Verflixter Kerl
dem Hof hinter ihrer Wohnung beobachten können, und manchmal hatte sie davon geträumt, auch noch einmal so unbeschwert sein zu können. Warum nicht jetzt? Jetzt hatte sie Urlaub und die Gelegenheit.
Sie war zuerst ziemlich träge, kam dann aber richtig in Fahrt. Die Bewegung an frischer Luft tat ihr gut. Es machte ihr richtigen Spaß, mit den Kindern herumzutollen. He, dachte sie, das ist ja besser als jedes Fitness-Studio! Tatsächlich hielten die Kleinen sie ganz schön in Trab, so dass sie nach gut einer Stunde, als die Kinder von ihren Eltern zum Essen gerufen wurden, völlig erschöpft in ihren Strandkorb sank.
Bewegung macht gute Laune
, dachte sie.
Vielleicht sollte ich am Samstag doch zum Tanzen gehen
.
Sie grübelte, wie sie sich in diesem Fall die Burschen vom Leibe halten sollte. Wahrscheinlich war das gar nicht möglich, es sei denn, sie knotete die Haare zu einem dicken Dutt, setzte eine dicke Hornbrille auf und ließ sich "Fräulein" nennen. Sie kicherte, als sie daran dachte, dass es dann trotzdem sicher noch irgendwelche Männer gab, deren Sportsgeist sie damit herausforderte oder, noch schlimmer, solche, die sich unter normalen Umständen nicht an sie herantrauten. Männer waren doch Idioten!
Vielleicht sollte sie ganz anders an die Sache herangehen. Immerhin ging man doch zum Tanzen, um seinen Spaß zu haben! Wie wäre es, wenn sie mit den Kerls einfach spielte, um es ihnen heimzuzahlen? Sie hatte schließlich genügend Kummer erlebt, um auch einmal auf der anderen Seite der Geschichte stehen zu dürfen. Sie würde sich amüsieren und wenn sie den einen oder anderen Burschen richtig an der Angel hatte, wollte sie ihn eiskalt fallen lassen.
Sie erhob sich aus ihrem Legestuhl, ging zum Wasser hinunter, genoss dieses leichte Schwindelgefühl, wenn die Wellen am Strand ausliefen und beim Zurückfließen ihre Füße umspülten. Mit genießerischem Seufzen vertraute sie sich den Wellen an.
Kapitel 4
Die "Boldixumer Tanzdeel" entpuppte sich als großer Saal hinter einer schlicht wirkenden Bauernkneipe am nördlichen Rand von Wyk. Hier gab es tatsächlich einen Ortsteil, der "Boldixum" hieß. Seltsamer Name! Das schmucklose, in den 60er Jahren errichtete Gebäude wirkte wenig einladend, aber es standen eine Menge Autos, Mopeds und Fahrräder auf dem Parkplatz, und während Matthias Graf noch zögerte, sah er, dass viele gut gelaunte Leute an ihm vorbei auf die Tür zu gingen. Es waren etliche Jugendliche, die bereits in Cliquen ankamen, aber auch Paare um die Dreißig oder Grüppchen von weiblichen und männlichen Singles. Immer wenn die Tür zum Saalbau aufging, drang ein Schwall lauter Musik heraus, und er stellte fest, dass es sich keineswegs nur um Techno handelte, sondern ebenso bunt gemischt war wie das Publikum.
Na, er konnte sich den Laden ja mal ansehen. Matthias sagte sich, dass dies zwar nicht unbedingt seine Art von Vergnügungen war, aber wenn er am Montag seine erste Glosse bei der Zeitung ablieferte und seine Eindrücke als Neuankömmling auf der Insel schildern wollte, musste er natürlich schon vielseitige Erfahrungen vorweisen können.
Ein wenig drückte ihn das schlechte Gewissen, weil er Sarah allein im Apartment zurückgelassen hatte, aber sie würde zurechtkommen. Sie war für ihr Alter ja schon ziemlich vernünftig. Sie wusste, wie sie ihn notfalls erreichen konnte, denn er hatte sein Handy mitgenommen und eingeschaltet. Um neun wollte sie ins Bett gehen und noch ein wenig lesen.
Matthias Graf trat auf die Tür unter der blinkenden Leuchtreklame zu, wurde von den beiden jungen Türstehern kurz gemustert und hinein gewunken. Nachdem er seinen Eintritt bezahlt und einen Stempel auf den Handrücken bekommen hatte, betrat er den eigentlichen Saal.
Hier war es gemütlicher, als er es sich vorgestellt hatte. Es gab eine Bar mit Hockern und ein paar Stehtischen. Am hinteren Ende dieser Bar war die Musikanlage, an der auf einem erhöhten Platz der Disk-Jockey saß – oder Dee-Jay, wie man heute kurz dazu sagte. Die eigentliche Tanzfläche war überraschend klein, so dass ringsum an den Wänden Platz genug war für etliche Zweier- und Vierertische.
Matthias suchte sich einen Platz, von dem er sowohl das Geschehen auf der Tanzfläche als auch an der Bar gut im Auge hatte. Eine junge Bedienung im knappen Mini und bauchfreiem Top fragte ihn, was er zu trinken haben wollte. Er musste seinen Wunsch laut rufen, denn die Musikanlage machte einen Höllenlärm. Es gab hier allerhand
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