Vereint
konnte der es nicht sein. Als ich die Tür aufmachte und Nan davorstand, war mein erster Gedanke, wieso ich, verflixt noch mal, nicht erst durch den Türspion geschaut hatte. Mein Herzschlag beschleunigte sich, und ich verfluchte mich im Stillen, dass ich mein Handy oben liegen gelassen hatte.
»Ist Rush da?«, fragte sie herrisch. Innerlich fuhr ich zusammen. Nein, das war er nicht, und ich wusste nicht, ob ich sie hereinlassen sollte. Aber wie konnte ich es ihr verwehren? Sie war Rushs Schwester!
»Der ist vor ein paar Stunden mit Grant losgezogen. Das hat irgendwas mit Woods zu tun.« Ich redete zu viel. Eigentlich ging sie das überhaupt nichts an.
»Lässt du mich denn nun rein? Oder soll ich später zurückkommen?« Man hörte heraus, wie sehr es ihr stank, dass ich entscheiden konnte, sie hereinzulassen oder auch nicht, weil das Haus jetzt auch mir gehörte. Tja, und am liebsten hätte ich die Tür auch wirklich wieder zugeknallt, doch Rush würde sie sehen wollen. Das hatte er gerade erst ein paar Abende zuvor erwähnt. Er hatte sich gefragt, was sie wohl jetzt so machte, und hatte mir erzählt, seiner Mutter zufolge sei Nan nun aus der Klinik entlassen, und es ginge ihr besser.
Auch wenn mein Bauchgefühl mir anderes sagte, trat ich zurück, damit sie hereinkommen konnte. »Komm rein«, sagte ich. Dabei fand ich den Gedanken schrecklich, mit ihr allein zu sein. Meine Waffe befand sich im Auto, auch wenn ich nicht wirklich glaubte, sie brauchen zu müssen. So gefährlich war Nan nun auch wieder nicht … dachte ich zumindest.
»Na, und wie fühlst du dich nun als Mrs Finlay?«, fragte sie in einem Ton, der klarstellte, dass sie darüber nicht glücklich und die Frage nicht freundlich gedacht war.
»Wunderbar. Ich liebe deinen Bruder!«, erwiderte ich.
»Mich kannst du nicht belügen. Mit deiner Unschuldsmiene legst du mich nicht rein! Du hast dich doch absichtlich schwängern lassen, damit du ihn dir angeln kannst! Sein Kind würde er nicht ignorieren. Das ist dir klar geworden, und du hast es ausgenutzt. Ich hoffe nur, das Kind ist überhaupt seines!« Der Hass in ihrer Stimme ließ mich zusammenzucken.
Ich wollte unbedingt Rush anrufen und ihn bitten, so schnell wie möglich heimzukommen. Ich wollte mich nicht mit Nan unterhalten. Nicht, wenn daraus eine Blaire-Bashing-Unterhaltung würde.
»Tut mir leid, dass du so empfindest. Wenn du Nate erst mal siehst, wirst du feststellen, dass es da überhaupt keine Zweifel gibt, zu wem er gehört. Er ist Rush wie aus dem Gesicht geschnitten.« Ich war sauer auf mich selbst, dass ich auf Nans Provokation einging und mich verteidigte.
Bei Nates Erwähnung zuckte Nan zusammen. Entweder hasste sie den Gedanken, dass wir ein Kind hatten, oder sie hasste es, dass es auch mein Kind war, und wollte sich nicht damit verbunden fühlen. Keine Ahnung. »Ich geh mal schnell mein Handy holen und rufe Rush an, um ihn wissen zu lassen, dass du da bist. Wenn du Durst oder Hunger hast, bedien dich einfach. Du weißt ja, wo alles ist.«
Ich ging zur Treppe.
»Warte! Ich will Grant nicht sehen. Sag Rush, den soll er bloß nicht mitbringen«, sagte sie mit gepresster Stimme.
»Okay, mache ich.« Grant wollte sie bestimmt auch nicht sehen, aber Nan sollte nicht merken, dass ich über die ganze Sache Bescheid wusste. Lieber nicht daran rühren.
Ich eilte die Treppe hinauf. Ich würde Rush anrufen, dann nach Nate schauen … vielleicht schaffte ich es ja, mich hier oben über die Zeit zu retten, bis Rush wieder da war. Ich nahm das Telefon und wählte Rushs Nummer.
»Hey Baby, alles okay?«, fragte er, nachdem er abgehoben hatte.
»Ähm, hängt davon ab, was du als okay betrachtest«, sagte ich. »Deine Schwester ist hier.«
»Dreh um, Mann. Ich muss jetzt nach Hause«, sagte Rush zu Grant. »Bin schon unterwegs. Alles in Ordnung mit ihr? Ist sie nett? Hast du sie reingelassen?«
»Ja, nicht wirklich und ja«, erwiderte ich.
»Sie ist also nicht nett. Scheiße! Blaire, es tut mir leid. Warum hast du sie denn reingelassen?«
»Na ja, Rush, schließlich ist sie deine Schwester. Da kann ich ihr doch schlecht die Tür vor der Nase zuknallen.«
Rush holte tief Luft. Ich wusste, was das bedeutete. Er war frustriert. »Blaire, wenn ich noch einmal höre, dass du es mein Haus nennst, werde ich fuchsteufelswild. Das ist unser Haus. Unser verdammtes Haus. Wenn du jemanden nicht reinlassen willst, dann lässt du ihn auch nicht rein. Dann rufst du mich an, und bis ich komme,
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