ist gerade eine Idee gekommen. Ein ausgesprochen reizvoller Gedanke, der nicht nur deine Probleme löst, sondern sozusagen auf überirdische Art und Weise Gerechtigkeit widerfahren lässt.« Der Principale winkte auffordernd mit der Hand. »Vieni qua, Alberto, nimm dir den Hocker, und setz dich zu mir. Und dann hör zu, ich werde dir genau sagen, was zu tun ist. Ascolta bene!«

59
    D er Canale Buranelli führte zu dieser Jahreszeit nur wenig Wasser. Hochsommerliche Hitze lastete über der Altstadt von Treviso. Laura und Mark liefen über eine kleine Brücke zur nahe gelegenen Piazza Rinaldi, wo sie auf der Terrasse eines Cafés einen schattigen Platz fanden. Auf dem Weg zu Lauras Eltern nach Venedig hatten sie, vom Gardasee kommend, einen Abstecher in die kleine Provinzhauptstadt gemacht. Mark

Weitere Kostenlose Bücher