Verfehlung: Thriller (German Edition)
sagte Cahill, »gib uns einfach die Scheißnummer von diesem Anwalt, und überlass uns den Rest.«
Logan ahnte, was sich in Crawfords Kopf abspielen musste, während er seine Möglichkeiten abwog.
»Aber wenn sie mich nun hier anrufen und wissen wollen, was los ist?«
»Dann sagst du ihnen die Wahrheit«, beantwortete Logan Crawfords Frage. »Dass ich bei dir war, um mich nach der Telefonnummer zu erkundigen, weil ich alles wiedergutmachen will, bevor es zu spät ist. Das wird man dir abnehmen.«
Crawford blickte noch einmal intensiv in seine Tasse, schluckte den restlichen Inhalt hinunter und ging in einen der vorderen Räume des Hauses. Nach ein paar Minuten kam er mit seinem Mobiltelefon zurück und tippte schon eifrig auf den Tasten herum. Schließlich fand er, wonach er gesucht hatte, und las ihnen die Nummer laut vor. Cahill kritzelte sie auf die Rückseite eines Briefumschlags, den er von einer magnetischen Pinnwand genommen hatte. Danach drängte er zum Aufbruch, und Logan folgte ihm. Crawford begleitete sie gar nicht erst bis zur Tür, sondern blieb in der Küche. An dem Durchgang zum Anbau wandte Cahill sich noch einmal um.
»Wie heißt der Anwalt, Bob?«
Crawford warf einen Blick auf das Handydisplay. »Gabriel. Gabriel Weiss.«
Cahill nickte zufrieden. »Falls sie sich melden, informierst du uns, Bob. Okay? Sonst bekommst du es noch einmal mit mir zu tun.«
Als sie wieder im Wagen saßen, erkundigte sich Judd bereits, wie es gelaufen sei, ehe sie die Türen hinter sich geschlossen hatten.
»Wir haben die Nummer. Jetzt kommt alles auf Logan an«, sagte Cahill.
Er wandte sich Logan zu, der blass und verhärmt wirkte, als die Innenbeleuchtung erlosch und nur noch die verschwommene gelbe Straßenbeleuchtung das Wageninnere erhellte.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er ihn.
»Zum Kotzen.«
»Gut. Wir wollen, dass du aussiehst, als hättest du Angst. Das macht dich glaubwürdiger. Wir fahren jetzt zurück ins Büro und erledigen von dort unseren Anruf.«
Logan starrte stur geradeaus, als ein Fuchs aus der Hecke der gegenüberliegenden Straßenseite heraustrat. Judd schaltete die Scheinwerfer ein, und der Fuchs verharrte gebannt von dem bläulichweißen Xenonlicht auf der Stelle. Logan sah, wie sich kleinste Lichtpartikel des Scheinwerferstrahls in den Augen des Tieres reflektierten, während es verängstigt das riesige metallene Biest vor sich anstarrte. Schließlich drückte sich der Fuchs flach auf den Boden, huschte dann blitzschnell in den Vorgarten eines der Häuser und war verschwunden.
5
03:30 Uhr
Ellie war eine Weile in eine Art Halbschlaf verfallen. Sie war noch immer ein wenig benommen von der letzten Dosis Schmerzmittel, die ihr die Frau gegen sieben Uhr mit ihrem Abendessen gespritzt hatte.
Das Geräusch der Vordertür der Hütte, die zuschlug, riss sie aus ihrem Dämmerzustand und ließ sie hellwach werden. Einer der Männer brüllte etwas. Es schien der Anführer zu sein – und er war wütend. Ellie lauschte eine Weile lang seinem Geschrei und hörte dann die wesentlich besonnenere Stimme der Frau, die ihn zu besänftigen versuchte. Doch sie schien keinen Erfolg zu haben, denn die männliche Stimme wurde immer lauter, bis Ellie glaubte zu hören, wie der Mann nach etwas trat und es umstieß. Wieder fühlte sie Todesangst in sich aufsteigen und kniff die Augen zusammen, aus denen salzige Tränen rannen.
Als sich anschließend alles etwas zu beruhigen schien, riskierte sie es, sich aufzurichten und zum Fenster hinüberzuschauen. Sie wollte sichergehen, dass niemand merken würde, was sie mit den Brettern angestellt hatte, vor allem jetzt, da es ihr gelungen war, das unterste vollkommen und den ersten Nagel aus dem darüber zu lösen. Jetzt, da ihr Plan sich so gut anließ, durfte sie einfach nicht ertappt werden.
Trotzdem hatte sie Angst, dass ihr nicht genügend Zeit bleiben würde, um ihr Werk zu vollenden und von hier zu verschwinden, ehe die Männer beschlossen, ihr etwas anzutun. Nach alldem, was der andere Mann vorhin zu ihr gesagt hatte, und nach der wutentbrannten Rückkehr des
Anführers in die Hütte war sie sich sicher, dass dieser Zeitpunkt immer näher rückte.
Ellie legte sich auf ihr Bett und zog an einer Haarsträhne, die sich in ihren Mund verirrt hatte. Sie hatte dichtes, braunes Haar – ganz wie ihre Mom. Früher war es sehr lang gewesen und hatte ihr bis zur Hälfte ihres Rückens gereicht, doch für den Umzug nach Schottland hatte sie es sich kürzer
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