Verfehlung: Thriller (German Edition)
Magengrube versinken.
»Keine Müdigkeit vorschützen«, sagte Cahill.
8
04:31 Uhr
Logan ging zu Fuß zurück zu seinem Apartment. Er war froh, ein wenig frische Luft schnappen und ein bisschen Abstand von diesem Wahnsinn gewinnen zu können. Es war ihm ein Rätsel, wie um alles in der Welt Cahill mit seiner Firma mitten in der Stadt so unbemerkt agieren konnte. Wahrscheinlich war schon etwas an dem Spruch dran, dass man am wenigsten auffällt, wenn man sich in aller Öffentlichkeit ganz ungeniert gebärdet. Als er das Foyer seines Hauses betrat, versuchte er die Erinnerung an den Schrecken, den die beiden Halunken ihm hier eingejagt hatten, zu verdrängen, doch stattdessen stand ihm wieder das Bild vor Augen, wie der Kopf des großen Mannes nach hinten weggesackt und blutüberströmt auf dem Toilettenboden des Pubs zu liegen gekommen war. Den Anblick würde er nie vergessen.
In seinem Apartment versorgte Logan seine Katze Stella mit Futter, zog sich rasch aus, warf seine Kleider dabei auf den Boden und wollte sämtliche Gedanken aus seinem Kopf verbannen, indem er unter der Dusche abwechselnd heißes und kaltes Wasser über seinen Körper laufen ließ. Nach ein paar Minuten kribbelte seine Haut und zeigte rote Flecken.
Er trocknete sich im Wohnzimmer ab und fand die Jeans, die er früher am Morgen — gestern Morgen, wie er sich im Stillen korrigierte – getragen hatte. Darunter zog er eine weiße Boxershorts aus Stretchbaumwolle und wühlte dann weiter in seinem Kleiderschrank nach einem Outfit,
das den Gegebenheiten des anbrechenden Tages angemessen war – ein schlichtes grünes T-Shirt und eine Fleecejacke ähnlicher Farbe mit Reißverschluss, die er vor einigen Monaten in der Gap -Filiale in den Buchanan Galleries gekauft hatte. Ein Paar etwas klobige blaue Freizeittreter rundeten sein Erscheinungsbild ab — nicht gerade das, was man bei einer Bergwanderung tragen würde, aber doch robuster als herkömmliche Nike -Laufschuhe.
Kaffee, ging es ihm durch den Kopf, wäre jetzt genau das, was er bräuchte, bevor er in die Räume von CPO zurückkehren musste, also schaltete er die Maschine ein und wartete darauf, dass der Kaffee durchlief. Als er sich auf einen der Küchenhocker setzte, spürte er etwas in seiner Jeanstasche. Er griff hinein, zog den Gegenstand heraus und hielt das Foto von dem Mädchen mit seinen Augen in der Hand. Er hatte ganz und gar vergessen, wo es abgeblieben war, und der Anblick traf ihn wie ein Schlag gegen die Brust, bei dem einem die Luft wegbleibt. Er legte das Bild vor sich auf den Frühstückstresen.
Er hatte das Gefühl, leises Wellenplätschern am Strand und sich unterhaltende und lachende Menschen zu hören. Das Haar des Mädchens flatterte in der leichten Meeresbrise, und es musste blinzeln, weil es direkt in das grelle Sonnenlicht blickte. Er wollte mit dem Mädchen dort sein, es bei den Händen nehmen und es im Kreis schwingen, um sein fröhliches Kreischen und Kichern zu hören.
Die Macht seiner Emotionen war wie ein Feuer, das seine Gedanken versengte. Er hatte nie ernsthaft erwogen, Kinder zu haben; das war ihm als etwas erschienen, was man getrost anderen Leuten überlassen konnte – Cahill etwa oder Crawford. Für ihn, hatte er gedacht, käme das nicht infrage. Doch nun, da er ihr Bild anstarrte – das Bild seiner
Tochter – und zum ersten Mal ihre Stimme gehört hatte, überflutete ihn eine Woge widersprüchlichster Gefühle – Liebe und Angst und alles, was dazwischen lag. Waren das die Emotionen, die man empfand, wenn man bei der Geburt seines Kindes dabei war? Genau so kam ihm die Situation jetzt vor – als wäre Ellie soeben vor seinen Augen auf die Welt gekommen, ein voll ausgewachsenes Baby von elf Jahren.
Logan legte die Handflächen auf das Foto, um es glattzustreichen. Anschließend steckte er es mit etwas mehr Sorgfalt zurück in seine Gesäßtasche und kippte eilig einen Becher Kaffee hinunter.
An seinem Schreibtisch zog er seinen Laptop aus der Schutzhülle und ließ ihn hochfahren. Von seiner Wohnung aus konnte er sich in den Computer von Kennedy Boyd einloggen – es hatte die Techniker der Firma vor einem Jahr gut vier Stunden gekostet, den externen Zugang für ihn einzurichten, aber es war eine großartige Möglichkeit, von zu Hause aus in Ruhe und Frieden seine Arbeit zu erledigen, ohne alle zwei Minuten von Telefonanrufen oder eingegangenen E-Mails gestört zu werden.
Er wartete, bis das Firmenlogo erschien, klickte dann mit der Maus
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