Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
Roboter-Wolfs-Junge löst sich aus dem Schatten der Gemäuer und kommt auf mich zu. Auch die drei Schlangenmenschen zeigen sich. Sie stehen auf dem Wehrstreifen, der fast rund um die Mauer führt.
„Die Botschaft war deutlich genug“, erwidere ich gelangweilt.
Der Wolf lacht bellend. „Es hätte ja sein können, dass du im Laufe der Zeit etwas dazugelernt hast. Aber das hast du nicht, sonst stündest du nicht hier.“
Ich stiere ihn an wie eine Katze, deren Schwanz in einer Mausefalle steckt. „Ich bin hier, weil ihr Anna habt! Gebt sie frei!“
„Gib mir zuerst den Trigonischen Kristall!“, sagt der Wolf grinsend. Er kommt immer noch lässig auf mich zu, bleibt aber in einiger Entfernung stehen. „Jeder hat etwas, was der andere haben will. Also steht einem Tausch nichts im Wege.“
Langsam erhebe ich mich vom Brunnenrand und stelle mich ihm breitbeinig gegenüber. „Leider doch.“
Das linke Auge des Jungen hebt sich leicht erstaunt. „Was willst du damit sagen?“
„Ich habe das Zeichen in zwei Teile geteilt.“ Damit greife ich in meine Hosentasche, hole einen kleinen Stein hervor und halte ihn in die Höhe. „Den einen Teil habe ich hier, den anderen müsst ihr euch selbst holen. Ich habe ihn versteckt.“ Mit der anderen Hand ziehe ich nun eine ausgerissene Telefonbuchseite aus meiner Hosentasche.
„Du lügst!“ Der Wolf schnüffelt mit seiner Nase im Wind, als könne er so Wahrheit und Lüge unterscheiden.
„Ach ja? Und wenn nicht?“
„Wir haben Anna“, sagt er ruhig und seine Augen funkeln mich an. „Gib uns den Kristall und ihr wird nichts passieren!“
Ich weiche zum Brunnen zurück. „Und woher soll ich wissen, dass du uns anschließend nicht umbringst?“ Ich halte den Stein über den Brunnenschacht. „Dann werfe ich ihn lieber gleich hier rein, denn ich traue dir nicht über den Weg.“
„Klare Aussage. Aber du hast keine andere Wahl!“
„Hab ich doch!“
Da stehe ich nun und mache mir in die Hosen. Na ja, beinahe jedenfalls. Könntest du ihn nur sehen! Dieser Riese könnte mich wie eine Fliege zwischen zwei Fingern zerquetschen. Es täuscht, dass er ein hübsches jugendliches Gesicht hat, selbst die Schlangenmenschen steckt er locker in die Tasche. Meine Beine zittern, aber um das zu vertuschen, gehe ich zum Angriff über. Ich habe nicht viel Zeit, über meine dämliche Lage nachzudenken, ich muss handeln!
„Ich hab hier den einen Teil des Zeichens. Bringt ihr mir Anna, könnt ihr es haben!“
Der Wolf knurrt wie ein Raubtier, dem die heiß geliebte Beute entwischen will.
„Dann“, ergänze ich kühl und halte die Telefonbuchseite hoch, „sobald Anna und ich aus der Burg sind, bekommt ihr die Information, wo sich der zweite Teil befindet. Das Zeichen kann seine vollständige Kraft nur zusammengefügt entfalten. Versucht ihr mich vorher zu überrumpeln, esse ich das Papier auf!“
Ich lege den Stein auf den Brunnenrand und entferne mich einen Meter. „Also, was ist? Ich habe keine Lust, lange zu warten!“
Die Augen des Wolfs blitzen gefährlich, doch ich halte seinem Blick trotzig stand. Kommt es zum Kampf, habe ich verloren. Dieser Eisenmann kann mich mit einem Handschlag plattmachen – oder sogar frittieren, das Ergebnis wäre dasselbe. Wie ich schon sagte, es ist ein irrwitziger Plan. (3)
Es dauert eine unendlich lange Minute, dann setzt er zum Sprung an.
Genauso schnell bin ich bei dem Stein. Ich ergreife ihn und halte ihn über den Brunnenrand. Es bedarf keines einzigen Wortes. Der Wolf senkt den Kopf und gibt dem Fledermausgesicht einen Wink. Die drei Schlangenmenschen klettern den Wehrstreifen hinunter und Fledermausgesicht verschwindet durch eine der Türen. Für mich vergeht nun eine Ewigkeit, in der die Angst wieder Besitz von meinem Körper ergreifen will und ihn zu beherrschen sucht. Ich kann nicht glauben, dass er sich auf meinen Deal einlassen wird. Vermutlich wird er mich sofort schnappen, sobald ich ihm die Telefonbuchseite überlassen habe. Spätestens aber, wenn mein Bluff auffliegt – denn der Stein am Brunnenrand ist natürlich nicht der Kristall.
Die Fledermaus stößt Anna unwirsch aus der Tür des Herrenhauses und ich bekomme einen Schreck, denn Anna sieht alt und mitgenommen aus. Kraftlos stolpert sie zu mir. Als sie mich sieht, richtet sie sich überrascht und freudig auf, doch dann sinkt sie wieder in sich zusammen. Das gibt mir einen Stich ins Herz. Anna hat erkannt, dass ich den Wolf und die Schlangenmenschen niemals
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