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Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition)

Titel: Verdi hören und sterben: Ein Roman aus Venedig und dem Veneto (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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die über einen betonierten Kanal führte. Der Diramatore Canale Sommacampagna hatte wie immer zu dieser Jahreszeit kein Wasser und war völlig ausgetrocknet. Die Beamten hatten sich hinter Obstbäumen und Büschen versteckt. Die Hubschrauber waren auf einer Wiese bei Valeggio gelandet und warteten auf weitere Anweisungen. Hauptkommissar Wächter lehnte an einem Schild mit der Aufschrift Agriturismo und beobachtete mit einem Nachtsichtgerät der italienischen Polizei die Straße. Nichts rührte sich. Das Signal auf dem Monitor im Einsatzwagen blinkte fortwährend an derselben Stelle. Die Tasche mit dem Lösegeld bewegte sich nicht. Commissario Sanabotti beriet sich flüsternd mit dem Comandante der Antiterroreinheit.
    Eine halbe Stunde später hatte sich noch immer nichts getan. Mit Zustimmung des deutschen Kriminalers verschwanden schließlich einige Nahkampfspezialisten der Antiterroreinheit geräuschlos zwischen den Obstbäumen. Wieder war alles ruhig. Eine Vespa mit zwei Jugendlichen kam vorbei, fuhr aber, ohne zu halten, über die Brücke. Hauptkommissar Wächter wurde immer unruhiger. Die Situation gefiel ihm nicht. Die Entführer hätten sich schon längst des Lösegelds bemächtigen müssen. So viel Zeit lässt keiner verstreichen, wenn es um achteinhalb Millionen Mark geht. Hoffentlich hatte ihnen der massive Polizeieinsatz der italienischen Kollegen keinen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war ja kaum denkbar, dass die Aktion den Entführern verborgen geblieben war. Durch die ständigen Kreisfahrten war ihnen das Fahrzeug von Rudolf Krobat sogar einmal entgegengekommen.
    Hauptkommissar Wächter zuckte zusammen, als neben ihm mit schwarz gerußtem Gesicht ein Antiterrorspezialist auftauchte. Er hatte die braune Tasche in der Hand und stellte sie kommentarlos vor den Beamten auf den Asphalt. Der Reißverschluss war offen. Commissario Sanabotti leuchtete hinein. »È vuota«, stellte er überrascht fest. Dann fischte er einen Zettel aus der Tasche. Hauptkommissar Wächter sah ihm über die Schulter. »Tante grazie e buona notte!«, stand auf dem Blatt Papier.
     
    »Das gibt’s doch einfach nicht«, erregte sich Rudolf Krobat. »So bescheuert kann man doch gar nicht sein. So etwas Dummes hat es nicht mehr gegeben, seit Caligula sein Pferd zum Konsul ernannt hat. Habe ich Sie recht verstanden? Die Tasche ist leer, das Geld ist weg?«
    Wächter bemühte sich ruhig zu bleiben. Er konnte ja verstehen, dass Rudolf Krobat so außer sich war. Bei diesem gewaltigen Aufgebot an Sicherheitskräften und Spezialeinheiten hätte es diesen Misserfolg wirklich nicht geben dürfen. Der Hauptkommissar nahm das Handy in die andere Hand.
    »Ja, so ist es. Das Geld ist weg. Die Jungs waren clever. Offenbar haben zwei Typen direkt unter der Brücke gewartet, das Geld sofort umgepackt, die Tasche mit dem Sender liegen lassen, und dann sind sie mit Mountainbikes durch den Kanal davon.«
    »Mit Mountainbikes? Woher wollen Sie denn das plötzlich so genau wissen?«
    »Weil meine italienischen Kollegen die Räder gefunden haben. Sie lagen in etwa drei Kilometer Entfernung, wo der Kanal wieder eine Straße kreuzt. Dort sind sie sicher in ein Auto umgestiegen. Das Ganze haben die in wenigen Minuten durchgezogen. Der betonierte Kanal ist für Mountainbikes eine perfekte Rennstrecke. Die Jungs haben den Ort für die Lösegeldübergabe genial ausgewählt. Das muss ihnen der Neid lassen. Während wir die Kurve observiert und unseren Ring gezogen haben, waren die schon längst auf und davon. Im tief gelegenen Kanalbett hätten wir sie wohl selbst bei Tageslicht nicht gesehen. Dumm gelaufen!«
    »Dumm? Saudumm! Ich fass es einfach nicht. Die Kohle ist weg, und keine Spur von den Entführern. Und jetzt? Was wird aus Mark?«
    »Nun, die Kidnapper haben, was sie wollten. Also schätze ich, dass sie Mark Hamilton bald freilassen werden.«
    »Ihr Wort in Gottes Ohr!«
    »Das wird so laufen, Sie werden sehen. Kein Grund zur Panik. Und das Lösegeld würde ich auch nicht abschreiben. Das Spiel ist noch nicht zu Ende. Sobald ihr Bruder auf freiem Fuß ist, kann die italienische Polizei voll aufdrehen. Die haben auch ihren Stolz, das können Sie mir glauben. Das gefällt denen überhaupt nicht, dass sie vor den Augen deutscher Beamten und eines englischen Kollegen an der Nase herumgeführt wurden.« Hauptkommissar Wächter machte eine kurze Pause. »Wo sind Sie eigentlich?«
    »Zwischen Villafranca und Isola, auf so einer Art Parkplatz. Ich habe

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