Verfemte des Alls
als nächstes tun sollte. Um keinen Preis wollte ich ihre Aufmerksamkeit erregen. Ich war noch immer unschlüssig, als von draußen ein Mann hereinkam. Griss Sharvan!
Griss – ich konnte es noch immer nicht glauben, daß er dazugehörte oder daß er aus freien Stücken zum Feind übergegangen war. Ich kannte ihn zu lange und zu gut. Und doch bewegte er sich völlig frei, und nichts deutete darauf hin, daß er ein Gefangener war.
Er trat zu den beiden vor der Plastablase. Beide standen hastig auf und antworteten auf seine Fragen. Sie machten den Eindruck von Untergebenen in Gegenwart eines Führers. Was war mit Griss geschehen?
Plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit von ihnen abgelenkt. Er hob den Kopf – und starrte geradewegs zu mir auf! Ich wich bis zur Wand zurück. Seine Haltung war die eines Mannes gewesen, der Gefahr spürt und genau weiß, wo er sie zu suchen hat. Ich begann zu dem Gang zurückzukriechen, der mich hergeführt hatte – aber ich erreichte ihn nicht mehr. Was mich dann traf, war etwas, das ich noch nie erlebt hatte, trotz all meiner Begegnungen mit verschiedenen Arten von Esper-Kraft.
Die Herrschaft über meinen eigenen Körper wurde mir genommen. Es war, als wäre mein Hirn in einen Roboter eingeschlossen, der von außen gesteuert wurde. Ich erhob mich auf die Füße, drehte mich um und marschierte wieder zurück auf die Galerie in den Sichtbereich der drei dort unten, die mich jetzt alle beobachteten.
Dann hob Griss seine Hand und deutete mit dem Zeigefinger auf mich. Zu meinem maßlosen Erstaunen hoben sich meine Füße vom Boden, ich wurde über die Balkonmauer getragen und hinunter, als wäre ich völlig schwerelos. Ich konnte mich auch nicht im geringsten gegen jene zwingende Kraft wehren, die mich gefangenhielt.
Jene Energie stellte mich auf dem Boden der Höhle ab, immer noch auf den Füßen, aber ein Gefangener. Die beiden Männer, die die Fracht beaufsichtigt hatten, traten auf mich zu, und der eine nahm mir meinen Blaster ab. Griss blieb, wo er war, den Finger immer noch auf meinen Kopf gerichtet. Inzwischen brachte der andere Pirat ein Fesselnetz zum Vorschein und fesselte mich damit. Als er fertig war, ließ Griss die Hand sinken, und der Zwang und die Bewegungslosigkeit hörten auf – obgleich ich jetzt keine Bewegungsfreiheit mehr besaß. Wenigstens meine Beine hatten sie ungefesselt gelassen. Dann stießen sie mich zu Griss hin.
10
Krip Vorlund
Nur daß es gar nicht Griss Sharvan war, der vor mir stand. Obgleich er Griss’ Körper trug, wie man sonst einen Thermo-Anzug tragen muß. Ich wußte es in der Sekunde, als sich unsere Augen trafen. Die Erkenntnis kam auch nicht als allzu großer Schock, da ich aus eigener Erfahrung wußte, daß solch ein Austausch durchaus möglich ist.
Hier allerdings handelte es sich nicht um einen Körperaustausch aus Gründen der Wissenserweiterung oder der Erhaltung von Leben, wie es die Thassa praktizierten. Die Persönlichkeit, die von Griss Besitz genommen hatte, war unserer Art so fremd, wie die Thassa es niemals sein konnten. Flüchtig erschien mir im Geist das Bild einer furchterregenden Kreatur – eines Wesens mit humanoidem Körper, aber einem häßlichen Reptilkopf.
Ich sah dieses Bild nur ganz kurz, dann war es verschwunden, aber im gleichen Augenblick spürte ich ungläubige Überraschung bei dem Fremden. So, als wäre er erstaunt, daß ich imstande gewesen war, dieses Bild überhaupt zu empfangen.
»Ich grüße dich, Krip.« Griss’ Stimme. Aber ich wußte wohl, daß sich hinter jenen langsamen, tonlosen Worten die Gedanken eines anderen verbargen. Ich versuchte nicht, in seine Gedanken einzudringen. Mein Instinkt warnte mich, daß es das Gefährlichste sein würde, was ich tun konnte. »Wieviele sind bei dir?«
Er neigte seinen Kopf etwas zur Seite, als ob er lauschte. Dann lächelte er. »Du bist also allein, Krip? Nun, das war sehr dumm von dir. Nicht, daß die gesamte Besatzung uns überwältigen könnte, aber würde uns einige Mühe erspart haben, wären sie gleich mitgekommen.«
Sein Blick suchte den meinen, aber ich war gewarnt genug gewesen, um rasch eine Gedankensperre zu errichten. Ich spürte, wie er dagegenstieß, aber überraschenderweise versuchte er nicht, sie zu durchbrechen. Hätte er es gewollt, ich fürchte, es wäre ihm mühelos gelungen, alles zu erfahren, was ich vor ihm zu verbergen trachtete. Er war ein Meister-Esper, zu vergleichen höchstens mit den Alten unter den Thassa, und meinem
Weitere Kostenlose Bücher