Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)
im Angedenken an seine Großmutter bereits »Casa Ottilia« getauft hatte, parkte in einer Kurve ein Auto. Weder Laura noch Mark bemerkten die beiden Männer, die sehr aufmerksam beobachteten, wie Mark das schmiedeeiserne Tor hinter dem Wagen schloss. Einer der beiden Männer nahm sein Handy und wählte eine Nummer.
»Non è da solo. Laura Zanetti ist bei ihm.«
»D’accordo, non fa niente. La bella mora muss in einigen Tagen nach Verona. Sie hat da eine Reisegruppe zu betreuen. Ihr könnt abbrechen. È tutto a posto. Wir starten die Aktion, sobald unser Freund alleine ist. Habt ihr euch auf dem Grundstück und im Haus umgesehen?«
»Haben wir, ist alles ein Kinderspiel.«
»Benissimo. Buona notte.«
»Ciao.«
17
D ie kleine Gruppe von Gourmets und Weinliebhabern wohnte im Hotel Villa del Quar in Pedemonte nördlich von Verona. Sie hatten die Reise über ein deutsches Feinschmeckermagazin gebucht. Vier Tage genossen sie die kulinarischen Angebote der Region. Dazwischen gab es immer wieder Weindegustationen. Gestern hatten sie im nahe gelegenen Sant’Ambrogio di Valpolicella im rustikalen, aber gleichwohl engagierten und der regionalen Küche verpflichteten Restaurant Groto de Corgnan zu Mittag gegessen. Als Hauptgericht hatte es einen köstlichen Lammrücken in einer Salsa all’Amarone gegeben. Abends war in Verona das elegante Sterne-Restaurant Il Desco auf dem Programm gestanden. Es ist in einem ehemaligen Benediktinerkloster aus dem 17. Jahrhundert untergebracht. Unvergesslich die Hummerkrabben, die
Ravioli di patate
in einer feinen
Cipolla fondente
(Zwiebelfondant) und die zarte
Petto d’anatra
(Entenbrust).
Auf dem Parkplatz vor dem Hotel Villa del Quar, einer Patriziervilla aus der Renaissance, von Steinmauern, eigenen Weinbergen und Feldern umgeben, wartete bereits ein kleiner Bus, der die Gruppe in eine nicht weit entfernte Cantina bringen sollte. Hier stand für heute Abend eine große Degustation der wichtigsten Weinsorten Venetiens auf dem Programm. Das Feinschmeckermagazin hatte einen kompetenten Berater gewonnen, der die einzelnen Weine vorstellen würde – den prominenten Münchner Weinhändler Rudolf Krobat.
Um zwanzig Uhr waren die etwa zwei dutzend Weinliebhaber im alten Kellergewölbe versammelt. Im Hintergrund waren die
Vierjahreszeiten
von Vivaldi zu hören. Große Kerzen warfen ihren Schein auf die gemauerten Steinregale. In der Mitte befanden sich einige schlichte Tische, auf denen eine Unmenge Gläser bereitstanden. Zunächst gab Rudolf Krobat den Gästen einen allgemeinen Überblick über die Weine Venetiens. Er erklärte, dass das Veneto zu den ältesten Weinbauregionen Europas zähle. Dass es schon in prähistorischer Zeit in dieser herrlichen Landschaft zwischen den Dolomiten im Norden und dem Podelta im Süden, zwischen Gardasee und der Adria die Urform der Weinrebe gegeben habe. Der Soave, der Valpolicella und der Bardolino seien ja auch im Ausland bekannt – allerdings nicht immer für ihre gute Qualität. Allzu viel Massenware gebe es hier, beklagte Rudolf Krobat. Was aber kaum überraschend sei, schließlich sei Venetien das größte und bei DOC -Weinen auch ertragreichste Weinanbaugebiet Italiens. Gottlob gebe es im Veneto aber auch eine Vielzahl von Weingütern, die mit großem Ehrgeiz hervorragende Tropfen zu Stande bringen würden.
Rudolf Krobat warf einen Blick auf die leeren Gläser. »Um von der Theorie zur Praxis zu kommen, lassen Sie uns mit einem Prosecco beginnen. Er stammt, wie Sie wissen, bevorzugt von den Weinbergen rund um die Orte Conegliano und Valdobbiàdene nördlich von Treviso. Es gibt ihn als Stillwein, leicht perlend als Frizzante oder als Prosecco spumante mit höherem Alkohol- und Kohlensäuregehalt. Der Spumante kommt durch eine zweite Gärung zu Stande. Ich schätze den Prosecco spumante vor allem als Aperitif, der mit seinem Prickeln und den feinen Aromen die Geschmacksnerven zum Leben erweckt. Bei uns in Deutschland achtet man natürlich meistens darauf, dass der Prosecco möglichst trocken ist. Aber der Name Prosecco hat nun mal nichts mit secco zu tun. Es gibt Kenner, die ihn immer noch in der ursprünglichen, lieblichen Version vorziehen, der amabile-dolce genannt wird.«
Jeder Gast bekam zum Vergleich drei Gläser Prosecco eingegossen, einen Superiore di Cartizze von Zardetto und jeweils einen Prosecco von La Masottina und Adami. Während der Prosecco probiert und verglichen wurde, stellte Rudolf Krobat jedes der drei Weingüter
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