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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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lachen, nicht leise, sondern schallend. Immer lauter wurde sein Lachen. Die Sechs und die Fünf! Er war gerettet! Den Würfeln sei Dank. Er würde leben.
    Zwölf und dreizehn ergibt fünfundzwanzig. Was hatte er doch gleich für diese Zahl vorgesehen? Nach kurzer Konzentration fiel es ihm ein – die Entführung. Richtig, es galt, die Entführung in die Tat umzusetzen. Wahrlich keine einfache Aufgabe. Aber er fühlte sich wie neugeboren, da schreckte ihn diese Herausforderung keine Sekunde. Das Leben ging weiter, und er würde gewinnen!

SECONDA PARTE
    Il dado è tratto
Die Würfel sind gefallen
     
     
     

16
    D er warme Wind fuhr raschelnd durch die Fächer der großen Palme. Am Vormittag noch hatte der kühlere Sòver vom Norden herabgeweht. Mittags war er dann wie üblich eingeschlafen. Und bald darauf hatte die Ora eingesetzt, die umgekehrt vom Süden kommt. Dieser regelmäßige Wechsel der Winde, der auf das Temperaturgefälle zwischen der Wasseroberfläche und den Bergen zurückgeht, funktioniert am Gardasee so zuverlässig, dass man fast die Uhr danach stellen kann – sehr zur Freude der vielen Segler und Surfer.
    Mark, der im Schatten eines großen weißen Marktschirms auf der Terrasse saß, beobachtete eine Eidechse, die über den aufgeheizten Steinboden huschte und in einer Ritze verschwand. Von Ferne war die dumpfe Schiffssirene der Autofähre zu hören, die sich von Toscolano-Maderno kommend Torri del Benaco näherte. Der Ort verweist noch heute auf den antiken Namen des Gardasees, der bei den alten Römern Lacus Benacus hieß. Einer Legende nach hatte einst der Wassergott Benacus eine blauhaarige Nymphe vom Monte Baldo verführt. Und weil diese ihren kleinen Bergsee vermisste, schuf Benacus den Gardasee, den er ihr zum Geschenk machte. Die Nymphe nahm mit ihrem Wassergott sogleich ein Bad, und dabei gaben ihre blauen Haare dem Gardasee seine typische Farbe. Und sie schenkte ihm ein Kind, das sie Garda nannten.
    Mark legte die Beine entspannt auf einen zweiten Gartenstuhl. Er war erst vor einigen Tagen am Gardasee angekommen und noch damit beschäftigt, sich im Haus zurechtzufinden. Sehr viel leichter fiel es ihm, seinen Lebensrhythmus an das
dolce far niente
anzupassen. »The art of doing nothing«, pflegte sein Vater zu sagen. Jedenfalls lag ihm das Nichtstun im Blut. Mark blätterte in einem alten Fotoalbum, das er vorhin bei der Suche nach einem Italienisch-Wörterbuch im Sekretär seiner Großmutter gefunden hatte. Er stieß auf Bilder, die seine Eltern bei der Hochzeit in Brighton zeigten. Seine Mutter strahlte wie ein junges Mädchen bei ihrem ersten Rendezvous. Obwohl sie damals ja schon eine gescheiterte Ehe hinter sich und Rudolf auf die Welt gebracht hatte.
    Mark beugte sich nach vorne und goss aus der Karaffe, die auf dem schmiedeeisernen Tischchen stand, etwas Eistee in ein Glas. Beim Weiterblättern stieß er auf einen kleinen Blondschopf, der wahrscheinlich noch nicht richtig laufen, dafür großartig Purzelbäume schlagen konnte. Mark warf einen Blick zur Wiese vor der Terrasse und spielte kurzfristig mit dem Gedanken, sich erneut in der hohen Kunst des Purzelbaumschlagens zu üben. Aber dazu saß er eigentlich gerade viel zu bequem. Er legte das Fotoalbum zur Seite, nahm einen Schluck Eistee und schloss die Augen. Ihm ging noch einmal das glückliche Hochzeitsbild seiner Eltern durch den Kopf – dann schlief er ein.
     
    Mark versuchte die Fliege zu verscheuchen, die ihn an der Stirn kitzelte.
    »Sind Sie Mark Hamilton?«, hörte er eine Stimme fragen.
    Seit wann konnten Fliegen sprechen? Vorsichtig öffnete Mark ein Auge. Die Fliege offenbarte sich als ein dicker Grashalm, der von einer Hand vor seinem Gesicht hin und her bewegt wurde. Sehr amüsant! Mark schloss das Auge wieder, zufrieden, des Rätsels Lösung gefunden zu haben. So einfach würde er sich in seiner Siesta jedenfalls nicht stören lassen.
    »Ja, wenn ich mich recht erinnere, ist das mein Name«, antwortete er reichlich verzögert und schlaftrunken auf die gestellte Frage. »Und wer sind Sie?«
    »Zanetti, Laura Zanetti!«
    O Gott, schoss es Mark durch den Kopf, so hieß doch die vertrocknete Zwetschge, die in seinem Haus Wohnrecht auf Lebenszeit genoss. Er hatte sich bei seiner Ankunft schon über ihre Abwesenheit gefreut. Dabei war ihm der zugegeben verwerfliche Gedanke gekommen, dass die alte Dame aus Gram über den Tod ihrer Bridgepartnerin möglicherweise verstorben sei. Nun, da hatte er sich offenbar

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