Verfehlung: Thriller (German Edition)
auf das Desktopsymbol und gab seinen Benutzernamen und sein Passwort ein. Nach einigen Sekunden erschien das Vertragsdokument, das er benötigte. Erleichtert stellte er fest, dass Crawford nach der ersten Fassung bereits alle Änderungen eingefügt hatte, sodass er selbst nicht mehr zu viel Mühe damit hätte, es in eine glaubwürdige Form zu bringen. In einer halben Stunde überarbeitete er das Papier, druckte schließlich zwei Kopien aus und steckte sie in eine abgenutzte schwarze Tasche mit Schulterriemen. Dann verließ er das Haus.
9
04:39 Uhr
Rebecca Irvine versuchte sich wach zu halten, indem sie einen Song von Madonna auf volle Lautstärke drehte und sich für ihre eigene Dummheit verfluchte, sich nicht irgendwelche Muntermacherpillen besorgt zu haben. Es war ihr aber auch nicht in den Sinn gekommen, die ganze Nacht auf Finch warten zu müssen. Sie verbuchte es als lehrreiche Erfahrung.
Vor einer Stunde war sie drauf und dran gewesen, nach Hause zu fahren, auch wenn der Misserfolg der nächtlichen Beschattungsaktion ihr peinlich gewesen wäre. Dann aber hatten der Rest aus der Lucozade -Flasche und der letzte Happen des Schokoriegels ihre Lebensgeister wieder geweckt.
Nun drohte sie, den Kampf gegen die Müdigkeit erneut zu verlieren. Ihr Kopf sackte immer wieder nach vorne, wenn ein kurzer Dämmerschlaf sie übermannte. Sie brauchte dringend frische Luft. Sie ging ein Stück die Straße entlang, und als sie sich wieder umdrehte, sah sie Logan aus Richtung Stadtzentrum auf sie zugelaufen kommen. In der Hoffnung, nicht von ihm entdeckt zu werden, rührte sie sich nicht von der Stelle und beobachtete ihn. Es war stockdunkel und zudem noch kalt, also dürfte ihm daran gelegen sein, endlich seine Wohnung zu erreichen.
Als Erstes fiel ihr auf, dass er nicht betrunken war – ganz im Gegenteil: Seine Schritte wirkten zielgerichtet. Dann bemerkte sie, dass er nicht mehr seinen Anzug trug, sondern eine Art Freizeitkleidung, auf der ein Logo aufgedruckt war, das sie nicht erkennen konnte.
Nachdem Logan das Foyer des Hauses betreten hatte, ging sie zurück zu ihrem Wagen und griff nach dem Mobiltelefon, um Moore zu verständigen, doch dann fiel ihr ein, dass er sich um diese frühe Morgenstunde ganz bestimmt nicht in seinem Büro aufhalten würde. Sie war auf sich allein gestellt.
»Okay, Becky«, sagte sie leise zu sich. »Deswegen bist du ja hier, also entspann dich und warte, was passiert.«
Es dauerte nur ungefähr vierzig Minuten, bis Logan wieder erschien. Sie registrierte, dass er sich erneut umgezogen hatte und diesmal eine Art Sporttasche über der Schulter trug. Es sah aus, als wolle er sich irgendwohin zu Fuß auf den Weg machen, was sie augenblicklich vor ein Problem stellte. Sollte sie ihm ebenfalls zu Fuß folgen? Auf der menschenleeren Straße wäre das zu auffällig. Oder sollte sie in ihrem Auto an ihm vorbeifahren, dann parken und beobachten, welche Richtung er einschlug? Die zweite Alternative erschien ihr als die geringfügig erfolgversprechendere.
Logan ging bis zum Ende des Häuserblocks und wandte sich dann Richtung Hügel. Rebeccas erster Gedanke war, dass er zu seinem Büro wollte. Sie wartete, bis er außer Sicht war, ließ den Motor des Wagens an und wendete, um Logan auf seinem Weg den kleinen Berg hinauf zu überholen. Da er ihren Wagen nicht kannte, wähnte sie sich auf der sicheren Seite.
Auf halber Strecke des Hügels passierte sie ihn und wandte das Gesicht ab, als sie unmittelbar auf seiner Höhe war. An der Kreuzung oberhalb des Hügels fuhr sie geradeaus weiter und bis zur nächsten Einmündung, dem Blythswood Square. Hier kam sie am Vordereingang des Gebäudes von Kennedy Boyd vorbei und fuhr dann am
Polizeipräsidium an der Pitt Street noch einmal um den Block, um schließlich vor dem Malmaison Hotel zu halten. Als Logan wieder in Sicht kam und weiter auf sie zusteuerte, statt Kennedy Boyd zu betreten, merkte sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte.
Er will zu der Tiefgarage hinter dem Haus, um seinen Wagen zu holen. Hast ja richtig clever mitgedacht, Becky.
Ihr blieb keine andere Wahl, als bewegungslos im Wagen zu verharren und zu hoffen, dass er nicht zu ihr hinüberblicken würde. Die Garageneinfahrt befand sich nur wenige Meter von ihrem Auto entfernt, aber er strebte geradewegs darauf zu und dann die Rampe hinunter und schien sie keines Blickes zu würdigen.
Sie ließ den Motor wieder an, um ihm folgen zu können, wenn er aus der Ausfahrt kam, was er eine
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